#43- Mutierte super Schmetterlinge.

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Während er mir die Tür von der Beifahrerseite öffnet, schauen wir uns tief in die Augen.

Was ist da nur zwischen uns, das solche Gefühle hervorruft? Ich kann es beim besten Willen nicht in Worte fassen, beziehungsweise irgendwie zuordnen, denn es ist etwas neues, etwas allumfassendes, das es mich jedes Mal aufs Neue erschrecken lässt. Mit seinem typischen Grinsen, das ich mir so oft ins Gedächtnis gerufen habe, wenn mich etwas oder jemand an ihm zweifeln ließ, schließt er leise die Tür, geht einmal um das Auto herum und setzt sich zu mir ins Warme, hinter das Steuer.
Er scheint tief in Gedanken zu sein, denn er starrt angestrengt in die verschluckende Dunkelheit nach draußen.

Still nutze ich den unbeobachteten Moment und mustere sein Seitenprofil. Er ist schon wirklich jemand der Sorte Mann, der sich nie Gedanken um sein Äußeres machen muss, sondern mit dem Alter wahrscheinlich noch attraktiver wird, wenn das überhaupt  noch möglich ist. Sogar seine auffällig/unaufälligen Tattoos, die zwischendurch unter seinem langen Pullover hervorschauen, mag ich. Obwohl ich immer, immer der Meinung war, dass mir ein Typ mit Tattoos nicht ins Haus käme, doch aus welchem Grund auch immer hat sich alles geändert. Selbst Kleinigkeiten wie diese.
Mal wieder flackerte in mir das tiefe Verlangen auf, ihm einfach das Tshirt über seinen Kopf zu ziehen, um meinen Fingerspitzen anmutig die schwarze Kunst auf seiner Haut nach zu zeichnen. Ich balle meine Hände zu Fäusten, damit selbst ein schwacher Moment mich keine Dummheiten machen lässt.

Jace dreht seinen kompletten Oberkörper zu mir, während seine Augen noch immer an einer unbestimmten Stelle in der Dunkelheit hängen. Ein tiefer Seufzer entfährt ihm.

"Warum muss alles nur so kompliziert und schwer sein?", flüstert er leise. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das direkt an mich gerichtet sein soll, weshalb ich auch mal wieder nicht weiß, was und ob ich etwas antworten sollte. Ich beschließe mich auf die altbekannte Stille zwischen uns zu verlassen, die wunderschön ist.

Habt ihr das schon einmal erlebt, wenn ihr mit einer bestimmten Person, einfach nur zusammensitzen könnt ohne ein Wort miteinander zu wechseln? Diese wunderschöne Wärme gespürt, die sich in eurem Herzen ausbreitet, wenn ihr merkt, dass es passt, so richtig endgültig passen könnte?

Diesen Moment erlebe ich immer wieder aufs neue, wenn ich mit Jace alleine bin. Das fing schon an dem Abend der Hochzeit an, als wir vor der Statue zusammen gesessen hatten. Schon da fing es an perfekt zu werden. Doch zu diesem Zeitpunkt wollte ich beim besten Willen nicht zugeben, das dieser Macho Arsch wirklich etwas in mir bewegen kann.

"Stella...Ich habe wirklich keine Ahnung wie ich dir diese ganze Geschichte am besten erklären soll, geschweige denn wo ich anfangen könnte. Zusammengefasst sitze ich ziemlich in der scheiße und hab mich dazu noch in das wunderbarste Mädchen der ganzen Welt verliebt."

Geschockt schauen wir uns beide in die Augen. Mit diesem Geständnis hätte wohl niemand so wirklich gerechnet. Mein Kehle ist wie ausgetrocknet, so gerne ich auch etwas erwidern würde, sämtliche Worte bleiben mir gnadenlos im Hals stecken. Also starre ich ihn weiter wortlos an. Wie ein Goldfisch, den jemand aus seinem Glas genommen hat und der mit dem Sauerstoff nicht klarkommt. Genauso fühle ich mich gerade. Nur das es nicht der Sauerstoff ist, der mich erstarren lässt. Im Gegenteil es wäre schön, wenn mein Körper wieder anfangen würde meine Primärbedürfnisse zu bedienen und ein wenig frische Luft in meine Lunge ließe. Nein, es ist diese unglaubliche, wundervolle, hypertolle Nachricht, die mich die Luft anhalten lässt. Ich möchte diesen Moment nicht loslassen, falls er nicht real ist und ich gleich wieder aus einem Traum aufwache, deshalb sperre ich mich auf physische Art dagegen.
Hat er das gerade wirklich gesagt? Ich zwinge mich Luft zu holen und zu entspannen.

Sein Blick weicht unruhig von einem unwichtigen Punkt zum anderen. Man sieht deutlich, dass dieses Geständnis nicht geplant war und ihn das aus seinem gewohnt lässigen Auftreten wirft.
Während ich seine Unruhe beobachte, fängt sich mein Körper deutlich an zu entkrampfen und eine unbekannte Ruhe überkommt mich.

Was ist schon perfekt?Where stories live. Discover now