20 Ein Stück vom Glück.

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Menorca war die dritte Station unserer Reise. In Spanien war es warm und nachdem ich in London Grace zum Flughafen brachte, konnte ich es kaum erwarten mit dem Privatjet endlich dieses kalte und nasse Land zu verlassen.

„Na ihr verabschiedet euch aber liebevoll", merkte Sophia an, als Grace am Flughafen ihren Rucksack schulterte und uns noch schöne Flitterwochen wünschte. Meine Schwester ließ sich völlig überrumpelt von Sophia umarmen, während wir uns je nur zunickten.

„Kann nicht jeder filmreife Tränen verdrücken", sprach ich und erinnerte meine falsche Ehefrau so daran, dass sie im Leihwagen gefühlt ewig ins Taschentuch geheult hatte. Und das nur, weil sie ihre Schwester, die zwei Kröten und den Vater eine ganze Zeit lang nicht sehen würde.

Zoé umarmte mich ganze zweimal, als ich die Koffer zum Auto wuchtete, beim dritten Mal sprang ich ihr aus dem Weg und schob ihr einen ihrer Zwerge in die Arme. Dazu ihr nicht endendes Geschnatter. Die nächsten sechs Monate wollte ich die nervtötende Stimme nicht mehr hören.

Die Reise nach Menorca selbst verlief recht ruhig, ich hatte schon bemerkt, dass Sophia niemand war, der sich ständig unterhalten musste, im Gegensatz zu ihrer Schwester. Sie verschlief die meiste Zeit und am Flughafen zog sie am weißen Porsche Boxster Spyder endlich diese spießige Strickjacke aus.

Allgemein kleidete sie sich seit London ziemlich altbacken. Kaum hatte ich mir die Sonnenbrille auf die Nase geschoben und das Gepäck verstaut, als ich meinen Blick an ihr auf und ab gleiten ließ.

Sophia sah sich auf den Parkplatz um, denn der Porsche erregte mächtig Aufmerksamkeit. Mein Onkel hatte überall seine Schlitten, es war auch eines seiner unzähligen Ferienhäuser, zu dem wir jetzt fahren würden.

„Wieso zieht du nicht gleich einen Burka an?", entwich es mir und ich knallte den Kofferraum zu. Sophia sah an sich herunter, strich über den knielangen Rock und öffnete den oberen Knopf ihrer Bluse, dann lächelte sie: „Dir gefällt nicht, was ich an habe?"

„Nein", gab ich zu und schwang mich auf den Fahrersitz. Sie rollte mit den Augen, bevor sie die Beifahrertür öffnete, dann neckte sie mich: „War das eine Anspielung darauf, dass du mit mir shoppen gehen willst?"

Scheiße, nein!

„Du willst nicht mit mir einkaufen, wir würden uns nur in die Haare kriegen und am Ende gibt es Tote", sprach ich und wartete darauf, dass Sophia sich anschnallte. Dann startete ich den Wagen und wir verließen das Flughafengelände.

„Na du bist ja optimistisch", beendete sie das kurze Gespräch und schob sich ebenfalls eine Sonnenbrille auf die Nase.

Menorca hatte ich vor vier Jahren das letzte Mal besucht und dabei Harry mitgenommen. Für ihn war die Insel nur eine Zwischenstation.

Warmer Wind rauschte über unsere Köpfe und ich lenkte den Wagen auf schmale Straßen.

Sophia neben mir tippte auf ihrem iPhone herum, dann sprach sie: „Außerhalb der beiden Städte Ciutadella und Maó wird das Bild von Menorca vor allem von geruhsamer Beschaulichkeit geprägt: viele von Steinmauern gesäumte Felder, weiß getünchte Bauernhöfe mit alter Käsetradition, idyllische Dörfer und malerische Fischerorte."

„Frisst du jetzt einen Reiseführer?", warf ich ein und machte das Radio an. Sie ließ sich jedoch nicht von mir provozieren und las weiter: „Insgesamt ist die Insel sehr grün und waldreich und es wird viel Landwirtschaft betrieben. Der ursprüngliche Norden ist felsig und geprägt von schroffen, zerklüfteten, teilweise fjordartigen Küsten, der Süden wirkt sanfter, die Küste ist weniger zerklüftet, und weist mehrere touristisch nutzbare Strände auf."

ROUGE [ Zweiter Akt ] ✓Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum