17. Das Dreigestirn

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Wir kehrten gemeinsam nach Prismania zurück, wo ich den Rest der Nacht und den gesamten Vormittag im Gemeinschaftsschlafraum der Rüpel verbrachte. Toyoshi weckte mich am Mittag und führte mich in sein Büro. Er deutete auf das Sofa, setzte sich dann neben mich und schüttelte den Kopf.

»Ich habe mit Akida geredet wegen der Sache gestern. Sie versteht es zwar nicht vollständig, aber sie wird den Vorfall auf sich beruhen lassen. Die ganze Sache ist nicht deine Schuld.«

»Dann haben wir was gemeinsam, sie und ich. Ich verstehe auch nicht, was passiert ist.«

Toyoshi presste die Lippen zusammen.

»Was war das gestern Nacht? Wer war diese Frau und wie kommst du zu Arktos?«

»Wie kommst du zu Zapdos?« Er seufzte. »Die Legendären suchen uns aus, nicht wir sie. Ich habe nur keine Ahnung, warum sie das tun. Ich weiß nur, dass sie mich schon früher einmal gerufen haben. Suicune, um genau zu sein. Als ich ein Kind war, hatten mein Vater und ich einen Unfall. Es regnete in Strömen und wir sind von der Straße abgekommen, mit einem Motorrad. Drüben, auf dem Radweg. Ich war schwer verletzt und mein Vater sagt, dass es ein Wunder war, dass ich überlebt habe. Aber ich erinnere mich, dass ich Suicune gesehen habe, bevor ich bewusstlos geworden bin.«

Ich prallte zurück, runzelte die Stirn, schüttelte heftig den Kopf. »Suicune?«

Er nickte. »Wer war es bei dir?«

»Mir ist Raikou begegnet, genauso wie mir gestern Zapdos begegnet ist. In einem heftigen Gewitter. Aber was hat das mit der Sache von gestern zu tun?«

»Die Legendären halten die Welt im Gleichgewicht. Die Mächte der Elemente, das Verhältnis von See und Land, von Leben und Tod, von Zeit und Raum. Unglücklicherweise sind das nicht bloß Legenden. Wenn sich die Kräfte zu nahe kommen, heben sie sich gegenseitig auf und alles stürzt ins Chaos. Die gegensätzlichen Legendären müssen sich so weit wie möglich von einander entfernt aufhalten.«

»Deswegen ist Zapdos ausgewichen.«

Toyoshi nickte erneut. »Dieses Verbot der Nähe gilt für die Pokémon genauso wie für die Menschen, die von ihnen erwählt worden sind. Wächter, Prinz und König dürfen nicht zu nahe beieinander leben, wenn sie das Gleichgewicht der Welt nicht riskieren wollen. Aber offensichtlich ist es dafür zu spät. Die Mächte sind geschwächt genug, dass einfache Menschen sie fangen und für sich missbrauchen können.«

»Warte. Warte.« Ich stand auf. »Du meinst, weil wir beide hier sind, wurde Lavados gefangen? Ist das nicht ziemlich lächerlich?«

Er stand auf, ging zu seinem Schreibtisch und holte die Kette. Er drückte sie mir in die Hand. »Das ist das, was die Legenden sagen. Die Fahnder sind schon lange hinter den Legendären her, um sich ihre Macht zunutze zu machen. Als das Gleichgewicht vor ein paar Jahren zu kippen begann, sind sie auf uns zu getreten und haben den Boss um seine Hilfe gebeten. Team Rocket hätte seine eigenen Legendären fangen und nutzen können. Wir hätten gemeinsam mit den Fahndern die Welt regieren können.«

»Und der Boss wollte nicht?«

»Der Boss hat gute Gründe, nicht zu wollen. Nicht, dass ihn die Aussicht auf legendäre Pokémon oder uneingeschränkte Macht nicht reizen würde. Aber was nutzt die Macht, wenn es keine Welt mehr zu regieren gibt? Das hat er jedenfalls so gesagt. Einige Vorstände waren nicht seiner Meinung, aber die Gegenstimmen waren schnell erstickt. Er hat das ›Projekt Mew‹ gegründet. Aber das ist eine andere Sache, die hier nicht hingehört.« Er setzte sich wieder neben mich und deutete auf den leuchtenden Kern des Anhängers. »Erinnert dich dieses Fahnderamulett nicht an etwas?«

Ich schüttelte den Kopf, hob das Amulett vor meine Augen und betrachtete es eingehend von allen Seiten. Es hatte diesen leuchtenden Kern, vielleicht ein Edelstein oder dergleichen, und die Fassung, die sich wie eine Kralle um den Stein bog. »Es hat Ähnlichkeit mit einem Dark Ball, ein wenig.«

Toyoshi machte ein zustimmendes Geräusch. Er stand erneut auf und holte die beiden Bälle, mit denen ich das Abra und das Xatu gefangen hatte. »Entfernt, nicht wahr? Das ganze macht mir ein wenig Sorgen, wenn ich ehrlich bin. Vicious hat damals den Vorschlag gemacht, einige der Fahnder für die Suche nach Mew einzusetzen. Der Boss hat dem schließlich nachgegeben, immerhin kennen sich die Fahnder mit Mythen und Legenden aus und waren auf ihre eigene Art wohl eine Bereicherung für die Suchtrupps. Aber wenn ich mir das so ansehe ...«

»Wenn der Boss gegen die Sache ist, solltest du ihm vielleicht Bescheid geben?«

»Das muss ich so oder so. Die Fahnder stehen seit dem Abschluss von ›Projekt Mew‹ auf der schwarzen Liste. Wir dachten, sie hätten sich zurückgezogen oder aufgelöst, nachdem wir unsere Hilfe verwehrt haben. Aber offensichtlich haben sie andere Mächte gefunden.« Er stand auf, ging zur Tür und schüttelte den Kopf. »Du solltest nicht vergessen, was passiert ist. Ich fürchte, das war erst der Anfang.«

Verborgene LegendenWhere stories live. Discover now