Fish and Chips und seltsame Nachbarn.

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Nervös klopfte ich am Abend an Harrys Zimmertür. Meine Hände waren ungewohnt feucht und ich fragte mich innerlich, ob ich jemals schon so nervös bei einem Date gewesen war.
Vermutlich nicht und ich wollte mir jetzt auch lieber keine Gedanken darüber machen, warum das nun der Fall war.
Harrys Tür öffnete sich und meine Kinnlade klappte nach unten.
"Wow", kam es hauchend aus meinem Mund und brachte den Lockenkopf zum Schmunzeln.
"Selber wow", kicherte er und griff nach seinem Mantel, welcher neben der Tür zu hängen schien.
Er sah unglaublich scharf aus.
Nicht der Mantel. Harry natürlich.
Seine Haare waren zu einem Dutt gebunden, sein Oberkörper steckte in einem engen, schwarzen Rollkragenpullover und seine Beine steckten in einer engen Jeans, abgerundet durch braune Boots.
"Ich hätte tatsächlich nicht damit gerechnet, dass du gleich heute auf ein Date gehen möchtest", gab er zu und schloss seine Zimmertür. Ich erwachte aus meiner Starre, fuhr mir unbeholfen durch meine Haare und hob die Schultern.
"Ja, äh... also... eigentlich ist das Zayns Schuld. Also... er hatte die Idee... öhm... also nicht, dass ich nicht schnell mit dir auf ein Date wollte, aber er hat die Idee gehabt und ja. Also-" - "Beruhig dich", kam es lachend von dem Lockenkopf. "Tief durchatmen und nochmal von vorne."
Nickend atmete ich durch und setzte mich in Bewegung, Harry dicht neben mir.
"Also ich wusste nicht, wie ich das Date gestalten sollte und da habe ich ein bisschen erzählt und dann ist Zayn eingefallen, dass er ein Plakat gesehen hat und ja. So kam es zu der Idee."
Harry nickte lächelnd und folgte mir die Straße herunter.
"Und wo gehen wir hin?"
Nun lag es an mir, zu schmunzeln. "Das sage ich nicht, denn dann ist es keine Überraschung mehr."

Vor der Buchhandlung kamen wir nach einigen Minuten zum Stehen und als Harry sah, wo wir waren und welches Plakat Zayn gesehen hatte, weiteten sich seine Augen.
"Aber-", begann er, brach dann aber ab und drehte sich mit geweiteten Augen zu mir herum.
"Das... das ist..." - "Skjelson liest hier heute Abend aus seinem neuen Buch vor", bestätigte ich und lächelte unsicher. Doch meine Angst, dass es ihm nicht gefallen konnte, wurde sofort begraben, als Harry sich in meine Arme drückte.
"Oh Louis! Das ist... wow. Unglaublich!"
Lächelnd drückte ich ihn von mir und griff in meine Jacke.
"Ich habe noch etwas für dich", erklärte ich und friemelte umständlich das Buch hervor, welches ich mit Mühe und Not in meiner Innentasche der Jacke verstaut hatte. Gut, dass diese verdammt groß war, dass dort ein Taschenbuch hereinpasste.
"Was, aber..." - "Du hast gesagt, dass du dir das neue Buch noch nicht gekauft hast und ich dachte mir, dass es doch die Gelegenheit wäre, ein handsigniertes Exemplar zu ergattern. Nach der Lesung gibt Skjelson nämlich Autogramme."
Und wieder warf sich Harry in meine Arme und ich war überglücklich, dass es ihm anscheinend gefiel.
"Wie gerne ich dich jetzt küssen würde, Louis"; hauchte er leise, drückte sich noch ein wenig fester an mich und ließ mich die Schmetterlinge in meinem Bauch genießen.
Auf den Kommentar mit dem Kuss ging ich nicht ein. Diesen Fakt versuchte ich zu verdrängen.

"Ich kann es nicht glauben", hauchte Harry leise und betrachtete das signierte Buch in seiner Hand wie den heiligen Gral.
Die Lesung ging zwei Stunden und wir haben noch eine weitere Stunde damit verbracht, für ein Autogramm anzustehen. Aber dieses Leuchten in Harrys Augen zu sehen, war es allemal wert.
"Möchtest du noch etwas essen?"
Sofort nickte der Lockenkopf und ich atmete erleichtert aus. Mein Magen hatte schon während der Lesung geknurrt und mir nicht nur einen peinlichen Moment beschert.
"Möchtest du in ein Restaurant? Oder wollen wir uns Fish and Chips holen?"
Die Augen des Lockenkopfes leuchteten noch mehr, während er das Buch gegen seine Brust presste. "Ich liebe Fish and Chips."
Wir holten uns unser Essen, welches in klassisches Zeitungspapier gewickelt wurde und machten es uns dann auf einer Bank im nahegelegenen Park gemütlich. Es war zwar kühl, aber mit dem warmen Essen in der Hand konnte man es aushalten. Die dicken Jacken machten das übrige.
"Ich kann nicht glauben, dass du mir zugehört hast, als ich über meinen Lieblingsautoren gesprochen habe", gestand Harry leise, als er dabei war, eine Pommes in Ketchup zu tunken. "Natürlich habe ich dir zugehört. Aber um ehrlich zu sein, wusste ich den Namen nicht mehr. Aber als Zayn ihn erwähnte, ist er mir dann auch wieder eingefallen."
"Und das Buch... danke, Louis. Wirklich, vielen, vielen Dank."
Ich schenkte ihm ein Lächeln und wir aßen schweigend weiter.

Natürlich brachte ich Harry noch nach Hause.
Gut, wir wohnten eh im gleichen Wohnheim, aber ich brachte ihn bis vor seine Zimmertür.
Doch kaum standen wir vor genau dieser, ertönte ein lautes Krachen und die Tür von Zayn zitterte verdächtig.
Erschrocken weiteten sich meine Augen, als ich Niall auf der anderen Seite der Tür hören konnte.
"Fuck, Zayn!"
"Du wolltest es so, also leb damit", kam es keuchend als Antwort von meinem besten Freund und im selben Moment ertönte ein tiefes Stöhnen.
Geschockt sah ich zu Harry, welcher vollkommen unbeeindruckt zu sein schien.
"Das ist nur das Vorspiel", kommentierte er und wollte seinen Schlüssel aus seiner Hosentasche ziehen, als ein weiteres Krachen zu hören war, wieder gefolgt von einem tiefen Stöhnen und einem leisen Schrei.
"Das machen die öfter?"
Wahrlich, ich hatte gerade ernsthaft Angst, dass die Tür aus den Angeln fiel.
"Manchmal habe ich Angst, dass sie durch meine Wand krachen. Aber bis jetzt hat sie ihren Dienst getan."
"Und... und die Lautstärke?"
Meine Güte, der ganze Gang konnte die beiden da drinnen hören.
"Ohropax."
Schnell schüttelte ich meinen Kopf, griff nach Harrys Hand und zog ihn den Gang herunter.
"Das kann ich dir nicht antun. Wir gehen zu mir, bis die beiden fertig sind."
Der Lockenkopf kicherte und schüttelte seinen Kopf. "Das ist erst das Vorspiel. Wenn sie einen guten Tag haben, geht die ganze Sache mehrere Stunden."
Vor Schreck blieb ich stehen.
"Was?"
"Mit Pausen. Das längste waren, glaube ich, vier Stunden. Zayn hat mir am nächsten Tag Blumen geschenkt und Niall Schokolade."
"Ich muss mir meinen besten Freund zur Brust nehmen."
Also ehrlich. Was waren das denn für schlimme Nachbarn?
Und ich tickte schon aus, wenn Josh neben mir mal zu laut Musik hörte. Neben Zayn und Niall würde ich mich vermutlich aus dem Fenster stürzen. Oder sie aus diesem schubsen.
Wobei... betreten würde ich den Raum bei den Geräuschen lieber nicht.
Diesen Anblick würde ich ohne eine Therapie niemals verarbeiten können.

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