Vierundzwanzig

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Ich hatte den ganzen Samstag mit meiner Mutter verbracht, was mal eine schöne Abwechslung war, da ich sie in letzter Zeit kaum gesehen hatte.
Wir waren kurz bei Jolene im Café und ansonsten waren wir im Einkaufszentrum unterwegs gewesen.
"Ich kümmere mich um das Hähnchen während du den Reis und das Gemüse machst, ja?", kam es von meiner Mum als ich die Wohnungstüre aufsperrte.
"Okay", antwortete ich erleichtert darüber das Fleisch nicht anfassen zu müssen.
Ich liebte es zwar es zu essen, aber es zuzubereiten oder anzufassen war reine Tortur für mich.
Kaum betraten wir jedoch die Wohnung, nahm ich den Duft von Essen wahr.
Oh Gott nein...
Es konnte nur eine Begründung dafür geben.
Caleb.
Ich hatte komplett vergessen, dass der Idiot einen Schlüssel zu meiner Wohnung hatte.
"Fresa?", kam es aus der Küche in derselben Sekunde als meine Mum mich verwirrt ansah und meinen Namen sagte.
Bevor ich die Sache erklären konnte, trat Caleb aus der Küche.
Seine Augen landeten sofort auf meiner Mum. Kurze Verwirrung durchkreuzte sein Gesicht ehe er anfing zu lächeln.
"Sie müssen wohl Mrs. Williams sein. Freut mich sehr. Ich bin Caleb, der Freund von Grace", stellte er sich vor und wieder einmal wäre ich gerne bis nach Timbuktu gerannt, obwohl ich nicht mal wusste wo es geographisch genau lag.
"Ehm freut mich auch...Caleb. Ich würde ja gerne sagen, dass ich viel von dir gehört habe, aber das habe ich leider nicht", antwortete meine Mutter und sah mich dabei mit einem giftigen Blick an.
Großartig.
"Ha-ha", konnte ich nur aus meinen Lippen pressen.
"Oh? Grace wieso hast du deiner Mutter nichts von mir erzählt? Ich dachte es würde gut zwischen uns laufen", warf Caleb mit gespielter Trauer ein.
"Ha-ha", gab ich wieder nur verkrampft von mir.
"Du hast gekocht? Super, wir haben nämlich großen Hunger", fügte ich dann schnell an und eilte in die Küche, wo Caleb den Tisch für zwei Personen gedeckt und es mit Kerzen und Rosenblättern dekoriert hatte.
Ich hätte meiner Mum ja erzählen können, dass Caleb nur Spaß gemacht hatte und nicht wirklich mein Freund war, sondern mein Chef, den ich seit kurzem datete, aber das würde die Frage aufwerfen warum er ein Schlüssel zu meiner Wohnung hatte und diese Frage konnte ich und wollte ich nicht beantworten.
"Tut mir leid Mrs. Williams. Ich hatte leider keine Ahnung, dass sie den Tag mit Grace verbringen würden, sonst hätte ich den Tisch für drei Personen gedeckt", entschuldigte Caleb sich und nahm einen dritten Teller mit Besteck für meine Mutter raus.
"Da hat Gracie uns beiden wohl etwas verschwiegen", gab meine Mum von sich, wobei sie mir erneut einen giftigen Blick zuwarf.
"Ups", kommentierte ich, innerlich vor Wut rasend.
Einerseits wollte ich Caleb töten, andererseits küssen, wegen dem Abendessen.
Wir nahmen Platz während Caleb unsere Teller mit wohlduftenden Spaghetti füllte und uns Wein einschenkte.
"Köstlich", kommentierte meine Mum beeindruckt von dem Essen, was ihn zum Lächeln animierte.
"Ich habe mein Bestes gegeben", antwortete er und sah dabei grinsend zu mir.
Dieser Wichser.
Ich stopfte mich wütend mit den Nudeln voll, um ja nicht zu reden.
"Also wie habt ihr euch kennengelernt?", hakte meine Mutter nach.
"Über die Arbeit", schoss es schnell aus mir, was dazu führte, dass ich mich an den Spaghetti verschluckte und meine Mum mir auf den Rücken klopfen musste.
"Grace ist meine persönliche Assistentin", fügte Caleb an, was ich eigentlich vermeiden wollte.
"Oh du bist also ihr Chef?", kam es von ihr.
"Ja aber nur von Montag bis Freitag für jeweils acht Stunden, danach dreht sich der Spieß um", scherzte er und ich verschluckte mich diesmal an meinem Wein während meine Mutter auflachte.
"Ist es nicht schwer zusammen zu sein und dann noch gemeinsam zu arbeiten?", fragte sie.
"Oh und wie schwer es ist. Ich bin die ganze Zeit abgelenkt von ihrer Schönheit und komme gar nicht dazu zu arbeiten, weil ich meine Augen nicht von ihr abwenden kann", schleimte er bis zum geht-nicht-mehr.
Gott...die vorherigen Tage liefen doch so gut und jetzt wollte ich ihn schon nach einer halben Stunde töten.
"Wenn ihr mich kurz entschuldigt", presste ich raus und verließ die Küche ohne auf eine Antwort zu warten.
Ich lief schnurstracks ins Wohnzimmer, wo Caleb seine Jacke über die Couchlehne gelegt hatte und kramte dort nach meinen Schlüsseln, die ich auch zum Glück vorfand.
Ich legte sie in eine Schublade ehe ich wieder in die Küche lief.
Meine Mutter lachte gerade über etwas das Caleb gesagt hatte.
"Toll, ihr habt beide aufgegessen", sprach ich mit einem gespielten Lächeln.
Ohne irgendwas dazu zu sagen räumte ich den Tisch leer und hoffte, dass sie meine passiv-aggressive Methode verstanden und beide meine Wohnung verließen.
"Noch Wein?", bot Caleb meiner Mutter an.
"Nein", antwortete ich sofort für sie und riss ihm förmlich die Flasche aus der Hand.
"Da will uns jemand aber los werden", sagte meine Mutter scherzend, nicht wissend wie recht sie doch hatte.
"Ich bin nur müde und ich muss morgen früh aufstehen", log ich.
"Na dann", kam es von ihr.
"Ich rufe dir ein Taxi", informierte ich sie.
"Dein Vater kann mich auch abholen-"
"Nein! Papa schaut bestimmt gerade das Footballspiel an und ich denke nicht, dass du so einen schönen Samstag mit seinem Gemecker beenden solltest", unterbrach ich sie schnell.
Das letzte was ich brauchte war es Caleb meinem Dad vorzustellen.

Als ich meine Mutter in ein Taxi gesteckt hatte, marschierte ich wütend auf Caleb zu.
"Das war nicht okay", schimpfte ich, worüber er aus irgendeinem Grund sein Lachen unterdrücken musste.
"Und ich finde es auch überhaupt nicht lustig. Morgen wird mich erst mal mein Vater anrufen und mich über dich ausfragen. Meine Mutter wird mir ein Vortrag halten und dabei wahrscheinlich weinen, weil sie denkt, dass wir keine besten Freunde sind, da ich ihr sowas wichtiges nicht erzählt habe. Und ich finde es auch nicht cool, dass du einfach so in meiner Wohnung auftauchst", redete ich frustriert weiter während Caleb einfach nur schmunzelnd auf der Couch saß.
"Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie bist du heiß, wenn du mir ein Vortrag hältst", gab er von sich, was mich noch wütender machte.
"Weißt du Caleb so hat das keinen Sinn, wenn du meine Grenzen nicht respektierst", sagte ich und von einer Sekunde auf die andere wurde er todernst.
"Es tut mir leid, ich schätze ich muss meine Grenzen noch lernen. Ich hatte noch nie welche", entschuldigte er sich.
"Also was ist die Ordnungsmaßnahme? Willst du mich über dein Knie beugen und mir den Hintern versohlen?", fügte er an und ruinierte somit die vorherige Entschuldigung.
Ich wollte ihm in dem Moment echt meine Meinung geigen, aber mein Lachen kam dazwischen.
"Ich hasse dich", sagte ich nur, weil ich ein Loser bin.
"Ja aber das Ding ist, tust du nicht", warf er mir vor, was so unverschämt und absolut richtig war.
"Und tief im Inneren weiß ich, dass du nicht sauer auf mich bist, wenn ich einfach so in deiner Wohnung auftauche, denn seien wir ehrlich der Traum eines jeden Mädchens ist es einen heißen Typen einfach so in der Wohnung vorzufinden, außer das Mädchen ist lesbisch."
Arrogant lehnte er sich zurück.
"Du sagst es Caleb, einen heißen Typen. Betonung auf heiß", konterte ich schließlich.
Calebs Gesichtsausdruck wechselte von arrogant zu schockiert und zuletzt zu amüsiert bis er mich schließlich lachend auf seinen Schoß zog.
"Fresa sowas kannst du doch nicht auf unserem vierten Date sagen", zog er mich auf während ich mich gespielt genervt neben ihn setzte, anstatt auf seinem bequemen Schoß sitzen zu bleiben.
"Das war unser viertes Date? Das war ehrlich gesagt das schlimmste Date aller Zeiten."
Das war nicht mal ein Scherz. Es war echt ein schreckliches Date.
"Zu meiner Verteidigung: Mein Plan hat deine Mutter nicht beinhaltet. Ich wollte dich mit einem selbstgekochten Abendessen überraschen. Ich habe sogar den Tisch mit Rosenblättern und Kerzen dekoriert. Der Wein war auch teuer und ich habe noch im Kühlschrank Tiramisu", verteidigte er sich.
"Selbstgekocht? Caleb ich habe die Packungen von Giorgnos Restaurant im Mülleimer gesehen", sprach ich herausfordernd.
"Okay gut, dann eben nicht selbstgekocht. Ich kann nichts anderes als Frühstücks-Sachen vorzubereiten. Verklag mich", gestand er beleidigt.
"Hätte ich Geld für einen Anwalt würde ich das tun", gab ich schulterzuckend von mir, weshalb mich Caleb spielerisch wegstieß.
"Ich habe mir genug Scheiße von dir angehört Weibsbild. Es ist Zeit meine Ohren zu beglücken", kam es von ihm, wofür er eine Ohrfeige kassiert hätte, wenn er nicht daraufhin sofort das Lied von König der Löwen aufgemacht hätte.
Oh Gott...dieser Typ würde mich noch in den Wahnsinn treiben, wenn er es nicht schon längst getan hatte...

Arrogance. | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt