#39- Zehn Schreckens Minuten und sehr viel Neues.

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Zu schnell wird mein Gehirn dazu gezwungen mit der Situation fertig zu werden. Eigentlich bräuchte ich erstmal mindestens zehn Schreckens Minuten, in denen die Welt einmal kurz stehenbleibt, damit ich meine Gedanken ordnen- und eine richtige Entscheidung zu meinem weiteren Handeln treffen kann.

Doch leider ist auch das mir nicht vergönnt. In meiner tief verankerten Rationalität gehe ich einfach stumpf und mit erhobenen Kopf an den beiden vorbei und bete, dass ich unbemerkt davon kommen mag. Leider wird auch dieser Wunsch mir nicht erfüllt.

Hallo? Schicksalsengel? Hab ich euch nicht eine imaginäre Merci-Tafel geschenkt?! Ist das jetzt der Dank dafür? Ich verzichte!

Aus den Augenwinkel sehe ich, wie Jace die Blonde bestimmend von sich wegdrückt, als er mich wahrnimmt. Wenigstens etwas! Also ist er nicht so kaltherzig und knutscht weiter mit ihr herum, um mir mein Leben noch schwerer zu machen.

Jetzt nimmt auch Blondi mich war, während sie sich verlegen über ihre Lippen streicht. „Das tut mir jetzt aber leid, wir dachten der Flur wäre leer", entschuldigt sie sich mit einer nervenden, sehr quietschenden Stimme. Warum haben solche Mädchen immer so schreckliche Stimmen? Gehört das mit zum Paket? Blond, dürr, zickig und eine Stimme, die einen zu einer Schachtel Aspirin greifen lässt? Oh man!

Ich stammle ein paar unverständliche Worte, bei denen glaube ich auch ein ‚Kein Problem' dabei ist und will mich gerade umdrehen, als mein persönlicher Albtraum weiter versucht Konversation mit mir zu betreiben. Was soll das denn jetzt?

„Oh mein Gott! Du bist die Neue aus Deutschland richtig?", plötzlich fängt sie an ganz langsam mit mir zu reden, als wäre ich geistig nicht ganz auf  der Höhe. „Verstehst du Englisch oder soll ich deutlicher und langsamer reden?" Sie schaut mich mit großen grünen Augen an, ihre Lippen sind zu einem mitleidigen Lächeln verzogen. Insgesamt ist es nicht zu übersehen, dass sie eine wirkliche, klassische Schönheit ist, auch wenn mir das so gar nicht passt.

Ihre Gesichtszüge sind perfekt aufeinander abgestimmt und ziemlich symmetrisch, soweit wie ich das beurteilen kann. Ihre großen Augen sind von natürlich langen, schwarzen Wimpern umgeben. Ihre Nase ist sehr gerade, nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Außerdem hat sie unnatürlich hohe Wangenknochen und sehr gleichmäßig geschwungene Lippen. Auf dem ersten Blick kann man wirklich überhaupt keine Unstimmigkeiten erkennen, wahrscheinlich auch nicht auf dem zweiten oder fünften. Immer noch lächelt sie mich an, während ich sie nur dumm anstarre. Großartiger Zug Stella, wirklich klasse! Doch bei diesem Anblick kann man nicht wirklich anders. Man will sich nur begraben oder weinend, schnell zu einem Schönheitschirurgen laufen. Vielleicht vorher noch eine Bank überfallen, damit man es sich leisten kann.

Ahhhhhhhh!

„Ehm, klar natürlich verstehe ich Englisch!", antworte ich so schnell wie ich kann hoffend, dass mein kleiner Ausfall unbemerkt geblieben ist und dass ich kein grammatischen Fehler in den ersten englischen Satz gehauen habe, den ich mit ihr gewechselt habe.

„Oh okay. Na dann, ich bin Cassandra und das ist mein Freund Jace. Falls du irgendwelche Fragen hast oder Hilfe brauchst, kannst du mich gerne ansprechen. Ich bin nämlich auch Schülersprecherin und somit automatisch für dich verantwortlich." Sie strahlt mich an, was ihre Züge noch schöner scheinen lässt und streckt mir eine zierliche, perfekt manikürte Hand entgegen.

Komplett Überfordert mit dieser Situation schüttle ich ihre Hand und schäme mich dabei für meine abgekauten Fingernägel und den alten Nagellack, den man noch erkennen kann. Ich schaue dabei zu Jace, der seine Arme vor der Brust verschränkt hält. Seine ganze Körperhaltung wirkt abweisend, doch sein Blick spricht Bände. Ich sehe die ganze Zärtlichkeit und das unausgesprochenen Leid, was sich in ihm verbirgt und klar bin ich immer noch tierisch wütend auf ihn, doch ich glaube das was er mir gesagt hat. Genau vor dieser Situation hatte er mich gewarnt. Ich denke nicht, dass er lügt. Also drehe ich mich zu Jace und strecke auch ihm meine Hand entgegen.

„Hallo Jace", überrascht löst er sich aus seiner starren Position und nimmt meine Hand vorsichtig in seine. Damit ich nicht das Gefühl seiner Haut auf meiner an mich heranlassen kann, ziehe ich meine Hand genauso schnell wieder weg, wie ich sie ihm gegeben habe.

Dann entschließe ich mich entgegen meines Instinktes einfach nett zu sein.

„Also ich heiße Stella, schön schon mal zwei Gesichter zu kennen, danke für die angebotene Hilfe. Ich hätte da auch schon eine Frage. Wie komme ich zu diesem Raum?"

Cassandra lächelt mich noch freundlicher an und nimmt mir vorsichtig meinen Stundenplan aus der Hand. Während sie ihn konzentriert betrachtet, traue ich mich noch mal kurz zu Jace zu linsen. Dieser schaut mich ungläubig an. Ich beschließe alles auf eine Karte zu setzten und zwinkere ihm zu, auch wenn ich ihn vor fünf Minuten noch sehr gehasst habe.

So ein ‚zerstückeln und Überbleibsel im Wald vergraben' Hassen. Aber ich bin ja nicht umsonst von der weiblichen Rasse. Klar hat er mir einiges zu erklären und wenn ich merke, dass er mich anlügt, schicke ich ihn sowas von in die Wüste, doch momentan glaube ich einfach, dass da irgendetwas im Busch ist.

„Oh das passt ja, ich muss auch zu Mathe, also kann ich dir den Weg perfekt zeigen."

Sie dreht sich zu Jace und drückt ihm eine Kuss auf die Lippen. „Wir sehen uns in der Mittagspause Süßer", verabschiedet sie sich von ihm, der mein Verhalten anscheint immer noch nicht so wirklich fassen kann.

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Einen halben Tag später bin ich mit den Nerven am Ende. Gefühlte tausende Menschen haben sich mir vorgestellt. So viele neue Gesichter, wirklich Wahnsinn! Und eines scheinen alle gemeinsam zu haben. Sie sind alle von Cassandra beeindruckt und beschreiben sie als den tollsten Menschen der Welt. Keiner äußert sie auch nur im Entferntesten negativ zu ihr. Ist das nicht toll?

Har. Har.

Scheint als habe Jace eine Superfreundin. Und nicht nur das, so wie ich mitbekommen habe sollen die beiden das Traumpaar schlechthin sein. Obwohl alle von Jace behaupten, er sei mega arrogant und unfreundlich.

Gedankenverloren sitze ich mit ein paar anderen aus meinem letzten Kurs beim Mittag und stochere in meinem Essen herum.

Ich höre wie der Stuhl neben mir vor gezogen wird und jemand sich neben mich setzt.

„Du bist also die geheimnisvolle Neue aus Deutschland! Cool, dass ich dich auch endlich kennenlerne. Ich bin Jack.", schon in seiner Stimme kann man ein lächeln heraushören.

Ich schaue auf und mein Blick begegnet zwei wunderschönen, Haselnuss braunen Augen.

Wow, sind alle auf dieser Schule so etwas wie Supermodels?

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woooowwww! Was haltet ihr von der ganzen Sache so?

Schreibt, schreibt, schreeeeiiibbtttt es mir! Ich freue mich wie immer über jede einzelne Meinung von euch tollen Menschen, also keine scheue Zuückhaltung ;D

Votet wieder fleißig!

Liebste Grüße

-Sam xx

P.S. Nochmal danke für die vielen süßen privat Nachrichten, die ich mittlerweile regelmäßig bekomme! Das ist echt wunderbar! Ich komme sehr gerne mit euch über meine Geschichte, meine Charaktere ins Gespräch, also wenn ihr Lust habt, schreibt mir einfach ;D :*

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