4. Vicious

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Toyoshi trieb mich vor sich her durch die Gänge des Gebäudes. Sein Büro lag in der hinteren Ecke eines tieferen Stockwerks, so dass wir den ganzen Weg zu einem Aufzug am anderen Ende zurücklegen mussten. Ich konnte nicht ausmachen, wieviele Stockwerke wir nach oben fuhren, aber kaum dass ich mich an die Fahrt gewöhnt hatte, stoppte der Aufzug auch schon wieder und der Rocket drängte mich, auszusteigen. Er brachte mich in ein Büro, welches näher an dem Schacht lag.

Als er die Tür öffnete, kam uns bereits ein Mann mit einem hässlichen gelben Maskenhelm entgegen. Er beachtete mich nicht. »Ah, Yoshi. Wie sieht es aus? Funktionieren die Dark Balls wie geplant?«

Toyoshi schob mich völlig in das Büro und schloss die Tür hinter uns. Er blieb an der Tür stehen. »Es freut mich auch, dich zu sehen. Bevor wir zum eigentlichen kommen, muss ich dich um etwas bitten.«

»Mich?« Der Mann verengte die Augen und grinste. Er kehrte hinter seinen Schreibtisch zurück und nahm eine wichtige Haltung an. »Worum geht es? Wer ist überhaupt dein Gast? Wird Akida nicht eifersüchtig, wenn du fremde Mädchen mitbringst?«

»Um diesen Gast geht es.« Toyoshi stieß mich in die Rippen.

Ich trat bis an den Schreibtisch vor.

Der Rocket blieb neben mir stehen. »Sie hat Wind von deinem kleinen Experiment bekommen. Ich kann nicht sagen, dass sie gefährlich wäre, aber ich kann sie auch nicht gehen lassen. Akida ist der Meinung -« Er brach ab und schüttelte den Kopf. »Wie auch immer. Wir haben beschlossen, dass sie bei dir besser aufgehoben ist. Jedenfalls, bis der Boss über sie entschieden hat.«

»Du willst den Boss mit einem verirrten Kätzchen belästigen? Ich bin mir nicht sicher, ob er das gut finden wird.«

»Ob er es gut findet oder nicht, wir können nicht auf eigene Faust über einen Eindringling entscheiden. Auch nicht über einen Mitwisser. Im Moment gibt es keine klaren Ansagen, schon vergessen?«

»Der Boss ist mit seinem neuen Spielzeug viel zu beschäftigt.« Der Maskenmann machte eine wegwerfende Geste. »Aber er hat niemals den Befehl aufgehoben, hat er?«

»Hör zu, ich habe keine Lust mich mit dir über diese Dinge zu streiten.« Toyoshis Stimme wurde flacher. »Überimm einfach die Verantwortung für sie, bis ich mit dem Boss geredet habe, okay? Akida macht mir sonst die Hölle heiß.«

»Und sie hat vollkommen recht damit. Willst du jetzt auch vor unserem Neuling über das Experiment reden?«

»Nicht nötig. Die Dinger funktionieren.« Der Rocket legte drei der seltsamen Pokébälle auf den Schreibtisch, dazu meine beiden eigenen Bälle. »Zwei der Pokémon in den Dark Balls, ein Bisasam und ein Arkani, gehören ihr. Ich hab allerdings nicht ausprobiert, wie die Bälle den Gehorsam beeinflussen. Dazu bin ich aus Gründen nicht mehr gekommen. Die anderen Biester gehören auch ihr, du musst schauen, ob was Brauchbares dabei ist.«

Ich schluckte eine wütende Bemerkung hinunter. Es war jetzt nicht der passende Moment, um einen Aufstand anzuzetteln. Ich konnte nur hoffen, dass keines meiner Pokémon so brauchbar war, dass ich es nie wieder zurückbekam. Oder so unbrauchbar.

»Ich verstehe.« Der Maskenmann nahm die Bälle an sich und winkte dann Toyoshi mit dem Handrücken von sich weg. »Du kannst gehen. Ich denke mit dem Kätzchen werde ich alleine fertig.«

Toyoshi deutete eine Verbeugung an und verließ rückwärts das Büro.

Der Mann hinter dem Schreibtisch beugte sich vor. »Gut, Kätzchen, wie heißt du?«

Ich rümpfte die Nase. Ich hatte weder Interesse, bei diesem schäbigen Team zu bleiben, noch mich diesem Kerl unterzuordnen. Andererseits wollte ich auch nicht einfach entsorft werden und vielleicht ergab sich auf diese Weise eine Chance zur Flucht. Ich seufzte. »Mein Name lautet Jotaka.«

»Jotaka weiter?«

»Tut nichts zur Sache.«

Der Maskenmann lehnte sich wieder zurück. Er verschränkte die Arme. »Wie du meinst, Jotaka. Man nennt mich Vicious, ich bin für Gesindel wie dich zuständig. Für Gesindel und für all die hübschen Experimente, die im Hintergrund ablaufen und dich nichts angehen.«

Vermutlich war die Maske nicht das einzig Wahnsinnige an diesem Kerl. Ich spannte mich. »Was genau bedeutet das?«

»Ich werde aus dem Straßenkätzchen eine von uns machen. Und dabei ist es mir völlig gleich, wie. Wenn du dich nicht formen lässt, dann werde ich dafür sorgen, dass du uns nicht in die Quere kommen kannst. Yoshi ist viel zu weich, er handelt nicht ohne ausdrückliche Anweisung von ganz oben. Aber ich sehe die Sache weniger eng. Wie die meisten hier. Ich hoffe, wir verstehen uns, Jo-Ta-Ka.«

Ich nickte. Ich hätte ihn auch ohne seine überzogene Rede verstanden. Aber er unterschätzte mich, wenn er glaubte, dass ich einfach mitarbeiten würde. Ich war ein stolzes Mitglied der Arkani-Gang und was würde es mir für Pluspunkte bei Nat einbringen, wenn ich ihn zum Versteckt unserer schlimmsten Feinde führen konnte. Selbst die Polizei setzte unseren Geschäften nicht so zu wie Team Rocket. Ich würde mitspielen, aber mit Sicherheit nur nach meinen Regeln.

»Gut. Dann werden wir gleich anfangen.« Vicious ließ seine Fingerknöchel knacken. »Ich bin gespannt, wie lange du dieses unverschämte Gesicht tragen wirst.«

Verborgene LegendenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt