2. Entdeckung

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Wir holten den Reiter erst kurz vor der Passage nach Saffronia City ein. Ich gab Bisha den Ball in die Ranke und schickte ihn voraus. Ich selbst verbarg mich im hohen Gras, wie die jungen Trainer, die so auf eine Chance zu einem Kampf hofften. Während ich mein Bisasam beobachtete, musste ich mich gegen ein aufdringliche Myrapla zur Wehr setzen, welches immer wieder versuchte, sich ausgerechnet unter meinem Schuh einzugraben. So erkannte ich zu spät, dass das Gallopa Bisha bemerkt haben musste.

Es hatte den Kopf gehoben und witterte in Richtung meines Partners, ohne jedoch innezuhalten. Der Rocket auf seinem Rücken war angespannt und wandte den Kopf von rechts nach links und wieder zurück. Er zog an den Zügeln seines Reittieres, was das Gallopa mit einem wütenden Schnauben quittierte. Er musste Bisha gesehen haben.

Ich schluckte. In Momenten wie diesen war es schlecht, dass sich das Bisasam mir freiwillig angeschlossen und ich es dabei belassen hatte. Pokèbälle konnten auf Dauer ins Geld gehen und deshalb hatte ich darauf verzichtet, Bisha in einen zu sperren. Er wich mir ohnehin nicht von der Seite. Aber deshalb konnte ich ihn jetzt auch nicht zurückrufen. Ich biss mir auf meine Unterlippe. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinem Partner zu vertrauen, wenn ich mich nicht auch in Gefahr bringen wollte.

Bisha erkannte zu spät, dass er entdeckt worden war. Als er den Ball fallen ließ, hatte sich das Gallopa schon zu ihm umgewandt und attackierte ihn mit Glut oder vielleicht einem sehr schwachen Feuerwirbel. Durch das hohe Gras konnte ich nicht klar erkennen, wie der Kampf verlief. Bisha war gut ausgebildet, wir trainierten verschiedene Manöver, wann immer wir Zeit hatten und gegen einen Gegner ohne Vorteile hätte er sich sicher durchsetzen können. Aber das Gallopa schien ebenfalls erfahren zu sein und es war im Vorteil.

Ich spähte vorsichtig durch das Gras. Wenn es zu gefährlich wurde, musste ich eingreifen, auch wenn ich mich damit in Gefahr brachte. Ich konnte Bisha nicht im Stich lassen.

Das Gallopa sprang zurück, um einem Rasierblatt auszuweichen.

Für einen Moment fühlte ich eine widerwillige Bewunderung für seinen Reiter, der es schaffte, auch bei diesen Manövern im Sattel zu bleiben. Ich hatte überhaupt noch nie ein Pokémon kämpfen sehen, dessen Trainer sich auf seinem Rücken befand. Der Rocket musste ein herausragender Trainer sein. Bisha hatte wirklich ein gutes Auge.

Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine Zeit für diese Gedanken. Ich musste Bisha zur Hilfe kommen, er hatte keine Chance gegen den Reiter. Ich zückte den Pokéball meines Arkanis und ließ das stolze Zeichen unserer eigenen Organisation in den Kampf eingreifen.

Der Rocket reagierte prompt. Er riss sein Gallopa herum und näherte sich langsam meinem Versteck.

Ich sprang auf, schoss an ihm vorbei und nahm Bisha auf meine Arme, dann floh ich in Richtung der Unterführung nach Azuria City. Der Tunnel war zu niedrig für einen Reiter und ich hoffte, bis der Rocket sein Gallopa zurückgerufen hatte, einen guten Vorsprung zu haben. Doch eine Attacke des Feuerpferdes vor meine Füße ließ mich zurücktaumeln. Ich sah über meine Schulter.

Das Gallopa stürmte auf mich zu.

Ich duckte mich unter dem Griff des Reiters weg und pfiff nach meinem Arkani. So albern ich Nats Idee fand, uns alle über ein bestimmtes Teampokémon zu identifizieren, so froh war ich jetzt über den Löwenhund. Ich legte Bisha auf seinen Schultern ab, griff in seine Mähne und zog mich im Lauf auf seinen Rücken. Ich drückte Bisha fest an mich. »Zurück in die Stadt!«

Das Arkani wirbelte herum und rannte durch die Felder vor Orania City, verfolgt von dem Reiter auf dem Gallopa.

»Bleib gefälligst stehen!«

Ich duckte mich dichter in die Mähne meines Reittieres und spornte es nur noch mehr an. Wenn wir erst einmal in Orania City waren, konnte ich das Arkani zurückrufen und in der Menge untertauchen. Ich kannte die Stadt wie meine Westentasche, der Rocket würde mich im Leben nicht ausfindig machen können. Ich musste nur rechtzeitig dort sein, ehe das Gallopa uns eingeholt hatte. Zum Glück war Arkani schnell.

Ich hatte den Gedanken noch nicht richtig gefasst, als ich spürte, dass ich in der Luft schwebte. Arkani musste gestolpert sein und ich den Halt verloren haben. Ich presste Bisha an mich und rollte mich um ihn zusammen, um den Sturz für uns beide abzufangen. Noch im Fall bemerkte ich, dass Arkani verschwunden war. Hatte der Rocket es gefangen? Aber wie? Arkani gehörte zu meinem Team. Er war bereits an einen Pokéball gebunden. Meine Verwunderung wurde durch den harten Aufprall meines Kopfes auf den Boden beendet. Ich schluckte die Übelkeit herunter und blinzelte. Die Welt war grau und verschwommen, mein Kopf pochte als ob eine Horde wütender Menki darin raste. Ich stöhnte.

Der Rocket beugte sich über mich.

Ehe ich endgültig das Bewusstsein verlor, sah ich, dass er einen der seltsamen Bälle gezückt hatte. Ich presste Bisha noch fester gegen meine Brüste, aber ich konnte nicht verhindern, dass er in den Sog des Balls geriet.

Verborgene LegendenWhere stories live. Discover now