23. Schlechte Nachrichten

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Ich lebte mit Akio und Furu zusammen in einem kleinen Häuschen am See des Zorns. Unsere Hauptaufgaben waren das Ausstatten der Räumlichkeiten im neuen Hauptquartier und die Türwache. Diese erfolgte durch die Arbeit im Souvenirladen. Team Rocket verscherbelte kitschige Karpador-Figuren an vorbeiziehende Touristen, von denen es in dem kleinen Örtchen erstaunlich viele gab. Außerdem betrieben wir ein florierendes Geschäft mit Kopien des Eisordens, welches von Norbert abgesegnet war. Eigentlich war ich ganz zufrieden mit meiner neuen Situation, Akio und ich hatte Freiheiten, wie wir unsere Dienste verteilen und gestalten wollten. Der See des Zorns war ein Paradies für Spaziergänge und Angelausflüge und die Nähe zu Teak City brachte eine Menge anderer Möglichkeiten mit sich. Einzig die andauernde Kontrolle des Fortschritts durch Athena oder, noch schlimmer, Dance-a-lot , waren reichlich nervig. Lance war trotz unserer eindeutigen ersten Begegnung noch immer hinter mir her, was schließlich dazu führte, dass sich selbst Akio und Furu in die Sache einmischten. Mit ebensowenig Erfolg. Mir blieb nichts anderes übrig, als Dance-a-lots Anmachversuche zu ignorieren oder weiterhin zu kontern.

Akio und ich saßen zusammen beim Abendessen, etwa drei Wochen nach meiner Ankunft. Furu war, ohne Aufsicht, unterwegs im Namen des Teams. Dieses Simsala war erstaunlich. Nicht nur, dass er sich in menschlicher Sprache ausdrücken konnte, er verhielt sich auch kaum wie ein Pokémon. Man konnte lange und tiefgründige Diskussionen mit ihm führen. Er ging selbstständig einkaufen und wehrte Trainer ab, die ihn einfangen wollten. Eigentlich fehlte es nur noch, dass er selbst Pokémon trainierte und eine der albernen Rocket-Uniformen trug.

Im Hintergrund lief das Radio, irgendein mittelmäßiges Lied aus UEinall. Ein Piepsen unterbrach die eintönige Melodie, dann folgte eine Durchsage.

»Wir unterbrechen das aktuelle Radioprogramm für eine Eilmeldung. Ein vulkanisches Beben hat die Zinnoberinsel in Kanto erschüttert. Bei dem Erdstoß der Stärke fünf wurden große Teile des nördlichen Laborkomplexes, der sogenannten Pokémon-Villa, beschädigt. Aktuell ist unklar, ob auch Menschen zu Schaden gekommen sind. Wir halten Sie auf dem Laufenden.«

Sie setzten das Lied fort.

Akio starrte auf das Radio. Er schüttelte den Kopf. Einige Nudeln tropften von seinen Stäbchen zurück in die Schale. »Ein Erdbeben? Das Labor?«

»Das haben sie gesagt.« Ich setzte meine Schüssel an die Lippen und trank die Brühe, aus der ich zuvor alles kaubare gefischt hatte. Meine Hände zitterten. Hoffentlich hing dieses Erdbeben nicht mit dem Verschwinden von Entei zusammen.

Akio legte seine Essstäbchen ordentlich neben der Schale ab. Er stand auf. »Wir müssen Athena Bescheid geben.«

»Weshalb?«

»Das nördliche Labor gehört dem Boss. Es ist Teil von ›Projekt Mew‹.«

Meine Schüssel zersprang auf dem Tisch.

Das Projekt und den ständigen Aufenthalt des Bosses auf der Zinnoberinsel hatte ich völlig vergessen. Gleichgültig, ob das Beben mit Entei zu tun hatte oder nicht, es war eine Katastrophe, die uns betraf. Ich nickte heftig, sprang auf und eilte zur Tür.

Akio folgte mir.

Wir rannten den Weg nach Mahagonia entlang.

Ich musste eine Möglichkeit finden, auf die Zinnoberinsel zu gelangen. Ich musste herausfinden,

was passiert war, was hinter dem Beben steckte. Ich stockte im Lauf. »Ist Furu im Versteck?«

Akio antwortete nicht. Er stolperte in das Zollhäuschen, wo einige unserer Kollegen die Stellung hielten. Er grüßte sie knapp, klammerte sich an einen Stuhl und schnaufte. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Warum?«

Ich verzog das Gesicht. War es eine gute Idee, ihn in die Dinge einzuweihen? Vermutlich nicht, aber immerhin war Furu sein Pokémon. »Ich muss auf die Zinnoberinsel. Dringend.«

Akio hob den Kopf. Er runzelte die Stirn.

Ich winkte ab, ehe er nachfragen konnte. »Eine persönliche Sache.«

»Wie du meinst.« Er richtete sich auf, verließ das Gebäude mit raschen Schritten, ohne zu rennen.

Ich folgte ihm das letzte Stück nach Mahagonia.

Furu war gerade im Begriff, den Andenkenladen zu betreten, als er uns sah. Er hielt inne.

Ich hastete an Akio vorbei auf das Simsala zu und packe es am Arm. »Ich muss auf die Zinnoberinsel, so schnell wie möglich!«

Furu wandte den Kopf erst zu Akio, dann wieder zu mir. »Ich habe keine Ahnung, was los ist.«

»Das ist nicht wichtig. Bring mich einfach hin!«

Furu sah erneut auf seinen Trainer.

Ich folgte seinem Blick. »Er kann sofort wieder zu dir zurück kommen. Aber es ist wirklich verdammt dringend!«

Akio zuckte mit den Schultern. »Es gab ein Erdbeben. Das Labor wurde dabei zerstört.«

Furu nickte.

Verborgene LegendenWhere stories live. Discover now