Kapitel 33

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Ich kaute auf dem Ende meines Bleistifts und dachte über die Matheaufgabe nach, die vor mir auf dem Tisch lag. Henry ächzte neben mir. Sobald ich es gleich verstanden hätte, würde ich es ihm und auch den anderen erklären. Während ich überlegte, starrte ich auf den Kunstschnee, den meine Mum mit einer Sprühdose ans Fenster gesprüht hatte. Ich fand's hässlich, sie fand's gemütlich. Timothy saß neben mir und räusperte sich, während er verschiedene Lösungsversuche für die Aufgabe auf ein kariertes Schmierblatt kritzelte.

Es hatte ganze zwei Wochen gedauert, bis er mir meinen Korb verziehen hatte und unsere Lerngruppe wieder vollständig war. Robin, Henry und Irina wollten natürlich wissen, was zwischen uns los war, doch ich schwieg wie ein Grab. Irgendwann hatte es Robin dann gereicht. Er war zu Timothy gegangen und bat ihn, wieder zu unserer Gruppe dazuzukommen. 

Beim nächsten Lerngruppentreffen steckten sie uns in mein Zimmer und zwangen uns, uns auszusprechen. Doch ich war immer noch nicht bereit, über meine Gründe zu reden. Timothy war schon wieder sauer geworden, doch dann meinte er, er würde es akzeptieren, solange wir aber noch befreundet bleiben könnten. 

Das war auch für mich die bestmögliche Option. Ich wollte Timothy so nah wie möglich sein, ohne dass sein Bruder einen Grund bekam, mich fertig zu machen. Es war trotzdem schrecklich. Ich wollte wieder seine Hand halten. Seine Haut auf meiner Haut spüren. Das wunderschöne Kribbeln fühlen, das nur er in mir auslösen konnte.

Der ganze Vorfall war jetzt schon insgesamt fünf Wochen her. Die Weihnachtsferien standen vor der Tür und wir lernten gerade noch auf die letzte Matheklausur, die Herr Distel bescheidener Weise einen Tag vor den Ferien eingetragen hatte. Und obwohl meine romantischen Gefühle für Timothy immer noch genauso stark waren, waren wir in den letzten Wochen auch beste Freunde geworden. 

Nicht zu vergessen unsere Freund*innen Robin, Henry und Irina. Irina hatte sich in der Zwischenzeit wieder mit Mia vertragen, auch wenn diese ihr nochmal deutlich gemacht hatte, dass sie leider nur auf Jungs stand, ansonsten hätte sie sich niemanden besseren als Irina vorstellen können. So kam es, dass ab und zu sogar Mia mit an unserem Tisch saß. Was Robin natürlich sehr freute, da er immer noch über beide Ohren in sie verschossen war. 

Außerdem war Mia eigentlich gar nicht so nervig, wie ich immer dachte. Vor allem, seit sie Timothy als Schwarm aufgegeben hatte und ihn nicht mehr ständig belagerte. Auch das freute Robin. Zudem hatte ich inzwischen auch Henrys Familie kennengelernt, da wir uns am Wochenende öfters in Henrys Hobbyraum getroffen hatten, um Mario Kart oder Tischkicker zu zocken.

„Jetzt hab ich's!", unterbrach ich die Stille.

Henry atmete erleichtert auf: „Gott sei Dank!"

„Moment", sagte ich, während ich die Zahlen auf das Papier schrieb, „bin gleich so weit."

Die anderen schauten mir gespannt dabei zu. Ich nahm mein Geodreieck und unterstrich die Lösung zweimal.

„Jetzt sag' schon Tris, wie rechnet man die Fläche von diesem verdammten unförmigen Ding aus?", fragte Robin ungeduldig.

Ich grinste. Robin und Henry hatten vor einiger Zeit begonnen, mich Tris zu nennen, was ich irgendwie cool fand. Dann begann ich ihnen Schritt für Schritt zu erklären, wie ich vorgegangen war. Ich wurde mit strahlenden Augen und einem „Danke!" aus allen Richtungen belohnt.

„Was ich noch fragen wollte", meinte Timothy dann, „geht ihr jetzt eigentlich zu den Wintersporttagen?"

„Wann sind die nochmal?", fragte Irina.

„Ende der zweiten Ferienwoche von Mittwoch bis Samstag", antwortete er ihr.

„Ich bin noch nicht sicher", meinte sie nachdenklich.

Tristan und Timothy [BxB] - Wenn Bernstein Eis zum Schmelzen bringtOù les histoires vivent. Découvrez maintenant