7. Das Küken räumt auf

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Der ein oder andere mag es wissen, aber das Küken ist ein absoluter Chaot.

Das Küken räumt auf ist also ein Thema, das sich so ziemlich jedes Wochenende andeuten müsste. Falls die Eltern des Kükens das hier aus vollkommen unsinnigen Gründen mal wieder lesen sollten, hört ihr bitte an genau dieser Stelle auf. Danke.

Jedenfalls hat das Küken die Ordnung in seinem Zimmer ja schon in „Das Küken und die Ordnung“ angedeutet. Beziehungsweise eher die Unordnung. Das Küken ist übrigens nicht aus Prinzip unordentlich. Es ordnet die Ordner an seinem Laptop, die zukünftige Projekte betreffen, sehr gewissenhaft und räumt alle zwei bis drei Monate seinen Bücherschrank komplett aus, um nach Autor, Genres, Importanz etc. durchzusortieren. Die überschaubare CD-Sammlung des Kükens hat auch System. Das Küken weiß also, wie das mit der Ordnung geht. Mehr oder weniger.

Die Sache ist nur die, dass das Küken öfters mal etwas sucht. Und wenn das nun mal ein Flyer ist, dann liegen alle anderen Flyer ganz schnell auf dem Boden. Wenn das Küken überlegt, mit welchen Bildern es die Zimmertür zukleistern will, dann landen auch alle anderen Fotos auf dem Boden. Wenn das Küken dieses eine Arbeitsblatt sucht, das irgendwo auf dem Schreibtisch liegen muss, dann liegt auch ganz schnell mal alles andere auf dem Boden. Man darf natürlich auch das altbekannte Problem jedes Mädchens nicht vergessen. Wenn man morgens etwas anziehen möchte und der sonst vor Kleidung überquellende Kleiderschrank wie leergefegt ist. In diesen Situationen ist das Küken dann natürlich der vollen Überzeugung, dass irgendwo ganz hinten unten mit etwas Glück noch das perfekte Tagesoutfit lauert. Und auch wenn das letztendlich so gut wie nie der Fall ist, der Inhalt des Kleiderschranks liegt danach trotzdem im ganzen Zimmer verteilt. Ihr kennt das.

Tja. Dann ist so ein Zimmer auch mal ganz schnell voll, die Schränke leer und man selbst steht da und denkt sich nur so „Ups“.

Eigentlich hat der letzte Abschnitt gerade die Morgenroutine des Kükens beschrieben.

Aber hier sollte ja weder die generell herrschende Unordnung noch die Gründe dafür die dominierenden Themen für das Kapitel sein. Sondern die „Aufräumaktionen“. Es gibt genau vier Arten von „Aufräumaktionen“. Zumindest für das Küken. Kann gut sein, dass es bei euch noch mehr gibt. Jedenfalls wäre die häufigste Art, die das Küken schon seit gut zehn Jahren ausübt die „Räum auf oder du darfst nicht...“-Variante. Die ist ganz einfach.

„Räum auf oder du darfst keinen Film schauen.“

„Räum auf oder das mit Game of Thrones wird heute nichts mehr.“ Und dann muss das Küken aufräumen. Aaaaaaaber da das Küken einen großen Kleiderschrank, einen Nachttisch, Platz zwischen dem Bett und dem Bücherregal, noch mehr Regale und einen Einbauschrank besitzt, ist das schnell getan. Also lädt sich das Küken kurzerhand die Arme mit allen möglichen Dingen voll und füllt alle freien Plätze, die man auf den ersten Blick nicht sieht. Und wenn die Eltern des Kükens außerdem selber Game of Thrones schauen wollen, dann geben sie sich damit zufrieden. Meistens. Diese Aufräummethode wird zwar immer noch häufig benutzt, aber die Eltern des Kükens scheinen inzwischen mehr oder weniger eingesehen zu haben, dass das nicht wirklich was bringt.

Diese Art des Aufräumens wird übrigens auch dann verwendet, wenn mehr als eine Freundin zu dem Küken kommen, weil man dann auf jeden Fall das Bett ausziehen muss. Sobald das Küken dann alles verschachert hat und stolz ist, weil sein Zimmer nicht ganz so zugemüllt aussieht, wie sonst, kommen dann die Freunde, erzählen ihm, wie unordentlich es ist und müllen dann alles zu! Und sobald sie wieder weg sind, versteckt das Küken deren Müll einfach, indem es seinen Müll wieder rausräumt und ihn über den Müll seiner Freunde legt. Es liebt das.

Die andere Möglichkeit betreffend des Aufräumens ist, dass das Küken tatsächlich aufräumen will. Das einzige Problem daran ist dann nur, dass das Küken motiviert beginnt aufzuräumen. Zuerst unterteilt es also. Papierzeug, Kleidung, anderes. Und egal welchem diese Haufen sich das Küken danach näher widmet, irgendwo in diesem Haufen ist garantiert etwas, mit dem man sich mal näher beschäftigen sollte. Bei den Klamotten kann das ein altes T-Shirt sein. Oder eine Hotpants, die man über den Winter vollkommen vergessen hat. Oder flauschige Wollsocken, bei denen man keine Ahnung hat, woher sie kommen. Das Küken liebt Wollsocken. Vor allem wenn sie so aussehen, als hätte Molly Weasley sie einem gerade geschickt. In den Papierstapeln sind es meist Notizen zu irgendwelchen schon längst vergessenen Projekten, halbherzig hingekritzelte Tagebucheinträge oder Szenenideen, die man im Nachhinein noch hätte benutzen können. Und die Frage nach dem Haufen für alles andere muss man sich ja wohl kaum stellen. CDs, kleine Souvenirs, Kopfhörer und tausend Dinge, die man schon seit Jahrhunderten sucht. Und wenn das Küken es dann geschafft hat, den ersten faszinierenden Gegenstand schweren Herzens wegzuräumen, ist da direkt der nächste. Deswegen dauert es dann auch fast drei Stunden, um zwei Gegenstände los zu werden. Keine Ahnung, ob das nur dem Küken so geht oder ob auch andere von dieser Neigung heimgesucht werden.

Natürlich gibt es dann auch das, was das Küken zu Anfang des Kapitels schon mal erwähnte. Und zwar gibt es Dinge, die das Küken gerne mal eine Stunde lang aufräumt. Das passiert dann, während im Hintergrund Alligatoah läuft, das Küken nichts zu tun hat und allein zu Hause ist. Das ist dann der Moment in dem das Küken während es neue Tanzstile erfindet dramatisch Bücher aus den Regalen reißt, wartet bis sein kleiner Bruder wieder zu Hause ist und dann mit dem eine Höhle aus den Büchern baut. Und dann räumt das Küken bis um drei Uhr nachts die Bücher neu sortiert wieder ein und schmökert zwischendurch mal hier und da. Wenn es CDs sortieren will, dann hört man zwischendurch noch mal kurz rein und wenn man Ordner am Laptop sortieren will, dann muss man zwischendurch hundert neue Ideen aufschreiben. Das dauert dann zwar lange, ist aber die mit Abstand schönste Art des Aufräumens. Probiert das aus. Alles was ihr braucht, sind viele Dinge von der Sache, die ihr sortieren wollt. Und ihr müsst die Sache mögen. Deshalb kann man auch keine Schulsachen sortieren.

Die letzte Art des Aufräumens hat das Küken bisher genau einmal erlebt. Es ist die mit Abstand funktionalste Art und außerdem die peinlichste Art. Denn das ist, wenn am Ende der Sommerferien ein freies Wochenende ist. Und an diesem freien Wochenende sitzt ihr nichtsahnend da und freut euch für den Rest des Tages im Garten zu liegen, zu lesen und zu schreiben, während ihr entweder YouTube Videos auf dem Handy laufen habt oder entspannt gute-Laune Musik hört. Als alternativ Plan könntet ihr auch mit dem Fahrrad ins Freibad fahren oder was mit Freunden unternehmen. Das Küken liebt den Sommer.

Jedenfalls wird genau das der Fall sein. Doch dann wird sich wie der Schatten eines bösartigen Drachen (das ist in keinster Weise böse gemeint, Mama, ich bin dir immer noch... dankbar für deine Aufräumaktion und stell dir einfach vor, der Drache, der hier beschrieben wird, ist die elegante Drachendame aus Shrek <3) eure Mutter vor euch aufbauen und euch mit einer Stimme, die euch klar macht, dass Widerrede sowas von nicht akzeptiert wird, „vorschlagen“ zusammen euer Zimmer aufzuräumen. Und dann sitzt ihr mit hochrotem Kopf in der Ecke, stammelt Entschuldigungen und sucht Ausreden, während eure Mutter erst euer Zimmer auseinander nimmt und damit so ziemlich alles findet, was sie niemals finden sollte. Am schlimmsten ist das wahrscheinlich wirklich für Leute, wie das Küken. Denn wenn man so ist, wie das Küken, dann ist man ein absoluter Messi und kann nichts, aber auch wirklich gar nichts (außer Taschentücher) wegschmeißen. Das heißt ihr müsst das „jammernd in der Ecke sitzen“ sogar unterbrechen, um irgendwelchen Müll, den ihr nie wieder brauchen werdet, vor den gierigen Fingern eurer Mutter beschützen. Mama, falls du immer noch liest, „gierig“ ist auch nett gemeint.

Das einzig gute an dieser Art des Aufräumens ist, dass ihr am Ende ein sauberes Zimmer und einen neuen und größeren Kleiderschrank habt. Und eine verstörte Mutter. Aber vor allem den neuen Kleiderschrank.

Im Moment... naja. Das Küken war drei Tage krank, in denen es sich nur von seinem Bett auf die noch immer auf dem Fußboden liegende Matratze gerollt hat. Und von da in die Küche. Und es hat zwischendurch mithilfe seiner kleinen Schwester sein Bett kaputt gemacht. Aber mehr nicht. Abgesehen von schlafen und Tee trinken. Und versuchen zu schreiben und nach drei Stunden festzustellen, dass man gerade mal ein Drittel des Kapitels geschafft hat. Das war heute so. Diese Krankheit zerstört das Gehirn des Kükens. Es saß auch fünf Stunden an einem Programmheft für das Theaterstück seines Theatergrundkurses, ohne etwas zu schaffen. Und das Zimmer sieht dementsprechend aus.

Überall liegen Programmhefte, an denen sich das Küken orientieren wollte. Ein mit Taschentüchern überquellender Mülleimer. Leere Tassen. Dann natürlich Lade- und USB-Kabel. Kissen. Decken. Gammelsachen. Schulzeug, das demotiviert durch den Raum fliegen musste. Bücher, die das Küken wegen Kopfschmerzen nicht wirklich lesen konnte. Und dann noch das Zeug, was da schon vor der Gehirnkrankheit des Kükens lag.

Und das Ganze wird da auch noch lange liegen bleiben (das Schulzeug ausgenommen), da das Küken wann immer es das Zimmer betritt, einfach tot ins Bett fällt und liegen bleibt. Es hat letzte Nacht ungelogen von sechs Uhr abends bis acht Uhr morgens durchgeschlafen. Rekord. Das Küken ist kein Langschläfer. Aber auch egal. Jedenfalls wird das Küken den Müllbergen jetzt beim Wachsen zusehen, bis seine Mutter ihm nächsten Montag das Versprechen abkauft alles wegzuräumen, damit Staub gesaugt werden kann. Und dann wendet das Küken wie immer die erste Taktik an und bevölkert den Nachttisch und den Kleiderschrank.

Jap. Das war das absolut sinnloseste Kapitel, das das Küken je geschrieben hat.

Aus dem Leben eines KükensWhere stories live. Discover now