Der Chaosverein

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Es war dieser eine, bestimmte Zustand, der ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch auslöste. Dieser Zustand, wenn man zwischen Schlaf und Wach schwebte. Wenn dazu aber noch jemand durch deine Haare kraulte, war es einfach perfekt und man wollte einfach nicht die Augen öffnen, da es so gemütlich war. Aber irgendwann tat ich es dann doch.
Ich öffnete meine Augen und blickte direkt in das stechende Grün, welches mich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen ansah und weiter durch meine Haare glitt.
"Guten Morgen", kam es rau und dunkel und bescherte meinen eh schon kribbeligen Körper glatt eine weitere Gänsehaut.
Spätestens jetzt wäre ich mir sicher gewesen, mich in Harry verknallt zu haben, wenn ich das nicht gestern schon gewusst hätte. Naja, eigentlich schon länger, aber man musste sich manche Dinge ja selbst erst eingestehen. Und sowas dauerte eben manchmal.
Bei einigen mehr und bei anderen weniger lange.
A pro pros...
"Du sagtest gestern, dass du schon lange in mich verliebt bist?"
Vielleicht ein kleiner Stimmungskiller am Morgen, doch diese Frage schwebte mir gestern schon im Kopf herum.
"Wirklich? Das ist der erste Gedanke, den du nach dem Aufwachen hast?"
Harry konnte seine Belustigung nicht unterdrücken und brachte mich mit dem Erscheinen seiner Grübchen ebenfalls zum Schmunzeln. Unbeholfen zuckte ich also daher mit den Schultern, so gut wie das im Liegen eben ging und sah ihn auffordernd an.
"Gut, gut. Aber bevor ich antworte, möchte ich meinen verdienten Guten-Morgen-Kuss haben. Immerhin habe ich eine halbe Stunde durch deine Haare gestreichelt."
Ich nickte, grinste breit und verliebt, ehe ich mich etwas aufrichtete und meinem Lockenkopf einen sanften Kuss auf die Lippen drückte. Damit musste er sich abfinden. Mehr gab es erst, wenn wir Zähne geputzt hatten.
"Also?"
"Ist ja gut", brummte er und zog mich zurück in seine Arme, wo die Streicheleinheiten weitergingen. Dieses Mal allerdings nicht auf meinem Kopf, sondern auf meinem Rücken.
Perfekt!
"Verliebt sein, konnte man das nicht nennen. Eher hatte ich einen verdammten Crush auf dich. Schon seit Beginn unseres Studiums."
Überrascht neigte ich meinen Kopf, damit ich ihn ansehen konnte.
"So lange schon?"
"Naja, ich war machtlos. Du kamst in den Hörsaal und sahst einfach unglaublich aus. Komplett verpennt und deine Haare waren das reinste Durcheinander."
Skeptisch hob ich meine Augenbrauen.
"Und das hat dich umgehauen?"
"Genau das. Du sahst einfach zu knuffig aus und ich wollte dich am liebsten unter meinen Arm packen und zurück ins Bett schleifen. Aber ich kannte dich ja nicht, also blieb es bei diesem Gedanken."
Vermutlich hätte ich damals nicht protestiert. Zurück ins Bett und weiterschlafen hatte noch nie jemanden geschadet.
"Jedenfalls habe ich dich ab diesem Tag immer gerne angesehen... nicht falsch verstehen. Ich war kein kranker Stalker oder so, aber du bist einfach unglaublich scharf. Da sieht man gerne hin. Und die paar Male, in denen wir uns unterhalten haben, wuchs mein Crush auf dich immer mehr. Ich musste dir auf der Party einfach dieses Angebot machen. Die Chance, eine Nacht mit dir zu verbringen war zum Greifen nahe und ich dachte, lieber eine gemeinsame Nacht, als überhaupt keine."
Etwas sprachlos sah ich zu meinem Lockenkopf auf und stemmte mich ein wenig in die Höhe.
"Aber dann habe ich dich ja irgendwie ausgenutzt, oder?"
Sofort schüttelte er den Kopf und zog mich enger an sich heran.
"Ich wollte es ja und habe dich deutlich provoziert. Und außerdem blieb es ja nicht bei diesem einen Mal. Also habe ich am Ende genau das bekommen, was ich wollte."
"Und-", doch weiter kam ich nicht, da mein klingelndes Handy mich unterbrach. Schnell erhaschte ich einen Blick auf das Display, stöhnte auf und entfernte mich etwas von Harry, ehe ich ihn entschuldigend ansah und den Videoanruf entgegennahm.

"Was?!", blaffte ich direkt ins Handy und bekam ein Augenrollen als Antwort.
"Du hast nicht mehr geschlafen, also stell dich nicht so an", meckerte meine Schwester direkt los und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
"Lottie, es ist halb neun. Was willst du?"
"Ich will wissen, woher sie den Pullover hat."
"Wer?"
"Danielle. Ihr Pullover. Frag sie."
Genervt verdrehte ich meine Augen und sah Harry entschuldigend an. Das allerdings entging meiner Schwester nicht und ihre Augen weiteten sich.
"Wer ist da bei dir? Ist es Danielle?"
Die Hoffnung in ihrer Stimme ließ meinen Magen sich zusammenziehen und schnell schüttelte ich meinen Kopf. Danielle und ich waren niemals richtig zusammen und meine Schwester kannte sie nur von ihrem Instagram-Stalking. Sie kannte sie nicht mal persönlich.
"Wer ist es dann? Hast du etwa eine neue Freundin und wir wissen nichts davon?"
"Wer hat eine neue Freundin?"
Super. Phoebe erschien ebenfalls auf dem Display und natürlich gleich neben ihr Daisy.
"Louis hat eine neue Freundin?"
"Leute!" Meine Güte, das reinste Irrenhaus.
"Zeig sie uns!", forderte nun auch Doris, welche sich ebenfalls ins Bild quetschte.
Harrys Hand legte sich auf meinen Oberschenkel und ich sah vom Display weg.
War ich bereit dafür?
Aber dann wieder... worauf warten?
Ich nickte also und sah meine Geschwister wieder an.
"Ja, ja ich habe jemanden und ja, ich bin verdammt verliebt."
Lautes Quetschen und Gekreische erklang und dann erschien auch noch meine Mutter, gemeinsam mit Ernest auf dem Arm.
Ja super. Dann waren ja fast alle beisammen. Wundervoll - nicht.
"Hallo Schatz", wurde ich begrüßt, doch Doris unterbrach meine Mutter mit einem "Pscht!"
"Louis ist verknallt."
Die Augen meiner Mutter weiteten sich und Phoebe fügte noch schnell hinzu: "Er wollte uns gerade seine neue Freundin vorstellen."
"Dann kommen wir ja gerade richtig", erklang die Stimme von Mark, welcher den Arm um die Schulter meiner Mutter schlang.

Hilfesuchend sah ich erneut zu Harry, welcher allerdings nur leise lachte und mich aufmunternd anlächelte.
"Ihr seid die reinsten Plagen"; motzte ich, nickte dann und sah erneut in die Kamera.
"Bitte, ihr gebt ja sonst eh keine Ruhe."
Kurz und Schmerzlos?
Ich rückte enger an Harry heran und drehte dann das Display so, dass wir beide zu sehen waren. Der Lockenkopf lächelte schüchtern und hob seine Hand, um unsicher zu winken.
Und siehe da, so etwas gab es ja noch nie.
"Komplette Stille im Hause Tomlinson. Dass ich das noch erleben darf..."
"Hallo, ich bin Ernest und ich bin froh, dass du kein Mädchen bist. Mädchen sind nämlich richtig doof und wir brauchen hier mehr Männer in diesem Haus. Ich schaffe das hier nicht alleine, weißt du?".
„Äh...", kam es von Mark, doch auf ihn wurde keine Rücksicht genommen. Stattdessen war kurzes Entsetzen in den Gesichtern meiner Familie zu erkennen, dann begannen Harry und ich loszulachen, aufgrund Ernests Aussage und den dämlichen Gesichtern. Und damit steckten wir die anderen gleich mit an. Ging doch.
"Schön dich kennenzulernen, Ernest"; kicherte Harry und sah in die Kamera. "Ich bin Harry und unterstütze dich sehr gerne."
"Kannst du Fingernägel lackieren?", wollte Doris wissen und mein Lockenkopf nickte. "Ich habe eine Schwester und habe das früher bei ihr andauernd gemacht."
Pure Begeisterung brach aus und Doris und Ernest forderten meine Familie auf, direkt zu uns zu fahren, damit sie Harry kennenlernen konnten. Phoebe nickte, verschwand aus dem Bild mit den Worten, "Dann muss ich meinen großen Koffer nehmen", während Mark alarmierend hinterher eilte. Niemand würde hier her kommen.
"Also, herzlichen Glückwunsch, ihr zwei. Harry, herzlich willkommen in diesem Chaosverein. Bitte nenn mich Johanna."

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