Kapitel 22 (Halloween Special 6/9)

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23:47 Uhr:

Der Abend war einfach der Hammer. Timothy und ich waren beim Mario-Kart-Spielen, gewannen gegen Robin und Henry im Beer-Pong, waren auf der Tanzfläche, probierten uns einmal durch das komplette Snack-Buffet durch und das Allerbeste: Jedes Mal, wenn Mia in ihrem sexy Werwolfkostüm auftauchte und ich mir schon dachte: 'Das war's jetzt', wimmelte Timothy sie auf höfliche Weise ab und war direkt wieder bei mir.

Ich muss schon sagen: Ich liebe HALLOWEEN! Und PARTYS! Und TIMOTHY! ... also ein bisschen zumindest ...

Die Tanzfläche war inzwischen brechend voll und niemand schien zu bemerken, wie sich immer wieder meine und Timothys Fingerspitzen berührten. Es fühlte sich an wie kleine elektrische Schläge, die jedes Mal durch meinen ganzen Körper kribbelten. Seinem Grinsen nach zu urteilen, ging es ihm da nicht anders. 

Er hatte wieder einen Becher gefüllt mit Bowle in der Hand, den er jetzt komplett runterkippte. Dann verschränkten sich seine Finger mit meinen und er zog mich in die Ecke mit den Sofas. Dort saßen und lagen schon einige, die einen zu viel über den Durst getrunken hatten und Fabi, der ernsthaft mit einer aus der Elften knutschte. Respekt!

Dann spürte ich Timothys Hand an meiner Wange. Er drehte mein Gesicht zu seinem und sah mich an. Wir waren uns ganz nahe, fast berührte meine Nase seine Nase. Er strich mir eine Haarsträhne, die sich aus meiner Gelfrisur gelöst hatte, sanft aus dem Gesicht. Ich spürte, wie mein Puls raste und mir tausend Gedanken, aber eigentlich auch nur einer durch den Kopf rasten. Timothy!

Ich wollte ihn so dringend küssen, doch irgendwie traute ich mich auch nicht. Ich spürte, dass er inzwischen ziemlich betrunken war und auch mein Kopf war nicht mehr ganz klar. Kurz flammte die Sorge in mir auf, dass wir gerade Dinge taten, die wir im nüchternen Zustand vielleicht nicht tun würden. Ich wollte mich an den ersten Kuss mit ihm erinnern können und er sollte das auch. 

Ich legte meine Arme um seine Hüfte und er seine um meinen Hals. Doch ich war plötzlich verunsichert und hielt seinem Blick nicht mehr stand, stattdessen versenkte ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Er machte es mir nach. Sanft ließ er seine Nase über meine Haut am Hals streichen. Dann spürte ich seine Lippen. Ich atmete inzwischen so schnell, als würde ich gerade einen Marathon laufen. 

Ich schaute kurz auf zu der tanzenden Menge. Niemand schien uns zu beachten. Bis auf ein Augenpaar, das mich böse und verletzt anfunkelte. Schnell schloss ich wieder meine Augen. Ich wollte mir den Moment nicht von Mia verderben lassen, auch wenn ich ihr gerade definitiv den Abend verdorben hatte. Ich konzentrierte mich wieder auf Timothy. Sanfte kleine Küsse, die meinen Hals bedeckten und jedes Mal an genau dieser Stelle ein kribbelndes Gefühl auf meiner Haut hinterließen.

„Du riechs' so gut", haucht er mir ins Ohr und atmete tief ein. Gänsehaut breitete sich in meinem Nacken aus. Dann küsste er wieder meinen Hals. Diesmal nicht mehr ganz so sanft. Macht er mir gerade 'nen Knutschfleck? Oh Gott, mir ist so heiß!

„Du riechs' wi'klich gut", flüsterte er wieder, „ich muss mich wi'klich behe'schen dich nich' zu ..." Und dann hatte das ganze ein Ende. Jemand riss Timothy von mir weg und ich starrte in die Augen von Andrew: „Das reicht jetzt!" Grace stand auch da, ich hatte sie den ganzen Abend fast nicht gesehen. Ihr Gesicht sah irgendwie besorgt aus. „Sorry, Tristan", rief sie über die laute Musik, „aber es ist gleich 12 und Andrew fährt uns jetzt nach Hause." 

Ich stand da wie ein Schlafwandler, den man gerade aus seinem schönsten Traum geweckt hatte und verstand die Welt nicht mehr. Timothy protestierte ebenfalls: „Ich will noch nich' geh'n. Bidde Andy, noch paa' Minuten!" Doch Andrew hatte ihn fest im Griff und zog ihn Richtung Treppe. Während Timothy zeterte und zerrte, sah ich seine Fake-Vampir-Zähne aufblitzen. Obwohl ich auch traurig war, musste ich darüber grinsen. Wie süß kann jemand sein?

„Tristan, willst du auch mitfahren?", fragte mich jetzt Grace. Doch irgendetwas in ihrem Blick sagte mir, dass sie genau das Gegenteil wollte. „Ich, ... ne, weißt du, ich bleib' noch ein bisschen", meinte ich. Ihre Miene hellte sich für den Bruchteil einer Sekunde auf, doch sie versuchte es schnell zu überspielen. 

Zum Abschied umarmte sie mich kurz und drängte sich dann durch die Tanzmenge zu ihren Brüdern. Andrew war gerade dabei, Timothy die Treppe hochzuziehen, der sich immer noch gegen seinen Griff wehrte.

Der Abend war gelaufen und ich hatte keine Lust mehr zu tanzen. Ich war traurig, dass Timothy nicht mehr da war. Aber ein bisschen war ich auch froh, dass Andrew und Grace aufgetaucht waren, sonst hätten wir vielleicht wirklich etwas Unüberlegtes getan. Ich setzte mich auf eines der abgewrackten Sofas. Plötzlich pikste mich etwas in meiner Hosentasche. 

Ich steckte meine Hand in die Tasche und zog Timothys Fake-Vampir-Zähne heraus. Ich riss die Augen auf und starrte die zwei kleinen spitzen Plastikteile in meiner Hand entgeistert an. Und jetzt fiel es mir wieder ein: Als wir uns durch das Snack-Buffet gefuttert hatten, hatte Timothy mir die Zähne zurückgegeben und ich hatte sie mir in die Hosentasche gesteckt. 

Aber was zur Hölle war das dann vorhin in Timothys Mund, wenn ich die Fake-Zähne hier bei mir hatte?

In dieser Sekunde schlug die große Standuhr im Raum zwölf. Mir lief ein unheimlicher Schauer über den Rücken. Ich schluckte und starrte immer noch die Fake-Zähne in meiner Hand an. Fuck!

Die Gedanken kreisten in meinem Kopf. Ich musste wieder an Timothys damals hasserfüllten Blick denken; an seine Reaktion, als er mein Blut gesehen hatte; sein wissender Blick auf meine silberne Box; seine Geschwister, die immer im richtigen Moment auftauchten. Das war alles so verwirrend. Und es fühlte sich an, als wäre das alles schon hundert Jahre her, dabei waren es gerade mal drei Wochen.

Es ergab keinen Sinn mehr, hier noch länger herumzusitzen. Ich drängte mich durch die Tanzenden. Dann entdeckte ich Robin in der Menge. Er tanzte eng umschlungen mit Mia und dann küsste sie ihn – mitten auf der Tanzfläche. Wenigstens einer hatte heute einen perfekten Abend.

Ich ging nach draußen und als mir die kalte Nachtluft entgegenschlug, musste ich direkt zittern. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich mit den Hoppes nach Hause kommen würde. Stattdessen hatte ich jetzt einen 40-minütigen Fußmarsch vor mir und das ohne Jacke und ohne Timothy. Ich zündete mir eine Zigarette an und ging los.


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Weiter geht's um 00:30 Uhr

Tristan und Timothy [BxB] - Wenn Bernstein Eis zum Schmelzen bringtOnde histórias criam vida. Descubra agora