Eins

71.5K 2.5K 91
                                    

"Verdammte Scheiße!", fluchte ich als ich über die Straßen, auf dem Weg zur M4-Company, rannte und dabei gegen Passanten lief und eilige Entschuldigungen über meine Schulter rief.
In drei Minuten müsste ich dort sein und ich hatte noch zwei Blocks vor mir.
Zu meinem Glück fing es auch noch an zu regnen. Fuck! Fuck! Fuck!
Warum musste das ausgerechnet mir passieren?!
Als ich endlich im Gebäude war, war ich bereits bis zu den Knochen durchnässt. Ich hinterließ eine Wasserspur als ich an Felipe Monteiros Büro sprintete und außer Atem an der Tür klopfte.
Super Start in meine zweite Arbeitswoche als Assistentin...
"Herein!", kam es hinter der schweren Tür und ich drückte sie auf.
"Es tut mir so so leid. Ich habe verschlafen als ich Ihre restlichen Papiere gestern Nacht noch ausgefüllt habe", entschuldigte ich mich und sah dabei beschämt zu Boden.
Er würde mich sicher feuern. Er duldete Verspätungen nicht. Das hatte er mir an meinem ersten Arbeitstag klargemacht.
"Felipe wird bestimmt nichts dazu sagen, er ist heute nicht anwesend."
Bei der mir unbekannten Stimme sah ich nach oben. Auf Herr Monteiros Stuhl saß sein jüngerer Bruder.
Caleb Monteiro.
"Nun ja, er wird dazu nichts sagen, wenn ich es ihm nicht erzähle...", redete er provokant weiter als er mich von oben bis unten studierte. Ich schluckte wegen seinem hitzigen Blick während er schamlos auf meine Brust starrte.
"Wie ist dein Name?", fragte er mich und blickte mir wieder in mein Gesicht.
"Grace Williams", antwortete ich ihm nervös.
Er nickte, wobei er seine Lippen benetzte.
"Also Grace Williams, Felipe wird nicht erfahren, dass du zu spät bist und du kannst den Job behalten. Das natürlich unter einer Bedingung...", fing er an und ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen.
Schließlich stand er auf und lief mit selbstsicheren Schritten zu mir.
Als er direkt vor mir stand fuhr er zart mit seinen Fingerspitzen über meinen nassen Arm und ab da wusste ich, dass mir die Bedingung nicht gefallen würde.
Mit einem Schlafzimmer-Blick sah er mich an und hauchte mir seine nächsten Worte an mein Ohr.
"Du, ich, auf der Ledercouch, nackt. Wie wär's?"
Es war als wäre ich für eine kurze Zeit erstarrt doch dann pulsierte nichts als Wut in mir.
Wie konnte es dieser Drecksack wagen?!
Er musterte mich mit einem selbstgefälligen Schmunzeln als er auf meine Antwort wartete.
Ich lächelte nur falsch bevor ich ausholte und ihm eine schellte.
Schockiert hielt er seine Wange ehe er mich ungläubig und mit leicht geöffnetem Mund musterte.
Bevor er aus seiner sprachlosen Starre erwachte, nahm ich die bearbeiteten Papiere aus meiner Tasche, klatschte sie an seine Brust und stolzierte dann mit erhobenem Haupt aus dem Büro und aus dem Gebäude.
Und erst als ich im Taxi saß, wurde mir klar was ich getan hatte.
Ich hatte Caleb Monteiro eine verpasst und war somit meinen Job los.
Sofort fing ich an meine Tat zu bereuen.
Nicht, weil der Typ es nicht verdient hatte, sondern weil es eine unglaublich gut bezahlte Stelle gewesen war und ich sie durch meine voreilige Aktion verloren hatte. Ich hätte mich auch zurückhalten können und danach mit Felipe Monteiro reden können. Vielleicht hätte ich dann sogar noch eine Chance gehabt meinen Platz zu behalten. Gott, ich war so ein Pfosten...
Meine Brust fühlte sich schwer an als das Taxi vor meinem Apartmentkomplex hielt. Mit einem gezwungenen Lächeln bezahlte ich den Fahrer und stieg dann aus.
Wie zur Hölle sollte ich so meine überteuerte Wohnung bezahlen?
Ich konnte schlecht meine Eltern um Geld bitten, da ich zu stolz dafür war.
Sie hatten mir bereits genug geholfen und ich wollte ihnen nicht noch länger auf der Tasche liegen.
Ich seufzte auf. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen aber leider besaß ich diese Superkraft nicht.
Durchgefroren und immer noch nass fuhr ich mit dem Aufzug hoch in den 2. Stock und trat schließlich in die Wohnung. Jup, ich nahm den Aufzug um in den 2. Stock zu gelangen, weil ich zu faul war die paar Stufen hochzulaufen.
Verurteilt mich nicht, ich hatte einen harten Tag, okay?
Sofort im Apartment entledigte ich mich meiner nassen Klamotten und zog meine Schuhe aus.
Ich würde morgen erst mal ausschlafen und dann nach einem neuen Job Ausschau halten.
Vielleicht konnte ich auch kurzzeitig bei meiner besten Freundin Jolene im Café anfangen, in dem sie arbeitete, bis ich wieder eine Stelle als Assistentin in einer Firma bekam.
Enttäuscht von mir selbst, dass ich meinen ersten richtigen Job nur nach einer Woche verloren und wütend auf den Idioten, der mich in diese Lage geführt hatte, lief ich ins Badezimmer und stellte das warme Wasser an, um die Wanne volllaufen zu lassen.
Es gab einfach nichts Besseres als ein heißes Bad nach so einem Reinfall wie heute und keiner konnte mir da etwas anderes erzählen.

Arrogance. | ✔Where stories live. Discover now