Kapitel 26 - Optionen und Prioritäten

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Louis fühlte sich nicht wirklich wie ein Leuchtestern. Eher, als sei er Harry Schnuppe. Aber gut. Wie er selbst gesagt hatte: Harry hatte ihm nie mehr als das hier versprochen. Was für eine Grundlage hatte er also sich zu beschweren? "Ey! Du machst, was du gesagt hast, du Lump!" Oder wie?

"Was hältst du davon, wenn du am kommenden Wochenende her kommst und wir zusammen was Trinken gehen? Vollkommen ungezwungen?", fragte Liam.
"Nur ihr zwei?!", fragte Zayn empört.
"Nein. Wir alle..", nuschelte Liam was Zayn lachen ließ. Von wegen.
"Ich komme mit.", entschied Niall, dem Liams wahren Absichten wohl entgangen waren.
"Ich auch.", lachte Zayn."
"Äh.... klingt super... Aber ich fürchte meine Eltern werden gleich sauer auf mich sein und dann muss ich am Wochenende arbeiten... geht das Wochenende danach?", fragte Louis zerknirscht.
"Klar. Aber wieso sollten die sauer sein?", fragte Liam verwirrt.
"Naja..."
"Oh, lass mich raten: Ein gewisser Harry Styles hat gerufen und du bist hingeeilt und deine Eltern sind nicht begeistert über dein überstürztes Entschwinden?" Fragte Zayn.
"So ziemlich...", gab Louis beschämt zu.
"Okay, Hase. Spitz die Lauscher: Vernachlässige für Typen wie Harry niemals dein Umfeld. Lass für ihn nicht andere Hängen, auf die du dich verlassen kannst. Denn sonst wirst du für sie, wie er für dich ist. Du weißt, wie Scheiße sich das anfühlt.", bestimmte Zayn streng.
"Was du nicht willst, was man dir tut, das füg' auch keinem anderen zu.", sprach Niall als würde er jetzt gern ein Fleißkärtchen haben.

"Oh... Äh..."
"Glaub mir: du machst dich damit selbst zum Arsch. Du machst jemanden zur Priorität für den du nur eine Option bist."
"Ich weiß...", seufzte Louis. Deshalb wollte er das trotzdem nicht hören, denn es tat trotzdem irgendwie weh. Schon krass, dass er sich verknallt hatte, ohne es so richtig mitzubekommen und jetzt Herzschmerz bekam, ohne bisher zu wissen, wie das denn überhaupt ging.

Er wusste, dass die anderen Recht hatten. Seine Familie und er waren ein Team. Schon weil sie ja zusammen arbeiteten. Sie mussten sich auf einander verlassen können, weil sonst die andern eben auffangen mussten, was ein Einzelner liegen ließ. Und Stan und die anderen waren seine Freunde. Er konnte sich immer auf sie verlassen. Das kleine Engelchen auf seiner Schulter zerfloss förmlich vor schlechtem Gewissen. Aber da gab es eben auch den Typen mit den Hörnern. Und der schwärmte davon, wie sehr Louis es genoss, wenn Harry gefühlt seine ganze Aufmerksamkeit ihm schenkte. Wenn er Louis ansah und Louis das Gefühl hatte das für diesen Moment nur sie beide existierten. Wenn Harrys Hände ihn streichelten oder seine Lippen ihn berührten - dann fühlte sich Louis beinahe vollkommen. Er gierte danach. Ob das nun gesund war oder nicht. Für ihn selbst, für seine ganzen Beziehungen zu anderen Menschen oder sonst was. Es spielte in dem Moment keine Rolle. Es war, wie eine Sucht. Und wer machte sich in dem Moment, in dem er seinen Stoff bekam, schon Gedanken um das wenig erquickliche Gefühl hinterher?
Ein bisschen Trotz war auch dabei. Das musste er zugeben. Er war immer super angepasst gewesen und hatte nie Stress verursacht. Jetzt hatte er etwas gefunden, für dass sich der Stress für ihn überhaupt lohnte und das fühlte sich gut an. Auf eine kindische Weise vielleicht. Aber das schmälerte die Wirkung nicht. Harry zog ihn an, wie das Licht die Motte und Louis hatte das Gefühl, sich dagegen nicht wehren zu können. Was aber schwerer wog: er wollte sich gar nicht wirklich dagegen wehren.
Was dann im Umkehrschluss hieß, dass er sich eben heute sein Donnerwetter einfangen würde in dem Bewusstsein, dass er das Gleiche wieder tun würde.

Für den Rest der Zeit bei Niall hörte er mehr zu. Mit Liam und Zayn und Niall was Trinken zu gehen, klang in seinen Ohren sehr gut. Er fand Liam und Zayn sympathisch. Vielleicht würden sie ja Freunde werden? Zayn hatte gesagt, er würde gut aussehen und Liam hatte ihn wohl allein treffen wollen. Louis spürte, wie schon bei dem Gedanken seine Wangen rot wurden. Also so ein Kompliment zu bekommen war natürlich sehr schmeichelhaft und fühlte sich gut an. Aber es war eben auch so... Anders, als alles, was Louis kannte. Unter seinen Kumpels sagte man dem anderen nicht, dass der andere gut aussah. Das sollte er jetzt Mal bei Stan wagen. Der würde ihn direkt in die Kirche schleppen und im Weihwasser ertränken oder so.
Aber auch so sagte das keiner. Aber das war schön. Also selbst wenn Louis nun nicht entdeckt hätte, dass er offenbar auch Männer begehrte, wäre das doch schön?

Schließlich brachten ihn die anderen drei sogar noch zum Bahnhof und setzten ihn in den Zug. Weil Louis dann beim Ausstieg keine Lust auf eine Standpauke im Auto von seinen Eltern oder Stan hatte, beschloss er die fünf Kilometer auch laufen zu können und kam so erst zu Hause an, als es schon fast dunkel war.
Auf in die Höhle des Löwen.

Seine Mutter und Schwestern saßen beim Abendbrot, sein Vater war im Pub arbeiten. Wow. Perfektes Timing.

"Oh, Hallo Louis. Nett, dass du auch Mal wieder vorbei guckst.", sprach seine Mutter, die mit dem Rücken zu ihm saß. Oh oh...

"Es... Ich hätte euch vorher vernünftig Bescheid sagen sollen..."
"Wo warst du überhaupt?", fragte seine Mutter und drehte sich mit so viel Schwung herum, dass sie fast vom Stuhl gefallen wäre.

"In London..."
"Oh. Wie ich an deinem Hals sehe, wieder bei ihr..."
"Ja...", murmelte Louis und stellte fest, dass es ihn störte. Zu sagen, es ginge um ein Mädchen. Es war einfach falsch. Einen Jungen zu mögen, war genau so richtig...
Er versuchte seinen Hals etwas unter dem Kragen seines Pullovers zu verstecken.

"Louis, es ist okay, dass du bei ihr sein möchtest. Dafür haben wir vollstes Verständnis. Wirklich. Und wir drängen dich auch nicht, sie uns vorzustellen. Aber: wir sind eine Familie und ein Unternehmen. Man sagt sich vernünftig Bescheid und lässt nicht einfach alle hängen. Mal abgesehen davon warst du ja auch heute morgen nicht in der Schule."
"Ich kann mich selbst entschuldigen.", merkte Louis sofort an. Immerhin hatte er sich auf die Aussage vorbereitet.

"Bei den Lehrern, ja."
"Aber...?", fragte Louis.
"Stan bittet um Rückruf. Louis, frisch verliebt zu sein ist das Eine. Seine Freunde hängen zu lassen, sowohl beim Fußball, als auch in der Schule das andere."
"Jaha...", murmelte Louis. Auf die Aussage war er leider nicht vorbereitet.

"Gut. Möchtest du was Essen?", fragte seine Mutter und Louis wusste, dass es das für zu Hause gewesen war.
"Nein. Danke. Ich... Ich telefoniere mit Stan und dann helfe ich Papa.", entschied Louis.
"Zumindest wenn du Stan überlehebst...", sang Lotti.
"Er mag dich gerade wie seinen Tee...", sprach Phoebe.
"Hä? Vier Minuten gezogen?"
"In einem Beutel, umgeben von Wasser..."

Tja, armer Louis. Würdet ihr euch da herein reden lassen?
Bis dann.
Viele Grüße

Innocent - Wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt