Kapitel 3

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Gelangweilt lag ich mit dem Kopf auf dem Tisch und dachte nach. Timothy war jetzt schon den zweiten Tag nicht in der Schule gewesen. Aber darüber war ich ehrlich gesagt nicht unglücklich. Umso enttäuschter musste mein Blick ausgesehen haben, als ich Grace, seine ältere Schwester, in der Tür stehen sah. 

Sie sah sich etwas ratlos im Raum um und als ihr Blick mich traf, verfinsterte er sich. Doch anstatt sich möglichst weit weg von mir zu setzen, wie ich es erwartet hätte, kam sie direkt auf mich zu und setzte sich auf den freien Platz neben mir. Geht's noch?

„Hier ist schon besetzt", keifte ich sie an.

„Also für mich sieht der Platz ziemlich frei aus", konterte sie.

„Ich sitze aber lieber allein und da mir dein Bruder dieses Privileg schon im normalen Unterricht genommen hat, wäre ich froh, wenn seine Schwester sich jetzt nicht auch noch während der Foto-AG neben mich setzen muss", zickte ich zurück.

„Meine Güte bist du anstrengend. Sei bitte nicht so empfindlich und erklär mir lieber, was ich hier in den ersten vier Wochen verpasst habe." Wie immer, um meiner Genervtheit Ausdruck zu verleihen, verdrehte ich die Augen, ging aber nicht weiter darauf ein.

„Was hat dein Bruder eigentlich für ein Problem mit mir?", fragte ich sie stattdessen schnippisch. Sie schaute mich skeptisch an, doch dann umzuckte ein Lächeln ihre Lippen: „Er hat kein Problem mit dir. Er liegt gerade nur mit einer Magendarm-Grippe zu Hause im Bett. Anstatt einfach direkt zu Hause zu bleiben, hat er sich lieber mit uns zusammen in die Schule geschleppt." 

Jetzt war ich es, der sie skeptisch ansah. Soweit ich wusste, waren Unfreundlichkeit und Ignoranz keine typischen Symptome für eine Magendarm-Grippe. Doch ich entschloss mich, das nicht laut zu sagen.

„Außerdem fallen ihm Situationen, in denen er neu ist, schwer. Falls er unfreundlich zu dir war, tut es ihm sicher leid."

„Unfreundlich? Arschloch trifft es wohl besser", antwortete ich und spürte, wie die Wut wieder in mir aufkeimte. 

Kurz blitzte es auch in ihren Augen auf, doch dann trat stattdessen etwas Besorgtes in ihr Gesicht. „Das tut mir leid. Wenn du willst, rede ich mal mit ihm", antwortete sie in ruhigem Ton. Erstaunt über ihre versöhnliche Art murmelte ich nur: „Hmm, wenn du meinst, mach das."

In dieser Sekunde schneite Frau Mazurek ins Zimmer und unterbrach unser Gespräch. Sie trug ein bunt gemustertes Kleid und darüber ein vermutlich selbst gefilztes Jäckchen. Kunst, bzw. die Foto-AG waren nach Mathe mein zweites Lieblingsfach, deshalb versuchte ich Grace neben mir jetzt so gut es ging zu ignorieren und mich auf Frau Mazurek zu konzentrieren. 

Zuerst begrüßte sie jedoch meine neue Nebensitzerin und erklärte ihr in ein paar Sätzen, was wir bisher in der Foto-AG gelernt hatten. „Heute schauen wir uns die Belichtungszeit an", erklärte sie weiter, „ich möchte, dass ihr euch dafür in Zweiergruppen eine Kamera schnappt, nach draußen geht und einfach mal austestet. Ihr könnt zum Beispiel eine längere Belichtungszeit einstellen und jemand bewegt sich vor dem Objektiv. Oder ihr bewegt die Kamera währenddessen. 

Testet einfach mal aus und ja so in ca. 30 Minuten besprechen wir eure Ergebnisse und was ihr herausgefunden habt. Also, jeder Tisch schnappt sich eine Kamera und in 30 Minuten treffen wir uns wieder hier." 

Ich seufzte und sah zu Grace, die mich anlächelte: „Also, wollen wir?" Dann nahm sie meine Hand und zog mich, bevor ich protestieren konnte, mit. Unterwegs zur Tür schnappte sie sich eine Spiegelreflexkamera und schleifte mich nach draußen. Shit! Jacke vergessen!

Draußen angekommen, übernahm Grace direkt das Kommando. Ich merkte sofort, dass sie schon Kamera-Erfahrung hatte und das Ganze für sie nichts Neues war. Wissbegierig hörte ich ihr gerne zu, während sie mir verschiedene Sachen erklärte und mir dann die Ergebnisse auf dem kleinen digitalen Bildschirm zeigte. Sie war wirklich das Gegenteil von Timothy – freundlich, hilfsbereit und was am wichtigsten war: Sie ignorierte mich nicht. Die Foto-AG mit ihr verflog regelrecht.

„Das hat heute echt Spaß gemacht mit dir. Du hast ganz schön was drauf, was dieses Foto-Zeugs betrifft", meinte ich lächelnd zu ihr, während wir langsam aus dem Raum gingen. 

„Mir hat es auch Spaß gemacht", lächelte sie zurück, „dann sehen wir uns spätestens nächste Woche wieder. Ach so und ich werde zu Hause nochmal mit Timothy reden, versprochen." 

Als sie seinen Namen erwähnte, erstarb mein Lächeln. Aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen: „Alles klar, dann bis nächste Woche."


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Hallöchen,

na, wie findet ihr Grace? Ich finde sie ja total lieb und bin schon gespannt, was sich zwischen ihr und Tristan noch so entwickeln wird.
Was denkt ihr darüber? Und was haltet ihr von ihrer Erklärung, was Timothy betrifft?

Schreibt mir doch gerne einen Kommentar dazu und wenn euch das Kapitel gefallen hat, freue ich mich über einen Vote! <3

Liebe Grüße Elena :)


Tristan und Timothy [BxB] - Wenn Bernstein Eis zum Schmelzen bringtUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum