Sprechende Kleiderschränke, eine Falafel und Geschwisterliebe

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Ich sah Liam noch einen Moment hinterher, dann widmete ich mich wieder meinem Mittagessen. Zayn und Niall waren in ein Gespräch über Ella vertieft und Harrys Hand lag noch immer auf meinem Oberschenkel.
"Was machst du heute noch?", wollte der Lockenkopf leise wissen und sah mich an. 
"Ich muss dringend etwas für die Uni machen. Wir schreiben in ein paar Wochen die ersten Klausuren und wenn ich keinen Nervenzusammenbruch bekommen will, sollte ich jetzt schon anfangen zu lernen."
"Nun", kam es direkt neben meinem Ohr und überzog meinen Körper mit einer Gänsehaut. "Wie wäre es, wenn ich dich nach dem Lernen auf ein Date ausführe?"
Ich neigte meinen Kopf und stieß mit meiner Nase gegen sein Kinn. 
Nah.
Sehr nah.
"Ähm..."
"Lernen sollte belohnt werden, Darling. Und da du mir gestern einen wirklich schönen Abend beschert hast, würde ich dich heute sehr gerne einladen."
Nicken. Mehr schaffte ich nicht. Er war mir einfach zu nahe und mein Körper schien innerlich zu verglühen. Zudem konnte ich nur auf seine Lippen starren, die genau vor meinen Augen schwebten. 
Und er roch einfach so verdammt gut. 
"Ist das ein ja?"
Wieder Nicken von mir, ein leises Lachen von ihm.
"Awwww!"
Harry und ich zuckten zusammen und drehten unsere Köpfe synchron zu Niall, welcher uns mit einem verzückten Lächeln ansah.  Auch Zayn lächelte, sah dabei aber weniger wie ein Psychopath aus. 
"Was?"
"Nichts, nichts!"
Iren.

Nach vier Stunden an meinem Schreibtisch qualmte mir der Schädel. Normalerweise hätte ich mich jetzt einfach in mein Bett gelegt, einen Film angemacht und wäre vermutlich nach wenigen Minuten eingeschlafen. Doch Harry wollte mich gleich abholen und somit fiel schlafen weg. Zumindest jetzt. Später natürlich nicht.
Müde rieb ich mir über das Gesicht und öffnete meinen Kleiderschrank.
"Kannst du mir die blaue Jeans geben?"
Ein Arm streckte sich aus meinem Kleiderschrank, dann schloss ich diesen wieder und tauschte meine Jogginghose gegen die Jeans. Meinen Pullover ließ ich an und überprüfte im Spiegel noch einmal meine Haare, als es auch schon klopfte und ich nervös meine Tür öffnete.
"Bereit?", wollte Harry wissen und sah mal wieder verboten gut aus. Wie machte er das nur?
"Moment."
Schnell schnappte ich mir meine dicke Jacke, zog meine Schuhe an und sah dann zu meinem Kleiderschrank.
"Bis später!"
"Viel Spaß!"
Harry schüttelte lachend seinen Kopf.
"Hat dein Kleiderschrank dir gerade viel Spaß gewünscht?"
"Scheint so."
Der Lockenkopf grinste, schnappte sich meine Hand und zog mich durch die Flure des Wohnhauses. "Wie lange wohnt er jetzt in deinem Kleiderschrank?"
Schmunzelnd musste ich an heute Mittag zurückdenken, als ich Liam tatsächlich in meinem Kleiderschrank gefunden hatte. 
"Nur bis Mitternacht, danach will er sich ein neues Versteck suchen."

Als Erstes holten wir uns wieder etwas zu essen und machten es uns auf der gleichen Parkbank wie am Vortag gemütlich. Es war noch immer kalt, aber auch heute hielt man es mit den dicken Jacken und dem warmen Essen aus. 
"Erzähl mir etwas über dich", forderte der Lockenkopf mich auf und sah mich neugierig an.
"Was möchtest du denn wissen?"
Unbeholfen zuckte er mit seinen Schultern, ließ seinen Blick dann schweifen.
"Du sagtest, dass du Geschwister hast. Verstehst du dich gut mit ihnen?"
Sofort nickte ich, biss von meiner Falafel ab und schluckte den Bissen herunter, ehe ich erklärte: "Ich liebe sie alle, auch wenn die geballte Frauenpower im Haushalt mich manchmal wirklich fertig macht. Ernest, mein einziger Bruder, hat es nicht leicht, wenn ich nicht zu Hause bin."
"Das glaube ich gerne. Fünf Schwestern, richtig?"
Ich nickte erneut und schmunzelte.
"Als ich vor ein paar Wochen wieder zur Uni bin, hat Ernest gestöhnt und gemeint, es wäre so viel Verantwortung, als ich ihm gesagt habe, dass er jetzt der Mann im Haus ist."
Harry lachte und sah mich neugierig an. "Deine Mom ist alleine?" - "Nein. Sie ist verheiratet. Mark ist klasse, aber er hat einfach nichts zu melden. Die Mädels wissen, wie sie ihn um den Finger wickeln, also liegt es an Ernest."
"Der Kleine hat es nicht leicht."
"Hallo?! Mit mir hat auch niemand Mitleid, wenn ich zu Hause bin. Ich werde dort gefoltert und die Lautstärke ist einfach unerträglich. Außerdem liegen überall Haare. Lange Haare. Es ist grauenvoll."
Gespielt verdrehte ich meine Augen und merkte im selben Moment das Heimweh, welches mich regelmäßig heimsuchte. Denn auch wenn mir die Plagegeister tierisch auf den Senkel gingen, so liebte ich doch jeden einzelnen von ihnen. 
"Ich wette, du bist ein toller Bruder."
Ich zuckte mit den Schultern, biss erneut in meine Falafel und kaute bedacht.
"Mag sein. Kommt vermutlich darauf an, wen du fragst und in welchem Stadium des Monats wir uns gerade befinden."
"Oh ja. Meine Schwester ist einmal im Monat das reinste Monster", kam es bestätigend und brachte mich zum Lachen. 
"Und du bist der weltbeste Bruder?"
"Natürlich!"
Schmunzelnd neigte ich meinen Kopf und sah ihn an. "Sieht sie das auch so?"
Er grinste, zeigte damit seine Grübchen und ließ mein Herz stolpern. 
"Jetzt vermutlich schon. Früher eher weniger. Sie musste ganz schön leiden, als wir Kinder waren."
Harry als kleiner Tyrann? Unvorstellbar.
"Was hast du getan?"
Das Grinsen wuchs, meines ebenfalls.
"Ich habe die Haare ihrer Puppe abgeschnitten. Ein Klassiker. Aber ich glaube, das Schlimmste, was ich ihr jemals angetan habe, war, dass ich all ihre Poster von irgendeiner britischen Popband angemalt habe. Die Typen haben alle einen Schnurrbart von mir bekommen. Das fand sie überhaupt nicht mehr lustig."
Mit geweiteten Augen sah ich ihn an. "Du Monster!"
"Sagte sie auch", kicherte er und verdrehte seine Augen. Es war ein Moment still, dann brachen wir beide in Gelächter aus und schwelgten in Erinnerungen an gespielte Streiche.

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