#45- London!

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„Rummmssss", macht das klapprige Etagenbett, als ich mich mit großer Erschöpfung auf das untere von zweien fallen lasse. Meine Tasche und mein Koffer stehen noch im Flur des kleinen Jugendhotels, dass Mr. Tellingham für uns gebucht hat.

Zwar war es eine sehr anstrengende und ebenso nervige Fahrt, doch andererseits hatte ich das Gefühl, als wäre die Stimmung im Bus aufgeladen gewesen. Aufgeladen mit positiver Energie, Vorfreude, Freiheit und wie in meinem Fall mit einer unglaublichen Aufregung.

London! Dies wird die Stadt sein, in der ich die Wahrheit erfahren werde! Und mit dieser Auflösung wird hoffentlich gleichzeitig eine Last von mir abfallen. Eine Last, die seit nun fast einem halben Jahr nicht nur auf meinem Herzen, sondern auch auf meiner Seele liegt.

Außerdem wird dies die Stadt sein, in der ich Jace das erste mal musizieren hören werde. Gänsehaut breitet sich auf meinen Schultern aus und wie so oft, wenn ich an diesen Mann denke, läuft es mir heiß und kalt den Rücken herunter. Wenn ich nur an seine vollen Lippen auf meinen denke...

Natürlich roch man in der warmen, stickigen Luft unseres alten Reisebusses auch den leichten, dennoch strengen Geruch von billigen Alkohol. Besonders in den hinteren, angesagten Sitzreihen  des Busses wurde bedeutend unauffällig und begleitet von stetigen, kreischenden Kichern abwechselnd eine große Flasche Cola herumgereicht.

Natürlich waren alle davon überzeugt, dass in dieser wahrhaftig nur Cola zu finden sei. Deshalb konnte auch niemand eine wirkliche Erklärung für die vielen stolpernden Schülern finden, die immer wieder aus dem Bus fielen, als wir endlich unser Ziel erreicht hatten.

Ich dagegen hatte nicht wirklich Interesse daran mich auf einer Busfahrt zu betrinken. Schließlich musste ich gewährleisten über die Tage fit zu bleiben, damit ich nach meiner Ankunft Zuhause direkt wieder trainieren konnte.

Doch auch jetzt noch, nach unsere Ankunft im Hostel, werde ich das Gefühl nicht los, dass diese Fahrt eigentlich traditionell einer Sauffahrt gleicht.

Unter anderem auch, weil ich auf dem Bett liegend immer wieder mein Handy vibrieren spüre, das mir sagt, dass erneut jemand in unsere neu gegründete London WhatsApp Gruppe schreibt und fragt wer denn nun jetzt Alkohol besorgen könne.

Die zwei anderen Mädchen, mit denen Mae und ich uns ein Zimmer teilen, packen gleich nach den massenhaften Mengen an Essen auch den Billigwodka aus.

Ich kenne die beiden von vielen gemeinsamen Essen in der Kantine und hätte niemals gedacht, dass auch sie auf den "Alkoholdampfer" mit aufsteigen würden. Ich hatte sie eher als schüchterne, liebe Mauerblümchen eingeordnet, die niemals etwas falsches tun würden. Doch so irrt man sich.

„Stellaaaa, verdammt die Koffer können wir auch gleich auspacken. Mr. Tellingham hält zwar gleich noch seine obligatorische „Bitte benehmt euch Ansagen", doch ich hab gehört, dass er nicht schaut wer alles da ist. Also schwing deinen knackigen Hintern aus dem Bett und folge mir! Du hast auf jeden Fall Erklärungsbedarf zu stillen."

Sie winkt mich bestimmend zu sich her. Kira und Kiara, das K Double, schaut uns belustigt zu.

„Wir decken euch auf jeden Fall, keine Sorge!", ruft Kiara uns noch hinter her, bevor Mae die Tür zuschlägt.

„Auf gehtsssss! London wir kommmmennnn", brüllt Mae aufgedreht durch den Gang, bevor wir das kleine, gemütliche aber ranzige Hostel verlassen, dass zu unserem Glück direkt am wunderschönen Hyde Park und somit ziemlich zentral gelegen ist.

Ich laufe lachend hinter ihr her.

Frei sein, so muss ich Freiheit anfühlen.

Wir gehen nur zwei Ecken weiter und finden sofort ein Kaffee, ganz nach unserem Geschmack. Klein, liebevoll und ein bisschen Alternativ.

Was ist schon perfekt?Where stories live. Discover now