Kapitel 12

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„Wollen wir gleich in der Freistunde zusammen in den Aufenthaltsraum gehen? Dann kann ich dir das mit will-Future und going to-Future nochmal erklären." Anstatt zu antworten, starrte ich Timothy einfach nur an. 

„Ethik fällt ja nach der Mittagspause aus. Oder hast du da schon was anderes vor?", Timothy versuchte sich zu erklären, da er vermutlich dachte, ich würde nicht verstehen, was er meinte. Dabei verstand ich einfach immer noch nicht, warum er überhaupt auf einmal mit mir sprach.

„Ich, ähm, ja gerne", stammelte ich und spürte schon wieder, wie es unter meinen Sommersprossen ganz warm wurde.

„Alles klar. Ich bin in der Mittagspause mit Mia verabredet, aber danach können wir uns direkt im Aufenthaltsraum treffen", meinte er, während er schon aufstand und sich seinen Rucksack über die Schulter warf.

„Okay, dann bis nachher." Ich starrte ihm fassungslos hinterher. Mia hakte sich bei ihm unter und ging zusammen mit ihm aus dem Klassenzimmer.

„Tristaaaan! Wird's bald? Ich will das Zimmer abschließen. Oder soll ich dich hier über die Pause einsperren." Erst jetzt realisierte ich, dass ich der Letzte im Klassenzimmer war und Herr Fürstenberg schon bereit zum Abschließen an der Tür stand. 

Schnell sprang ich auf, stopfte meine Sachen in den Rucksack und rannte nach draußen. „Sorry Herr Fürstenberg, bin schon weg!" Er lächelte kopfschüttelnd, als ich an ihm vorbei stürmte.

Ich bekam in der Mittagspause keinen Bissen runter. Meine Hände waren schon wieder ganz schwitzig. Ich war nervös und dachte die ganze Zeit krampfhaft darüber nach, wo Timothys plötzlicher Sinneswandel hergekommen war. Ich war natürlich glücklich über den jetzigen netten Timothy, aber irgendwie traute ich dem Braten noch nicht. 

Schon zu oft in meinem Leben war ich von Menschen verarscht worden, die meine Naivität ausgenutzt hatten. Und auch jetzt hatte ich Schiss, dass Timothy jede Sekunde „Haha du Loser, ich hab dich nur verarscht!" schreien würde.

Doch nach der Mittagspause war er immer noch nett. 

Ich saß schon an einem freien Tisch im Aufenthaltsraum. Ein paar unserer Klassenkamerad*innen und auch einige andere Schüler*innen hatten sich ebenfalls in dem großen verglasten Raum eingefunden und an den Gruppentischen verteilt. Und dann kam Timothy. Er verabschiedete sich von Mia, die sich zusammen mit Irina an einen freien Tisch setzte. 

Timothy kam auf mich zu und zeigte mir wieder sein charmantes Lächeln. Ich bekam einen Flashback vom ersten Tag ... Gleich würde er sich neben mich setzen und mich angewidert anschauen. Doch es kam anders: 

„Na, bereit für die volle Ladung Englisch?", grinste er und setzte sich neben mich. „Wie man's nimmt, ich werde es vermutlich eh nicht checken", antwortete ich und konnte mein Glück kaum fassen. „Das werden wir noch sehen", lachte er, während er sein Englischbuch aus dem Rucksack zog und die passende Seite aufschlug, „ich werde dir den Stoff schon irgendwie reinhämmern."

Beharrlich erklärte Timothy mir die verschiedenen englischen Zukunftsformen immer und immer wieder, während mein Gesicht immer verzweifelter aussah, als wir plötzlich unterbrochen wurden.

„Oh wie süß, hat unser liebstes Emo-Opfer endlich einen Freund gefunden?" Raffi und Leon lachten über den schlechten Witz ihres Anführers.

„Verpiss dich Fettsack! Wir haben Besseres zu tun, als deine hässliche Visage zu sehen", schnauzte ich ihn an.

„Sei doch nicht so pissig. Wir wollen doch nur, dass du uns deinen neuen BFF vorstellst. Oder ist er womöglich sogar dein neuer schwuchteliger Boyfriend", säuselte er gekünstelt.

Tristan und Timothy [BxB] - Wenn Bernstein Eis zum Schmelzen bringtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt