Kapitel 5 - Der nächste Morgen

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Als Louis erwachte, lag er allein in dem Bett.
Verwirrt sah er sich um, als ihm ein kleiner Zettel auf dem Kopfkissen auffiel.

Hi.
Bitte Tür schließen, wenn du gehst. Kannst mir deine Nummer aufschreiben. Vielleicht melde ich mich.
H.

Oh... Okay. Irgendwie hatte Louis sich den Morgen dann doch etwas anders vorgestellt... Er setzte sich auf. Oh. Okay. Sein Po schmerzte nicht, aber fühlte sich trotzdem irgendwie anders an.

Louis rieb sich über die Augen. Vielleicht hatte Harry heute morgen nicht viel Zeit gehabt? Und der Zettel klang deshalb so... distanziert? Vielleicht sollte er hier warten. Aber er sollte ja gehen und hatte Angst, dass Harry dann die Polizei rufen würde oder so. Also erhob er sich und zog sich an.

Er nahm sich den Zettel und suchte einen Kugelschreiber, aber er sah keinen. In der Ecke des Schlafzimmers stand ein sehr kleiner Schreibtisch. Vielleicht ja in der Schublade?
Die Schublade war voll. Mit haufenweise Zetteln wie jenem, den Louis in der Hand hielt. Und auf ihnen allen hatten Leute ihre Nummern hinterlassen. Okay. Das tat weh.

In der Küche lag ein Kulli. Aber sollte er seine Nummer aufschreiben? Was, wenn sein Zettel auch in der Schublade enden würde? Vielleicht speicherte sich Harry auch vorher die Nummer und schrieb sich nett mit den Leuten?
Aber was wenn nicht...

Louis war hin und her gerissen. Er zog sich dann erstmal an und ging kurz zur Toilette.

Und dann stand er wieder da. Machen oder nicht machen? Aber er wollte Harry doch gern wieder sehen. Vielleicht war er heute morgen auch wirklich nur im Stress gewesen und die Nachricht war deswegen so unpersönlich gewesen? Obwohl es für Harry mit ihm auch besonders gewesen war? Könnte ja möglich sein. Dann wäre es doof, wenn er die Nummer nicht aufschreiben würde.

Er sollte seinen Namen dazu schreiben... Und vielleicht das Datum... Dann könnte Harry ihn besser zuordnen, wenn er ihn vielleicht irgendwann später aus der Schublade ziehen würde.

Tja, was nun...

Hilflos sah er den Zettel an. Dann wieder den Kugelschreiber in seiner Hand. Was tun?

Nun, wenn er nichts aufschreiben würde, würde er nichts hören. Und wenn er seine Nummer hinterlassen würde, bestünde doch zumindest die Chance, dass Harry sich melden würde, oder?
Also schrieb er seine Nummer auf, schrieb das Datum, seinen Namen und zur Sicherheit noch den Namen des Clubs dazu, legte den Zettel, bevor er es sich noch anders überlegte aufs Kopfkissen zurück und eilte aus der Wohnung.

Unten auf der Straße war es laut und voll. Im Grunde wie letzte Nacht nur in hell. Es stank.
Während Louis zur Straßenbahn eilte, um irgendwie zum Hauptbahnhof zu gelangen, wurde ihm langsam bewusst, dass die Nacht vorbei war.
Da war wieder er, Louis. Der unschuldige nette Junge vom Dorf. Der unschuldige nette Junge vom Dorf der gestern entjungfert wurde. Von Harry... Ach du Scheiße! Er wusste nicht einmal den Nachnamen! Oh, weh...

Zunächst kapitulierte Louis aber vor dem Straßenbahnnetz. Er fand den Bahnhof auf der Karte. Verstand aber nicht, auf welches Gleis er musste. Alles war irgendwie mit Farben und überall waren viele Leute. Er war noch nie allein Straßenbahn gefahren. Vermutlich würde er am Ende sonst wo landen. Bedröppelt verließ er die Bahnstation wieder.

Wohin nun? Gestern waren sie vom Bahnhof aus gelaufen. Das war auch gar nicht so weit gewesen. Nur in welche Richtung? Wo war denn der Club?

Louis ging in die Richtung, in der er den Nachtclub vermutete. Oh. Tagsüber sah der Ort, der nachts noch voller Möglichkeiten und Hoffnungen gesteckt hatte, aus, als habe er dringend einen Anstrich nötig. Gestern Nacht hatte alles geglänzt und geleuchtet. Jetzt sah alles seltsam matt und trostlos aus. Naja. Es zählte ja die Erinnerung.

"Alter, Tommo?! Bist du das?! Bor, bin ich froh, dich zu sehen, Mann!", rief ihm plötzlich eine offensichtlich leider obdachlose Person entgegen. Louis bekam Angst.
Ach nee. War Stan.

"Oh. Äh... Hi. Wollen wir nach Hause?", fragte Louis aufgeschreckt und fühlte sich irgendwie sehr verlassen.
"Ja, bitte. Bor, die Trulla hat mich heute morgen rausgeschmissen. Und ich hab den Weg zum Bahnhof vergessen. Also dachte ich, ich gucke Mal, ob noch wer kommt. Aber das ausgerechnet du eine abschleppst, hätte ich ja echt nicht gedacht. Respekt!", freute sich Stan aufrichtig für ihn.
"Äh... Hab ich nicht."
"Nicht?!"
"Nein..."
"Aber du hattest drinnen nen Platz? Bor, tut mir leid, Tommo. Ich war so besoffen... Ich hätte auf dich achten sollen..."
"Ich bin älter als du und ich passe schon auf mich auf.", sprach Louis möglichst deutlich und ignorierte dabei das komische Gefühl am Popo.

"Also geht's dir gut?"
"Ja. Aber ich weiß auch nicht mehr, wie es zum Bahnhof ging.."
"Ich glaub da lang."
"Wieso bist du dann nicht schon hin?"
"Ich kann nicht aufstehen. Hilfst du mir? Dann führe ich uns hin."
"Oh... Okay... Dann los.", sprach Louis und hiefte Stan auf die Beine.

"Alter, ohne Mist ey. Ich hab die so durchgenagelt... Ich glaub, ich kann ne Woche nicht wixen... Naja.. zwei Tage... Hm... Zumindest bis heute Abend nicht..."
"Gut zu wissen... Komm.", murmelte Louis unwohl. Er fand das befremdlich wenn Leute über sowas so redeten. Er lief schon beim Zuhören rot an. Schimpfwörter waren auch so gar nicht seins. Wenn man ihn in die Ecke drängen wollte, musste man nur sagen "Sag Mal ficken.". Sowas sagte er nie.

Seine eigene Verschlossenheit bei gewissen Dingen schien irgendwie die Informationsfreude der Leute um ihn herum aber sehr zu stimulieren. Denn die quakten ihm sowas alle laufend in die Ohren.

"Sie hat mich sogar geblasen und ich hab ihre Titten gelutscht und sie hat-"
"Wo müssen wir lang?", fragte Louis verzweifelt.
"Oh, da lang.", meinte Stan und deutete in eine Richtung, die Louis im Leben nicht vermutet hätte.
Tja, so viel dazu...

Tja, was nun?
Was denkt ihr? Kann das eine gute Story werden? Oder schon zig mal gelesen?
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Innocent - Wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt