7 Licht und Schatten.

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❰  S O P H I A  ❱





Der Klingelton des Handys zerrte an meinen Nerven. Schließlich raffte ich mich auf, zog meine Tasche von der Arbeitsplatte und setzte mich auf den kalten Fußboden der Küche. Den Ofen im Rücken kramte ich nach meinem Handy und sah sichtlich überrascht auf die Nummer. Dann nahm ich ab.

„Wo muss ich als Zeugin aussagen?"

Zuerst hörte ich am anderen Ende der Leitung etwas rascheln, schließlich atmete jemand tief durch.

»Wieso gehst du direkt davon aus, dass ich in der Klemme stecke?« Liams dunkle Stimme zu hören machte etwas mit mir. Ich entspannte mich merklich und begriff, dass ich ihn auf verquerter Weise wirklich vermisste.

„Wieso sonst solltest du aus heiteren Himmel plötzlich anrufen, nachdem du drei Wochen nicht einmal Nachrichten beantwortest hast?", stellte ich die Gegenfrage und hörte Liam eine Weile lang schweigen. Nicht gerade subtil wechselte er direkt das Thema.

»Wie ich hörte bist du in deiner ersten Prüfung in Jiu Jitsu durchgefallen.«

Klang danach, als hätte Paddy ihn angerufen.

Ich antwortete darauf nicht, sondern sah schweigend auf die Weinflasche, die ich immer noch nicht richtig angerührt hatte.

»Wie geht es dir?«

„Ist das eine rhetorische Frage, oder ernst gemeint?"

»Du kannst ruhig aufhören meine Fragen mit Gegenfragen zu beantworten«, sprach er gelassen. »Also, hast du schon versucht dich mit Alkohol auszuknipsen?«

Ich starrte auf die Weinflasche: „Habe es probiert, aber-"

»Dir ist das Glas aus der Hand gesprungen?«

In diesem Moment hielt ich inne: „Wie kommst du-"

»Sind wir wieder bei den Gegenfragen, Sweets?«, rieb er mir unter die Nase und unterbrach mich direkt: »Ich habe geraten und zum Teil würde ich mir selbst wohl auch irgendwie die Birne zudröhnen, wenn ich Paddy auf die Matte gesabbert hätte.«

„Ich habe gekotzt, nicht gesabbert", korrigierte ich ihn trocken. „Nicht gerade meine Sternstunde."

»Und dir die Seele aus dem Leib gekreischt«, fügte Liam ungeschönt dazu.

Nun streckte ich langsam die Beine aus, mein ganzer Körper fühlte sich plötzlich unheimlich müde und erschöpft an. „Wieso rufst du an, wenn du sowieso schon alles weißt!"

»So cool ich es auch finde, dass du mich für allwissend hältst, aber ich würde nicht anrufen, wenn ich bereits alles wüsste.«

Ungelenkt angelte ich nach dem Glas Wein und langte dann nach der Flasche. „Wenn du dich nun an meinen kleinen Aussetzter-"

»Ach komm, nennen wir es Nervenzusammenbruch 2.0«

„-ergötzen willst, dann werde ich jetzt auflegen", sprach ich einfach weiter. Doch Liam wollte sich nicht über mich lustig machen, denn seine folgenden Worte zeigten wir erneut eine Seite, die ich an ihm bislang nicht kannte.

»Es wird besser.«

Die rote Flüssigkeit füllte das Glas. Endlich zitterte meine Hand nicht mehr erbärmlich. Trotzdem fühlte sich meine Kehle schrecklich trocken an. „Was wird besser? Du meinst, beim nächsten Mal pinkel ich mich ein, statt zu kotzen?"

ROUGE [ Zweiter Akt ] ✓Where stories live. Discover now