9. Zeit vergeht

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Es verging etwas mehr als eine Woche, bevor Nat und die Gang das Versteck angriffen. Um ehrlich zu sein hatte ich die Hoffnung auf einen Angriff schon aufgegeben und war entsprechend überrascht, als ich Mörder, Nats Arkani, durch die Gänge huschen sah. Ich folgte ihm und fand Nat und die anderen an der Treppe, die nach oben führte.

»Hättest du nicht etwas weniger Auffälliges zum Spähen schicken können?« Ich schüttelte den Kopf. »Hier unten laufen keine großen Pokémon frei herum!«

»Du hättest uns auch einen Lageplan malen können.« Nat schnaubte. »Wie kommen wir zu den wichtigen Leuten?«

»Die verstecken sich hier überall. Der Maskenmann ist in seinem Büro, da hinten.« Ich deutete den Gang hinab. »Und diese Akida wird ganz unten bei ihrem Macker sein. Aber schaltet zuerst Vicious aus, bevor ihr nach unten geht. Wenn ihr an seinem Büro vorbei seid, könnt ihr den Aufzug sehen. Ich warte da. Und versucht, nicht aufzufallen. Ich weiß nicht, wie schnell die Rüpel sich hier versammeln können.«

»Lass das unsere Sorge sein, Kleine.« Kassandra lehnte sich an Nat und musterte mich abfällig. »Wir werden das schon hinbekommen. Mach du einfach dein Ding und warte auf uns am Aufzug.«

Nat schob sie zur Seite. »Wo ist der Boss?«

»Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nie gesehen, aber vermutlich ist er nicht hier. Wenn die Vorstände über ihn reden, ist er immer auf der Zinnoberinsel.«

»Hätten wir dann nicht da angreifen sollen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Es geht nicht darum, den Boss zu fangen, sondern ihre Leute auszuschalten, oder nicht? Also, ich warte am Aufzug. Und denkt dran, erst das Büro ausräumen!« Ich ging über den Gang zum Aufzug, ohne mich nach den Anderen umzusehen.

Die Aufzugtür öffnete sich.

Ich fluchte.

Toyoshi und Akida traten auf den Flur, gefolgt von zwei handvoll Rüpeln, die sofort zum Gegenangriff auf die Arkani-Gang ansetzten. Ehe ich auf irgendetwas reagieren konnte, packte Toyoshi mich am Arm und zerrte mich zu sich in den Aufzug. Er schlug auf die Tasten am Auswahlfeld. Der Aufzug hielt im untersten Stockwerk. Toyoshi zerrte mich wortlos hinter sich her und stieß mich in das Badezimmer an seinem Büro.

Ich rappelte mich auf und rüttelte an der Tür.

Sie war abgeschlossen, natürlich.

Ich schnaubte, trat gegen die Tür und setzte mich schließlich auf den Rand der Badewanne. Unser Plan war aufgeflogen, noch bevor wir ihn überhaupt beginnen konnten. Und irgendjemand musste Wind davon bekommen haben, dass ich noch immer mit den Arkanis zusammenarbeitete. Wahrscheinlich würde ich keine Wahl mehr haben, wenn die Tür sich öffnete. Akida würde ihren Spaß haben und die ganze Sache war vorbei. Das war also das glorreiche Ende meiner wenig glorreichen Geschichte. Danke auch.

Vor der Tür telefonierte Toyoshi mit jemandem. Ich konnte seine Stimme hören, aber nicht die seines Gesprächspartners. Und wie schon beim ersten Mal verstand ich kein Wort von dem, was er sagte. Ich hatte noch nie vorher einen Kerl so leise sprechen hören.

Was wohl aus meinen Leuten werden würde? Eins stand fest, wenn ich die Sache überleben sollte, wovon ich nicht ausgehen konnte, würde ich nicht mehr zurück können. Ich war an dieses verdammte Team Rocket gebunden, in Leben und Tod. Vielleicht war der Tod dann tatsächlich die bessere Option. Ich stand auf und lief im Kreis auf dem Badezimmerteppich.

Verborgene LegendenWhere stories live. Discover now