C H A P T E R 8

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Gestern bin ich zeitig ins Bett gegangen. Ich saß wirklich lange mit Harley an dem Plan der Musik. Wir haben E-Mails geschrieben und sie an mehrere DJs verschickt. Alleine das hat schon sehr viel Zeit beansprucht. Aber dann haben wir uns auch noch an die Song Auswahl gesetzt. Sie ist zwar noch lange nicht fertig, aber ein Anfang ist es schon mal. Die Arbeit im Gemeindehaus hat mir wirklich Spaß gemacht. Ich bin froh, dass ich mich dazu entschlossen habe als freiwillige Helferin zu arbeiten. Die Treffen sind immer Montags und Donnerstags. Dass Harley ebenfalls dort arbeitet freut mich, so können wir wieder ein wenig Zeit miteinander verbringen.
Seine Worte wollen einfach nicht mehr aus meinem Kopf gehe. 'Sie kennen dich auch nicht so gut wie ich. Ich weiß, was in dir steckt und dass du anders sein kannst.' Er ist so ein warmherziger Mensch und ich belüge ihn praktisch. Das ist echt eine blöde Situation in die ich mich da gebracht habe. Mit einem lauten Seufzer schlage ich die Bettdecke zur Seite und mache mich für den heutigen Tag fertig. Am Küchentisch treffe ich meinen Dad an, der wir jeden Morgen seine Zeitung liest und dazu eine Tasse Kaffee trinkt.

“Guten Morgen.“, begrüße ich ihn und schenke mir selbst eine Tasse Kaffee ein. Da ich aber diese Nacht ausreichend Schlaf bekommen habe, fällt diese eher klein aus.

“Guten Morgen.“, grüßt er mich zurück, faltet seine Zeitung zusammen, stellt seine leere Tasse in die Spüle und gibt mir einen Kuss auf den Scheitel. “Ich bin stolz auf dich.“, sagt er anschließend und lächelt mich an.

“Äh okay? Warum?“, frage ich verwirrt nach und setze mich auf einen Stuhl.

“Du hilfst freiwillig bei der Planung des Gründerfest und ich habe dich gestern noch angeschrien, dass du nur an dich denkst. Das tut mir Leid.“, sagt er Reue voll und schaut mich mit einem traurigen Blick an.

“Das ist nicht schlimm Dad. Hätten wir uns nicht gestritten, hätte ich mich wahrscheinlich nie als freiwillige Helferin gemeldet.“, sage ich beruhigend und lächle ihm aufmunternd zu. “Also dann, ich werde mit Silver ausreiten.“, informiere ich meinen Dad und Stelle meine leere Tasse in die Spüle. Wenige Minuten später befinde ich mich auf dem Rücken von Silver und reite in den Wald hinein. Hier hatten Max und ich uns ein Baumhaus gebaut. Ein Ort an dem wir sein konnten, um in unsere eigene Welt abzutauchen. Mich würde es ja mal interessieren, ob es noch steht.
Ich reite durch den Wald und lausche den Geräuschen der Natur. Das Knarren der Bäume, die sich im Wind hin und her bewegen. Das Zwitschern der Vögel, die ihre Melodien singen. Und das Rascheln der Blätter, die sich aneinander reiben.
Jetzt dürfte es nicht mehr weit sein. Das Baumhaus muss hier irgendwo sein. Es ist zwar schon eine Weile her, dass ich diesen Weg gegangen bin, doch war ich früher so oft hier, dass ich ihn nie vergessen könnte. Silver binde ich an einem Baum fest und begebe mich anschließend in den dichteren Wald. Damals war es schon ein Abenteuer überhaupt das Baumhaus zu erreichen. Doch jetzt sind es vielleicht nur 15 Meter, dass es von dem Waldweg entfernt steht. Alles sieht noch genau so aus, wie wo ich das letzte mal hier war. Sogar unsere Reifenschaukel hängt noch. Ich klettere die Leiter hoch und erleide fast einen Herzinfarkt, als ich sehe, dass ich nicht alleine bin.

“Was machst du denn hier?“, frage ich erschrocken und kletter auf die Plattform.

“Hätte nicht gedacht, dass du dich hier ran erinnerst.“, antworte Max, doch beantwortet damit nicht meine Frage. Er sitzt im Schneidersitz auf dem Holzboden, an einen Balken gelehnt. Seine Stirn ist in Falten gelegt. Also irgendetwas stimmt hier nicht.

“Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.“, sage ich mit etwas Nachdruck und setze mich neben meinen ehemals besten Freund.

“Ich komme immer hier her, wenn ich meine Ruhe haben möchte. Das kann ich jetzt aber vergessen.“, antwortet er scharf und starrt geradeaus. Okay, heute wohl kein Sonnenschein.

“Wenn du reden möchtest, dann bin ich für dich da. Du hast mir schließlich auch zugehört, als ich jemanden gebraucht habe. Außerdem denke ich, dass ich dich ein bisschen kenne und dir bestimmt helfen kann.“, sage ich ruhig und schaue Max von der Seite an.

“Du kennst mich nicht. Nicht mehr jedenfalls.“, bringt er beißend hervor und starrt noch immer in das große Nichts. Ich wende meinen Blick von ihm ab und schnaufe auf. Ich kann doch auch nichts für seine schlechte Laune. Warum ist er dann so arschig zu mir? Irgendwie verletzt es mich ja, dass er nicht mit mir reden möchte. Also sitzen wir einfach da und schweigen uns an.

“Mein Dad.“, sagt Max nach einer Weile und ich schaue ihn fragend an, doch er blickt nur auf seine Hände. “Ein paar Monate nach dem du gegangen bist, hat uns mein Dad verlassen. Er hat uns von heute auf morgen verkündet, dass er sich verliebt hat und mit der anderen Frau eine neue Familie gründen möchte. Meine Mom hat es den Boden unter den Füßen weggezogen, als er gegangen ist. Jetzt ruft er nur noch einmal im Jahr an, um sich zu erkundigen wie es uns geht. Aber das interessiert ihn eigentlich wenig, denke ich. Heute hat er wieder angerufen.“, verkündet mir Max und starrt immer noch auf seine Finger.

“Das ist schrecklich. Es tut mir leid, ich hatte ja keine Ahnung.“, antworte ich und schaue ihn mitleidig an.

“Ist doch auch egal.“, antwortet Max und schaut mich endlich an, doch leider mit einem falschen Lächeln.

“Nein, das alles ist nicht egal. Das ist wirklich traurig. Mir tut das alles so leid. Erst habe ich dich im Stich gelassen und wenig später dein Vater. Das sollte kein
10-Jähriger durchmachen müssen. Aber ich werde dir versprechen, dass ich es wieder gut mache. Ich bin für dich da und ich möchte, dass du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst. Vielleicht werden wir keine besten Freunde mehr, aber Freunde zu sein bedeutet mir schon viel.“, sage ich und lege meine Hand auf Max seine. Er schaut zu mir hoch und lächelt mich diesmal ehrlich an. Als er meine Hand mit seiner umschließt, lege ich meinen Kopf auf seine Schulter und Max lehnt seinen Kopf an meinen. Beide schauen wir wieder in das Leere und genießen die Stille um uns herum.

Ein kleines Special-Kapitel für euch. Ich hoffe es hat euch gefallen. Über Votes und Kommentare freue ich mich jederzeit. Außerdem möchte ich mich bedanken, dass ihr meine Geschichte bis hier her gelesen habt. ❤

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