Zwei

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Mein Handy klingelte und mit einem genervten stöhnen ging ich ran. Nicht mal wenn ich arbeitslos war konnte ich ausschlafen.
"Miss Williams dürfte ich fragen wo Sie stecken?", kam Felipes strenge Stimme vom anderen Hörer. Ich sah mein Handy kurz verwirrt an bevor ich es wieder an mein Ohr hielt.
"Ich dachte ich wäre gefeuert, wegen der Aktion gestern", erklärte ich immer noch verwirrt.
"Wie kommen Sie darauf? Ich kann mich nicht erinnern Sie gekündigt zu haben."
"Aber- aber Sir, nachdem ich Ihrem jüngeren Bruder eine verpasst habe dachte ich es wäre klar."
Die Leitung war für kurze Zeit still und ich hörte im Hintergrund leises Gemurmel.
"Sir?", fragte ich.
"Caleb besteht darauf, dass ich Sie nicht entlasse und ist nicht nachtragend. Ihr habt euch wohl auf dem falschen Fuß erwischt. Also Miss Williams kommen Sie nun oder soll ich die Entlassungspapiere drucken?"
"Uhm ja. Ja ich bin auf dem Weg Sir. Bis gleich."
Plötzlich hell wach und voller Energie sprang ich aus dem Bett und machte mich fertig. Ich zog mir einen Bleistiftrock und eine weiße Bluse an. Meine Haare ließ ich offen, in meinen Naturwellen, dazu schminkte ich mich dezent und lief sofort raus während ich ein Taxi anrief. Ich hätte nicht glücklicher sein können. Arbeitslos sein war einfach nicht mein Ding.

Mit schnellen Schritten näherte ich mich Felipes Büro und klopfte, etwas aufgeregt.
Kurz darauf wurde die Türe geöffnet und ich starrte in Caleb Monteiros grinsendes Gesicht.
"Ach da ist ja meine neue Assistentin", gab er glücklich von sich und sah mich provokant an als er ein Arm um mich legte. Wieder einmal durchzog Verwirrung mein Gesicht und ich sah zu Felipe der seinen Blick auf uns gerichtet hatte. Was sollte das jetzt heißen?
"Caleb meinte er bräuchte eine Assistentin und hat darauf bestanden, dass Sie es werden sollen", erklärte Felipe als wäre es keine große Sache und blätterte dabei in seinen Unterlagen. Ich starrte Caleb finster an, was er mit einem Grinsen erwiderte.
"Ich zeige Grace mal ihren neuen Arbeitsplatz", teilte er Felipe mit bevor er mich von Felipes Büro in einen Aufzug steuerte. Ich schüttelte seinen Arm ab und lief ein paar Schritte von ihm weg. Ich konnte ihn jetzt schon nicht leiden.
Er sah mich daraufhin nur amüsiert an, was mich leicht verärgerte.
Im 39. Stock hielt der Aufzug an. Eine Etage unter Felipes Büro, welches im 40. Stock war.
Ich folgte ihm angepisst in sein Büro bevor ich mich in meinem neuen Arbeitsplatz umsah.
Das Zimmer wurde förmlich von Licht überflutet, es beinhaltete einen großen weißen Schreibtisch und eine gemütliche Ledercouch. Gegenüber vom Schreibtisch waren zwei Bürostühle, wahrscheinlich für Klienten beziehungsweise nun für mich.
Caleb setzte sich auf seinen Bürosessel, wobei ich mich ihm mit verschränkten Armen gegenüber stellte.
"Was soll das?", fragte ich ihn verständnislos und versuchte meine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen.
"Was soll was?", kam die Gegenfrage von meinem neuen Chef.
"Wieso hast du Felipe nicht gesagt, dass er mich entlassen soll? Und wieso um Himmelswillen willst du mich als deine Assistentin?!", wollte ich wissen.
Meine Stimme wurde zum Ende hin etwas lauter und ich vergaß sogar durch meine Wut die Höflichkeitsform zu verwenden.
Er nahm es mir wohl nicht übel, da er auf meinen kleinen Ausraster hin nur grinste.
"Zum einen brauche ich eine Assistentin. Zum anderen bist du interessant und ein schöner Anblick", antwortete er schamlos und zog mich dabei förmlich mit seinen Augen aus.
"Falls du irgendwelche Hintergedanken hast dann rate ich dir gleich dich von ihnen zu verabschieden, denn ich werde nicht mit dir Schlafen. Ich will lediglich meine Arbeit verrichten", gab ich in einem bissigen Ton von mir. Ich wusste nicht woher ich den Mut hatte, meinen neuen Boss so anzuzicken oder zu duzen. Aber irgendwas an Caleb Monteiro brachte diese Seite an mir zum Vorschein. Er verdiente meinen Respekt nicht und ich sah ihn auch nicht als Autoritätsperson an, dafür hatte er selbst bei unserem ersten Treffen gesorgt.
Anstatt sich angegriffen zu fühlen hatte er einen amüsierten Ausdruck auf seinem Gesicht, was mich noch mehr aufregte. Das war gerade mal das zweite Treffen und ich konnte ihn jetzt schon nicht ausstehen, obwohl ich ein Mensch war der sich eigentlich mit jedem gut verstand.
"Keine Sorge meine kleine Fresa. Wir arbeiten ganz professionell", kam es schmunzelnd von ihm, wobei er das Wort 'professionell' so betonte, dass es zweideutig klang.
Nach dem Satz zwinkerte er auch noch, was mir sagte, dass er mit 'professionell' keineswegs professionell meinte.
"Also da das jetzt geklärt ist, hol mir ein Chococino von dem Café gegenüber und beeil dich", fügte er dann noch an bevor er sich seinem PC zuwandte und mich ignorierte.
Was zum?! Wie konnte er so schnell vom perversen Arschloch zum Arschloch-Arschloch wechseln?

Bockig lief ich in das kleine Café und bestellte seinen Chococino. Kaum zu glauben, dass ich für den größten Playboy in den Staaten arbeiten musste und kaum zu glauben, dass ich nicht jetzt schon gekündigt hatte. Aber was soll ich sagen? Bei der Wirtschaftslage konnte ich es mir nicht leisten den Job zu kündigen.
Das einzig Gute an diesem bereits beschissenen Tag war, dass der Barista gutaussehend war.
"Das wären dann vier Dollar", sagte er mit einem charmanten Lächeln, welches ich ebenfalls mit einem Lächeln erwiderte. Ich überreichte ihm das Geld und lief wieder in die Firma.

Ich klopfte als ich vor dem Büro des Teufels stand und trat dann nach zwei Minuten ein, da bis dahin keine Antwort von der anderen Seite der Tür gekommen war. Sofort wurde mein Griff um das heiße Getränk stärker als eine blonde Frau auf Calebs Schoß saß und über irgendwas kicherte. Bimbo.
"Ihr Chococino Sir", sprach ich kalt, zum ersten Mal wieder professionell und stellte es auf seinen Schreibtisch.
Ohne sich zu bedanken nahm er ein Schluck davon und schickte mich mit einer kleinen Handbewegung raus.
Kaum war ich aus der Tür rollte ich meine Augen.
Was für ein er Idiot er doch war und diese Frauen hatten ja wohl kein Selbstwertgefühl, wenn sie mit so einem wie ihm in die Kiste sprangen.
Ich setzte mich in das Wartezimmer gegenüber der Rezeptionistin die mich anlächelte. Sie war um die 40 und hatte Lachfalten um ihren Mund. Ihre dunklen Haare hatten ein paar graue Strähnen und sie waren in einem strikten Dutt festgebunden. Sie gab einen starken Kontrast zu den anderen Mitarbeiterinnen ab, die alle wie junge Supermodels aussahen, bis auf mich natürlich. Ich war leider zu klein um Model zu sein und außerdem war ich nicht wirklich die Definition von schlank und fit. Ich hatte hier und da paar Speckröllchen aber das war schon okay, wenigstens musste ich nicht auf Fast-Food verzichten, was sozusagen mein ganzes Leben war.

Eine halbe Stunde lang saß ich im Wartezimmer und blätterte gelangweilt in Magazinen bis endlich die blonde Frau von vorhin aus Calebs Büro trat. Ihre Haare waren unordentlich, ihre Bluse falsch zugeknöpft und ihr roter Lippenstift verschmiert.
Jetzt fehlte nur noch ein Schild auf dem stand 'Ich habe all meine Selbstachtung verloren und mich von Mr. Arrogant ausnutzen lassen', dann würde auch die dümmste Person im Raum mitkriegen, dass sie Sex mit ihm hatte.
Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck lief ich in Calebs Büro, gerade als er die letzten Knöpfe seines Hemdes zuknöpfte.
"Da bist du ja... die Papiere auf dem Schreibtisch müssen heute noch alle bearbeitet werden, also solltest du dich lieber gleich an die Arbeit machen", informierte er mich gleichgültig und wollte gerade aus dem Raum laufen, doch er entschied sich um und blieb stehen.
"Falls jemand anruft sag ich habe ein Meeting und bin heute nicht zu sprechen", wies er mich ein.
"Und wo bist du wirklich?", fragte ich ihn gereizt.
"Im Joy", antwortete er mit seinem stets prominenten Grinsen.
"Oh wow...feiern gehen während ich den Auftrag mache, den Felipe dir überlassen hat. Klassisch", murmelte ich leise vor mich hin und wandte mich dem Papierstapel zu.
"So sieht's aus Fresa", sagte er noch ehe er mit einem letzten Zwinkern aus dem Büro lief.
"Wichser", beleidigte ich ihn unter meinem Atem als er bereits weg war und machte mich dann an die Arbeit.

Arrogance. | ✔Where stories live. Discover now