35. Kapitel

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„Was sagst du?" Ich schaute in ein betendes Augenpaar und seufzte. „Sorry, Jacob. Aber ich kann nicht", meinte ich entschuldigend und schaute meine Füsse an. Jacob schien meine Antwort nicht akzeptieren zu wollen oder er wollte eine genauere Erklärung. Jedenfalls fragte er nach:„Ich verstehe das nicht! Wartest du, bis dich jemand bestimmtes fragt? Dann sag mir bitte wen!" Seine Stimme war so flehend, wie ich es bei ihm noch nie gehört hatte.
„Nein, ich warte nicht, bis jemand bestimmtes mich fragt! Ich werde bei jedem Nein sagen. Egal, wer es ist. Ich habe an diesem Abend bereits etwas vor!" Ich hatte weder Lust noch irgendjemandem eine Erklärung abzuliefern noch einem netten Typen einen Korb zu geben.
Seit Anfang der Woche war die Hölle los: Der Winterball stand vor der Tür.
Der Winterball war vermutlich der beliebteste Anlass an dieser High School und ausgerechnet an diesem Abend, an dem die Veranstaltung stattfand, hatte ich einen Arzttermin in Emily's Home.
Das war noch nicht einmal das Schlimmste an der Geschichte!
Ethan hatte mich vor drei Tagen gefragt, ob ich mit ihm hingegen wollte. Jap, ganz genau!
Ich hatte mich so gefreut, dass er mich gefragt hatte, dass ich kurz davor war Ja zu sagen. Doch dann fiel mir ein, wann er war. Ich war aus allen Wolken gefallen und eiskalt auf den Asphalt geklatscht.
Wenn mir jemand vor einigen Wochen gesagt hätte, dass ich irgendeinmal mit Ethan Black, Badboy Nummer eins breundet sein würde, und zwar so sehr, dass er mich auf den legendären Winterball einladen wollte, hätte ich denjenigen lauthals ausgelacht. Aber dadurch, dass wir uns für unser Projekt regelmässig trafen, lernten wir uns gegenseitig besser kennen.
Er schien nach jedem Treffen mehr der Überzeugung zu sein, dass ich ihm etwas verheimlichte. Das stimmte ja auch. Ich verschwieg ihm eine Menge und ich hatte keine Ahnung, wie lange es noch dauerte, bis er alles herausgefunden hatte. Er war schliesslich ein Badboy. Er bekam alles, was er wollte.

Jedenfalls hatte uns wohl jemand gesehen und gehört, als er mich gefragt hatte, denn die Geschichte verbreitete sich wie ein Lauffeuer an der gesamten Schule. Alle Typen dieser High School waren nun davon überzeugt, dass ich darauf wartete, dass jemand bestimmtes mich fragte. Ich konnte keinen Jungen mehr anlächeln, ohne dass er dachte, ich würde mit ihm auf den Ball wollen. Das war der blanke Horror!
„Aber, Nats! Das ist der Winterball! Verschiebe das, was du vorhast doch einfach. Dieser Ball ist der wahrscheinlich grösste Event des gesamten Jahres!" Entnervt sah ich in Jacobs graue Augen, die mich bittend ansahen.
„Sorry, Jake. Das geht nicht", entschuldigte ich mich und liess ihn stehen. Als ich um die nächste Ecke ging, knallte ich drekt in jemanden rein. Gerade, als ich mich ein weiteres Mal entschuldigen wollte, sah ich in die mir allzu bekannten braunen Augen von Ethan. Misstrauisch betrachtete ich seinen ertappten Gesichtsausdruck. „Sag mal: Spionierst du mir etwa nach?!", fragte ich ihn aufgebracht. Ethan schien meinen Tonfall gar nicht zu gefallen und setzte seinen kalten Blick auf. Er schubste mich eine Spur zu grob gegen die Wand. „So nötig habe ich es nicht, dass ich dir nachspionieren muss!", giftete er und liess mich stehen.
'Ethan Black, du bis ein Mysterium auf zwei Beinen!'

Für viele war das die letzte Stunde für heute, doch leider nicht für mich. Ich hatte noch Deutschunterricht und danach Cheerleadertraining. Um ehrlich zu sein, war das alles doch ein bisschen zu viel für mich. Ausserdem hatte ich das Gefühl, als würden Kopfschmerzen sich bei mir ankündigen.
Also meldete ich mich im Sekretariat ab und lief nach Hause.

„Ich bin wieder zu Hause!", schrie ich durch das Haus.
Kaum hatte ich das letzte Wort gesprochen, kam mir ein nervöser Mason entgegen. „Was machst du denn schon hier?", fragte er unsicher und kratzte sich am Hinterkopf. Diese Art wie er sich kratzte, kam mir seltsam bekannt vor. „Mase? Was habt ihr ausgefressen?" Ich beäugte ihn misstrauisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Eigentlich wollte ich eine Augenbraue nach oben ziehen, aber das konnte ich ja nicht. „Was sollten wir denn ausgefressen haben? Nein, nein. Wir haben nichts getan. Geh du besser gleich nach oben." Mein Bruder versucht mich so schnell wie möglich zu der Treppe zu schieben. Ich wand mich aus seinem Griff und sah zum Durchgang, der ins Wohnzimmer führte.
„Ihr versteckt doch etwas vor mir!", warf ich ihm ein bisschen wütend vor.
„Nein!" Mason sah ziemlich verzweifelt aus.
„Du bist ein grauenhafter Lügner, Bruderherz."
Ich drückte mich ab ihm vorbei und lief schnurstracks in unser Wohnzimmer.
Ein gravierender Fehler, wie sich herausstellte. Wie angewurzelt blieb ich stehen und starrte entsetzt die kleine Runde an. Ich sah in sieben mindestens genauso geschockte Gesichter.
„Bruderherz?", fragte Jacob kleinlaut.
In unserem Wohnzimmer sassen nicht nur meine Brüder, wie ich eigentlich erwartet hatte, sondern auch noch die Badboys Ethan, Jacob, Jason und Derek.
Mit Jason und Derek hatte ich bisher noch nicht wirklich viel am Hut. Doch so, wie sich das Ganze entwickelte, würde sich das wohl bald ändern.
„Warum. Nehmt. Ihr. Die. Mit. Zu. Uns. Nach. Hause?!", fragte ich jedes Wort genau betonend und sah dabei Aiden an. Schliesslich war er der Älteste von uns Anwesenden.
„Das machen wir schon länger", gestand dieser. „Wie sollten wir wissen, dass du früher nach Hause kommst?", warf mir Dylan auch schon vor. Und deshalb hatte ich es auch an Aiden gewandt gefragt: Dylan schob die Schuld ja immer auf die anderen.
Plötzlich wurden meine Füsse ganz interessant. Also sah ich sie an.
„Es hat so lange funktioniert!", schrie ich schon fast und liess mich auf einen freien Sessel fallen - vermutlich sass Mason vorher darin -, sodass meine Beine über die eine Seitenlehe baumelten. Den Kopf liess ich nach hinten fallen und strich mir frustriert übers Gesicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich Derek zu Wort:„Also ist Natalia eure Schwester, die im Moment in Russland leben sollte?"
„Nein", gab Aiden zu, worauf ich ihn warnend ansah. „Nati, der Deal war einen Monat. Oder drei? Ich weiss es nich einmal mehr! Es ist an der Zeit", dann meinte er an die Badbubbies gewandt:„Wir haben zwei Schwestern. Und Natalia ist eben die Zweite."
Jason schien das Ganze ziemlich zu verwirren. Genauso wie Jacob und Derek auch. Also fragte er die Frage, die ich über alles verabscheute:„Ist sie eure Adoptivschwester?"
Es verletzte mich immer wieder, dass ich weder nach aussen noch nach innen zu meiner eigenen Familie passte.
„Nein!" Mason und Meik wussten beide genau, wie sehr mich das kränkte. Ich glaubte, dass es ihnen selbst auch einbisschen weh tat.
Ethans Gesichtsausdruck war wie immer nicht definierbar. Seine Augen durchborten mich mit seinen eiskalten und vorwurfsvollen Blicken. „Du hast mich angelogen." Alleine diese Worte liessen mich zusammen zucken. Sie strahlten einen solchen Schmerz und eine riesige Enttäuschung aus, wie ich es noch nie zuvor bei einem Menschen erlebt hatte.
Verzweifelt schüttelte ich den Kopf. „Ich habe dich nich angelogen, Ethan! Ich habe dir nur etwas verschwiegen." Die Situation schien aussichtslos und mir lief auch schon eine einzelne kleine Träne über die Wange.
Ethan stand auf, betrachtete mich verachtend und wollte unser Haus verlassen.
In diesem Moment war mir egal, dass er ein Badboy war, dass der Rest seiner 'Gang' sich im selben Raum befand wie ich. Es hatte so lange gedauert, bis ich einen kleinen Teil von Ethans Vertrauen gewinnen konnte und nun hatte ein einziger dummer Moment alles zu Nichte gemacht. Das konnte ich doch nicht einfach so zulassen!
„Ethan! Warte! Bitte!"
Ich rannte ihm hinterher und hielt ihn an seinem Handgelenk fest.
„Bitte, Ethan!", flehte ich. Noch unzählige weitere Tränen liefen mir über die Wangen, versperrten mir die Sicht auf sein wunderschönes Gesicht und in seine wunderschönen braunen Augen.
„Ich kann das erklären", schluchzte ich weiter seine Hand verweifelt umklammernd.

Sanft aber dennoch entschlossen löste er meinen Griff.
„Du bist genau wie alle anderen Mädchen", meinte er enttäuscht. Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. „Nein. Nein, das bin ich nicht. Bitte! Lass es mich doch erklären!"

Ethan schaute mich noch ein letztes Mal hintergangen an, dann liess er mich in unserer Auffahrt stehen.

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Hallo meine Schnuckels. :D

Ich hoffe natürlich wieder, dass es euch gefallen hat?

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag und einen schönen Einstieg in die Woche. ;)

P.S. Ich kann euch leider nicht versprechen, dass ich nächsten Mittwoch ein Kapitel hochladen kann... Bitte seid mir nicht böse, aber ich muss sehen, wie es mit Nati und Ethan weitergehen soll :P

Also: Vielleicht (hoffentlich) bis Mittwoch und sonst erst wieder in einer Woche. :*

Alive - Wie er mir half zu lebenWhere stories live. Discover now