#41-Verrückte, Taschentragende Stalker und Neunmalkluge, kleine Tänzerinnen.

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Es klingelt.

Das bedeutet ich habe offiziell meinen ersten Schultag erfolgreich überstanden.

Naja, über erfolgreich kann man sich streiten, je nachdem wie man es definiert, doch zusammenfassend finde ich, ich habe einen ordentlichen Job gemacht. Im Einklang mit den anderen Schülern aus meiner Klasse, packe ich meine Unterlagen zusammen und verlasse erleichtert den Klassenraum. Tatsächlich bin ich überrascht, wie gut ich mit der englischen Sprache zu Recht komme. Eben zum Beispiel hatte ich Englisch, wo Mr. Tellingham uns eröffnet hatte, dass wir in dem kommenden Halbjahr Shakespear lesen würden. Mich persönlich freut es unheimlich, da ich eine heimliche Schwäche für alte, englische Literatur pflege, doch nicht alle machten begeisterte Gesichter, als wir uns auf Macbeth einigten. Für mich heißt es jedoch, dass ich absolut mein Lieblingsfach für dieses Jahr gefunden habe.

All diese nebensächlichen Dinge gehen mir durch den Kopf, während ich mich durch die Schülermassen auf den Flur kämpfe, um an mein Schließfach zu kommen.

Ja! Ich besitze ein Schließfach und finde es ziemlich großartig nicht auf dieses kleine Detail verzichten zu müssen. Ich meine welche deutsche Schülerin wünscht sich nicht einmal in ihrem Leben einen richtigen, originalen High School Alltag mitzuerleben?

Als ich es endlich mit großer Mühe geschafft habe ohne langfristige Verletzungen an meinen Spind zu kommen und vorsichtig die hässlich blau gestrichene Metalltür öffne, um meine Vielzahl an neu bekommenden Büchern dort zu verstauen, tippt mich jemand von hinten auf die Schulter. Erschrocken zucke ich zusammen. Wer zum Teufel kann mich nicht einfach wie ein normaler Mensch ansprechen, sondern muss mich zu Tode erschrecken?

Ich hasse es nämlich zutiefst, dass man von hinten so unfassbar angreifbar ist, wenn man etwas oder jemanden den Rücken zukehrt. Am liebsten hätte ich so richtig gruselig, scien-fiction mäßig, Augen auf meinem Hinterkopf oder so etwas ähnliches, Komisches. Niemand könnte mich je wieder erschrecken.

Als ich mich schließlich umdrehe und sehe wer hinter mir steht, lache ich ihn an, statt ihn wie geplant anzuschreien.

„Verdammt Kevin! Du hast mich zu Tode erschreckt, du weißt doch mittlerweile, dass ich kein Fan von Überraschungen bin."

Mein Tanzpartner grinst mich schelmisch an und sorgt direkt dafür, dass das typische, befreite Kevin-Lächeln auf meinen Lippen erscheint.

„Ich wünsche dir auch einen wunderschönen guten Tag, mylady.", antwortet er galant, nimmt mir meine Tasche aus der Hand und hängt sich diese locker über die Schulter.

Grinsend mache ich meine Spind Tür wieder zu und folge ihm Richtung Ausgang. Während wir stillschweigend nebeneinander her gehen, werden wir von dem Rest meines Jahrgangs neugierig angestarrt. Schon wieder sehe ich unglaubliche viele Mädchen tratschen, wobei die Jungs Kevin nur finster mustern.

Gutaussehende Konkurrenz -nicht gut. Das kapieren sogar Y Chromosomenträger.

Da ich schon den ganzen Tag mit Blicken verfolgt werde, macht mir das ganze Theater nicht sonderlich viel aus, nur Kev scheint sich nicht wirklich wohl in seiner Haut zu fühlen. Schon wieder schleicht sich ein wissendes Lächeln auf meine Lippen. Kevin ist sonst nie nervös!

„Hast du mich eigentlich nur von der Schule abgeholt, weil du ein verrückter, Taschentragender Stalker bist, oder gibt es noch einen anderen Grund?", frage ich ihn und schaue dabei starr geradeaus, damit Kevin nicht sieht, wie sehr mir diese Art von Gesprächen zwischen uns gefällt

Lachend kratzt er sich an seinem Dreitagebart, den er neuerdings trägt und schaut zu mir nach unten.

„Ach Stellalein, ich bin nicht nur ein verrückter, Taschentragender Stalker, sondern auch einer, der kleine, neunmalkluge Tänzerinnen in seinem neuen Auto entführt, um sie dann zum Mittagessen einzuladen, weißt du doch", er zwinkert mir auf seine typische Art und Weise zu und ich knuffe ihn als Antwort gegen seinen Oberarm.

Was ist schon perfekt?Where stories live. Discover now