Wiederbegegnung:

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Annika nutzte ihre freie Zeit und spazierte inzwischen am Promenadendeck entlang außerhalb des bajoranischen Sektors. Kontakt zu Bajoranern hatte sie kaum und ihre Eskorte gestatte ihr nur sehr wenig Freiraum und Bewegungsmöglichkeiten.
Plötzlich hörte sie eine bekannte Stimme: „Annika!"
Annika blickte in Richtung des Metallgitters, wo eine „Bajoranerin" stand. Sofort erkannte sie das Gesicht wieder: „Rosemary, du?"
Die Schwarzhaarige blickte in Richtung der Cardassianer: „Shh...Uns bleibt nicht viel Zeit. Komm, folge mir aber unauffällig"
Die Blondhaarige gehorchte ihr und folgte ihrer besten Freundin unauffällig in eine Ecke, die weniger als sonst bewacht wurde. Annika war zunächst heilfroh endlich ein bekanntes Gesicht zu erblicken.

„Was machst du hier?" fragte die Blondhaarige sowohl erleichtert als auch verwirrt.
„Das wollte ich dich auch gerade fragen" antwortete Rosemary und kratzte sich ihre veränderte Nase.
„Ich weiß es nicht" sagte die Blondhaarige wahrheitsgemäß. „Ich bin einfach aufgewacht und war plötzlich hier."
„Kannst du dich an irgendetwas erinnern?" Rosemary begann ihr Gegenüber mit Fragen zu löchern. „An deine Entführer? Wie sie aussahen? Wie du hierher gekommen bist?"
Annika blickte vorsichtig um und erblickte die Eskorte, die sich langsam ihrer Position näherte: „Wie schon gesagt: Ich bin einfach aufgewacht und war plötzlich hier"
Die Schwarzhaarige senkte ihren Blick: „Das macht die Sache nicht einfacher. Wie auch immer. Wir müssen sehr schnell handeln und von hier weg"
„Und wie sollen wir das anstellen?" fragte Annika sie.
„Das müssen wir..."
Doch sie wurde von einer cardassianischen Stimme unterbrochen, der sich den Beiden genähert hatte: „Hey! Halten Sie sich fern vom Gitter und hören Sie auf unseren Gast zu belästigen!"
Rosemary entfernte sich sofort von dem Gitter und verschwand im Gedränge der Bajoraner. Nun könnte es dauern bis es zu einem wirklichen Plan kam! Dachte sich Annika. Solange ich die ganze Zeit unter Beobachtung bin, komme ich nicht von hier weg!

Annika bummelte noch ein wenig über die Promenade und besah sich die anderen Besucher und die Geschäfte.
Mit dem nächsten Turbolift fuhr sie zurück zu dem langen Flur, in dem ihr Quartier lag. Dort angekommen, stellte sie fest, dass die Tür aufstand und im nächsten Moment kam ihr auch schon Ravec entgegen gestürmt. Er wie angewurzelt ihr stehen.
„Wo warst Du? Dukat will Dich sehen!" blaffte er sie an. Annika verdrehte die Augen.
„Mir hat niemand gesagt, ich dürfe mein Quartier nicht verlassen! Ich war auf dem Promenadendeck bummeln und frühstücken."
Die Erwiderung der Blondhaarigen veranlasste Ravec dazu, seinerseits die Augen zu verdrehen, er ging in Richtung von Dukats Räumen davon und zog sie ungeduldig an einem Zipfel ihres Ärmels hinter sich her. Der Leibwächter schob sie zügig über die Türschwelle zu Dukats Quartier und ließ die Tür so dicht hinter ihr zu gleiten, dass sie den Luftzug fühlen konnte.

„Annika, da bist Du ja. Ich freue mich, dass Du meiner Einladung gefolgt bist!" begrüßte sie Dukat fröhlich, der mit einem Buch auf der Couch saß.
„Hatte ich eine Wahl? Ravec vermittelte mir nicht den Eindruck, dass ich die Einladung ablehnen konnte." Annikas Stimme klang absichtlich ein bisschen patzig. Annika wollte ihn spüren lassen, dass ihr das Ende des gestrigen Abends nicht gefallen hatte, aber als sie Skrains leicht wütenden Blick sah, bereute sie ihre unfreundliche Erwiderung. Annika ließ sich auf der Couch gegenüber von ihm nieder.
„Du musst Ravec verzeihen, er ist wie er ist, aber meint es nicht böse." Verteidigte Dukat seinen Untergebenen.
„Und nun möchte ich mich bei Dir entschuldigen." Gestand er. „Ich war gestern nicht ganz fair zu Dir. Ich hätte von Beginn an mit Dir über Deine ungewöhnliche Ankunft hier sprechen sollen, aber ich war mir ehrlich unsicher, wie Du diese ganzen Tatsachen aufnehmen würdest und der Arzt riet mir, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen."
Dukat legte das Buch mit der fremdartigen Schrift auf dem Buchdeckel zur Seite, setzte seine Ellenbogen auf seine Knie und stütze sein Kinn auf die gefalteten Hände.
„Und Garaks Beschreibungen meines Charakters in Verbindung mit meinem Schweigen, nun, ich kann Deine Verunsicherung nachvollziehen." Er versank für einen Augenblick ins Grübeln. „Nach cardassianischem Recht bist Du jetzt in der Tat mein Besitz, das will ich gar nicht leugnen. Aber ich hatte nie die Absicht, dieses Recht durchzusetzen. Sei versichert, Du bist frei zu tun und zu lassen, was Du möchtest." Sein erwartungsvoller Blick spielte ihr den Ball zu.

Diese Worte beruhigten sie etwas, aber sie behielt im Hinterkopf, dass sie letzten Endes keine Möglichkeit hatte, ihre Interessen durchzusetzen.
„Schön das zu hören. Aber was kann ich tun? Die Lage ist für mich derartig fremd, ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es weitergehen soll. Ich bin für Vorschläge offen."
Vermutlich war Dukat nicht unbedingt objektiv bei diesem Thema, aber sie beschloss, sich so viele Meinungen und Ideen wie möglich anzuhören, bevor sie selbst eine Entscheidung traf.
„Wir könnten einen Weg finden, Dich zur Erde, oder wenigstens in die Arme der Föderation zu bringen, auch wenn unsere derzeitigen Beziehung mehr als unterkühlt sind und das Arrangement sicher einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Das bedeutet allerdings, dass wir das Geheimnis um Deine Herkunft vermutlich nicht lösen könnten. Ich kann Dir nicht sagen, was das Leben Dir bringt, wenn Du hierbleibst, aber ich garantiere Dir, dass ich mich um Dich kümmern werde, solange Du es wünscht."
Annika dachte einen Moment über seine Worte nach und biss sich dabei unbewusst auf der Unterlippe herum.
„Du musst das nicht sofort entscheiden, niemand drängt Dich." unterbrach Skrain ihre Gedanken.
„Nein, das ist es nicht. Ich bin es nicht gewohnt, von jemandes Gunst abhängig zu sein und ich bin mir nicht sicher, ob es mir gefällt."

„Ich sehe es als meine Pflicht an. Aber wenn Dir der Gedanke so missfällt, sieh es als Gegenleistung für die Lösung des Rätsels um die Kryostase-Kammer an. Unterkunft, Verpflegung und persönliche Ausstattung als Bezahlung für Dein Dienstleistung. Das beinhaltet unter Umständen auch medizinische Untersuchungen. Ist diese Vereinbarung für Dich akzeptabel?"
Er lehnte sich wieder zurück, die Arme entspannt auf der Rückenlehne. Den Kopf leicht schief gelegt sah er sie forschend an.
„Eine Dusche." platze es aus ihr heraus.
„Ich verstehe nicht.", er blinzelte verwirrt. „Dein Quartier verfügt doch über eine Dusche."
„Über eine Ultraschall-Dusche!", korrigierte sie den Cardassianer. „Ich hätte gerne eine Dusche mit heißem Wasser." Erwartungsvoll sah sie zu ihm hinüber. Dukat brach in schallendes Gelächter aus.
„Das gefällt mir, Du weißt, wie man verhandelt. Also gut, Du bekommst ein größeres Quartier!" Er lachte immer noch, als sie ihn mit ihrer Frage unterbrach.
„Ich verstehe den Zusammenhang zwischen meinem Wunsch und einem größeren Quartier nicht. Was ist so lustig?" Er stutzte, das Lachen erstarb.
„Also war das nicht Garaks Idee? Ich dachte, es sei einer seiner Intrigen um Unfrieden unter meinen Offizieren zu schüren." Annika schüttelte nur den Kopf und zuckte mit den Schultern.
„Quartiere mit Wasser-Duschen sind größer und rar, und den Offizieren vorbehalten. Derzeit sind alle belegt, sodass einer meiner Männer umziehen müsste, was zweifellos zu Ärger führen wird." Annika hob meine Hände und unterbrach Dukat.
„Stopp, das geht mir zu weit, so wichtig ist mir das auch nicht, ..." der Türsummer unterbrach sie, und die Tür glitt auf. Dulon Ravec stand im Durchgang.
„Entschuldigt meine Unterbrechung, aber ich habe eventuell eine Lösung." Dukat winkte seinen Untergebenen hinein.
„Heißt das, er kann wirklich alles hören, was hier drin passiert?" Der Blondhaarigen blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen. Die Männer blickten sie an und nickten gleichzeitig.
„Selbstverständlich." Ergänzte Skrain, wandte sich wieder Ravek zu und forderte ihn mit einer Geste zum Sprechen auf.
„Zwei Ebene über uns sind noch zwei Quartiere, die für hochgestellten Besuch und Botschafter vorgesehen waren. Die wurden bisher nicht fertiggestellt, aber in drei bis vier Tagen sollte das zu schaffen sein. Bis dahin kann ihr Gast mein Quartier zum Duschen nutzen."

„Das klingt nach einer glänzenden Idee, Ravec, veranlasse die Arbeiten. Und vielen Dank, dass Du Dein Quartier anbietest, aber ich habe eine bessere Idee." Er grinste sie an und Annika wollte die Nutzung von Dukats Quartier zum Duschen schon ablehnen, ein paar Tage konnte sie auch noch warten.
„Was hältst Du von einer kleinen Reise?", fragte er sie.
„Wohin?", ganz wohl war ihr nicht dabei.
„Ich muss für einige persönliche Unterredungen nach Bajor. Als Unterkunft benutze ich das Gästehaus des Clash-Klosters, dass inmitten wunderschöner Gärten steht. Dort könntest Du Dir ein wenig die Zeit vertreiben, während ich meinen Geschäften nachgehe." Er lächelte als er ihre Miene sah.
„Das Gästehaus verfügt über eine Dusche und heißes Wasser. Und natürlich über mehrere Schlafzimmer, falls das der Grund für Dein missbilligenden Blick ist."
Annika antwortete nicht darauf und überlegte noch, ob sie zusagen sollte. Frische, ungefilterte Luft und Pflanzen unter freiem Himmel, das klang toll.
„Wir treffen uns in zwei Stunden bei meinem Shuttle. Ich schicke Dir Tuvalu mit einer Reisetasche, sie bringt Dich dorthin." Vergnügt schlug er sich mit beiden Händen auf die Schenkel, sprang auf.
„Ich gehe dann mal packen."

„Wir können uns die nötigen Informationen noch heute Nacht beschaffen und dann mit einem Shuttle rechtzeitig fliehen" sagte Rosemary zu ihr.
Annika antwortete nicht. Kurz nachdem sie Dukats Quartier verlassen hatte, begab sie sich erneut auf das Promenadendeck und traf sich mit ihrer Kontaktperson in einem abgewinkelten Bereich des bajoranischen Sektors.
„Stimmt etwas nicht?" fragte ihr Gegenüber.
Annika rückte mit der Wahrheit heraus: „Ich schätze das müssen wir leider verschieben. Gul Dukat will mit mir nach Bajor reisen"
„Wann?"
„Noch heute"

Dukat betrat die Brücke des Hideki-Klasse Shuttles CDS Topal, dass ihn und Annika nach Bajor bringen sollte. Zu seiner Zufriedenheit sah er, dass Annika bereits an Bord war. Sie betrachtete die Brücken-Konsolen neugierig und wurde von Ravec nicht aus den Augen gelassen, der jede ihrer Bewegungen wie ein Raubtier verfolgte, bereit loszuspringen, sollte sie es wagen die Konsolen zu berühren.
Tuvalu kam aus einem seitlichen Korridor und rannte beinahe in ihn hinein.
„Entschuldigung, Gul Dukat", sagte sie kleinlauter, als er es von ihr gewohnt war.
„Ich habe das Gepäck im Bereitschaftsraum verstaut." Dann verließ sie das Schiff. Ravec nickte ihm zu.
„Wir sind startklar, auf ihren Befehl, Kommandeur." Dukat nickte zurück und machte mit der Hand eine Geste, die Ravec richtig deutete und die Abkopplung von Terok Nor einleitete. Wenig später waren war das Shuttle auf dem Weg nach Bajor.

„Seven, ich habe gute Neuigkeiten für Dich", er trat an den großen Bildschirm neben die Frau, die ehrfürchtig den vorliegenden Raum betrachtete. „Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie in wenigen Tagen handfeste Aussagen zu Bedeutung deiner Situation zu machen. Ist das nicht aufregend?" Ihre Reaktion verpasste seiner guten Laune einen Dämpfer.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darüber freue. Ich habe Angst vor den Ergebnissen. Vielleicht sollte ich gar nicht nachforschen, was passiert ist und einfach ein neues Leben beginnen." Sie spielte unsicher mit ihren Fingern.
„Warten wir doch die ersten Berichte ab und sehen dann weiter", schlug er vor, aber sie nickte nur abwesend.
Der Rest des Fluges verlief still und er vertiefte mich in die Berichte, deren Inhalt Anlass für diese Reise und sein Treffen mit einigen Guls auf Bajor waren.
Das Shuttle landete in der Nähe des Clash-Klosters und Seven und Dukat verließen das Shuttle. Ravec kam mit den Taschen hinterher.
Vedek Natali begrüßte ihn, umringt von einigen Ranjen, mit ihrer typischen reservierten Freundlichkeit.
„Gul Dukat, es ist uns eine Ehre, wie wieder unter unserem Dach zu beherbergen." Ihre freundlichen Worte und die sanfte Stimme passten nicht zu ihren verkniffenen Mundwinkeln und wenn Blicke töten könnten, wäre er vermutlich auf der Stelle aus dem Leben befördert worden.
„Wir haben ihnen und ihrer ... Begleiterin das Gästehaus wie immer hergerichtet. Leider war es mir nicht möglich, auf die Schnelle ihren bevorzugten Kanar besorgen, ich hoffe, meine Auswahl ist angemessen." Ein unterdrücktes Lächeln umspielte ihren Mundwinkel und verriet Natalis falsches Bedauern.
„Vedek Natali, ich bin mir sicher, Sie haben wie immer Ihr Bestes gegeben." Dukat schenkte ihr ein breites Lächeln, doch seine Augen versprachen Konsequenzen, falls dem nicht so war. „Ich habe meinem Gast von den bemerkenswerten Gärten erzählt. Sie haben doch nichts dagegen, wenn sie sich dort ein wenig die Zeit vertreibt? Ich habe einige Termine und muss Seven in dieser Zeit sich selbst überlassen."
Seven stand etwas Abseits und betrachtete neugierig die wunderschöne bajoranische Landschaft, während er mit der Vedek sprach. Doch als ihr Name fiel, wandte sie ihren Kopf ruckartig zu herum.
„Oh, ja, Terok Nor ist großartig, aber ich liebe Gärten über alles und ich vermisse Bäume", sagte sie halb zu Dukat, halb zu Natali.
„Natürlich, fühlen Sie sich frei, den Garten jederzeit zu erkunden", antwortete Natali herablassend.
„Sie kennen den Weg, Dukat. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt." Die Vedek wandte sich ab und schritt mit ihren Ranjen zurück zum Kloster.

Hinter ihm hörte er ein missmutiges Wortgefecht, als Ravec erfolglos einem Ranjen, der Natali begleitete, bat, die Taschen zu nehmen, damit er den nächsten Flug zum cardassianischen Stützpunkt vorbereiten konnte.
Die Gruppe folgten einigen gewundenen Wegen, die von üppigen Blumenbeeten gesäumt waren, bis zu dem Gästehaus. Es stand etwas abseits der übrigen Klostergebäude, war aber im gleichen prächtigen Stil wie das Kloster gebaut und mit dem runden Symbolen der bajoranischen Religion dekoriert. Dukat mochte die Ruhe, die dieses Haus ausstrahlte. Hier waren seine Pflichten für einige Zeit weit entfernt.

Ravec brachte die Taschen hinein und verließ die Beiden dann wieder. Seven inspizierte das Haus, und brachte ihre Tasche in eins der schlicht gehaltenen Gästezimmer, während er Kontakt mit Glinn Salin aufnahm, um sich den Termin mit den anderen Guls bestätigen zu lassen. Kurz darauf vernahm er das rauschende Wasser der Dusche aus dem Bad, dass an Sevens Zimmer anschloss.


GestrandetWhere stories live. Discover now