C H A P T E R 2 0

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“Okay, dann gebt mir bescheid wenn es nicht besser wird. Bis dahin, richte ihm gute Besserung aus.“, sage ich und verabschiede mich bei der Gitarristin der Schulband, die mich so eben informiert hat, dass sich der Sänger einen fiesen Virus eingefangen hat. Momentan kann er nicht singen, aber zum Gründerfest sollte er wieder auf den Beinen sein. Das hoffe ich zumindest, denn es gibt keinen Plan B. Ich lege auf, schmeiße mein Handy auf den Tisch und schaue zu Joshua, der gemütlich auf dem Sofa sitzt und irgendetwas an seinem Laptop bearbeitet.

“Ich verstehe nicht, warum du das machst.“, sagt er ohne von dem Bildschirm auf zu schauen. Ich weiß genau was er meint, doch hoffe mich zu irren, also frage ich: “Was genau meinst du?“

“Ich meine, dass du dich so für dieses Dorf engagierst.“, antwortet er, klappt seinen Laptop zu und stellt sich gegenüber von mich hin. Dass er Greenwell erneut als Dorf betitelt ignoriere ich. Selbst wenn ich ihm jedes mal korrigiere, sagt er es beim nächsten mal doch wieder. “Die Menschen hier haben doch nicht das geringste mit dir gemeinsam.“

“Du verstehst das alles nicht.“, flüstere ich und verschränke meine Arme vor der Brust.

“Genau, ich verstehe es nicht.“, sagt Joshua und schaut mich mit diesem Blick an, der mir zeigt, dass er es gar nicht verstehen will. Es interessiert ihn einfach nicht und mich verletzt es. War ich denn die ganze Zeit über so blind? War Joshua die ganze Zeit über so? Es macht mich traurig, dass ich der Realität nun ins Auge blicken kann. Aber nicht die Tatsache, dass ich es kann, sondern, dass es jetzt erst passiert. Joshua war immer lieb und wir waren das perfekte Paar, weil wir gleich getickt haben. Doch nun habe ich mich verändert.

“Greenwell ist meine Heimat, es ist mein Zuhause. Hier bin ich aufgewachsen und hier habe ich meine Freunde und hier werde ich akzeptiert. Egal ob in schicken Klamotten oder mit Cowboy Stiefeln. Sicherlich sind die Menschen in Greenwell manchmal etwas schrullig drauf, aber sie sind immer noch meine Familie. Sie sind die Personen, die mich ausmachen.“, sage ich mit lauter Stimme und glasigen Augen. Ich will nicht weinen, aber es macht mich einfach so wütend und zugleich traurig, denn wenn Joshua schlecht über Greenwell spricht, dann fühlt es sich so an, als würde er schlecht über mich sprechen. Und so was von einer Person zu hören, die ich vielleicht liebe, ist sehr verletzend. 

“Du passt doch gar nicht hier her. New York ist deine Heimat und dein Zuhause ist bei mir. Babe, wir beide, du und ich. Wir können so viel zusammen erreichen.“, sagt er und kommt auf mich zu, nur um seine Hände an meine Wangen zu legen. “Es ist süß, dass du hier deine Freunde hast, aber denk doch mal an unsere Freunde in New York. Wenn wir es clever anstellen, kennt uns in drei, vielleicht vier, Jahren die ganze Welt. Wir werden erfolgreich sein und ich möchte, dass du dann an meiner Seite stehst.“ Er macht das gut, versucht mich mit Erfolg zu ködern. Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich damals auf ihn rein gefallen bin. Er hat schon früher solch ein streben nach Macht gehabt, dass mich einfach angezogen hat, denn ich hatte es auch. Trauriger Weise muss ich zugeben, dass ich es immer noch habe. Ich sehne mich immer noch nach einem Leben voller Glamour, aber mittlerweile hat sich etwas an meinem Wunsch verändert. Die Menschen, die an meiner Seite stehen sollen, sind andere, als noch vor ein paar Wochen. Doch bevor ich weiter mit Joshua diskutieren kann, bekommt die aufgehende Haustür meine Aufmerksamkeit.

“Hallo?“, höre ich seine Stimme durch das Haus rufen. Sofort bildet sich ein Lächeln auf meinen Lippen und ich antworte: “Hier.“ Joshua scheint genervt zu sein und lässt sich mit einem lauten Schnaufen auf dem Sofa fallen.

“Hey.“, sagt Max als er das Wohnzimmer erreicht und Joshua und mich erblickt. Ich erwidere sein hey und schaue ihn abwartend an.
“Achso. Ähm, weißt du zufällig wo dein Dad ist?“, fragt er und schaut nun mich abwartend an. Aber in seinem Blick liegt noch etwas anderes, etwas trauriges.

“Nein, tut mir leid. Er wird hier schon irgendwo rumlaufen. Im Haus ist er jedenfalls nicht.“, antworte ich und schaue ihn mit einem fragenden Blick an. Max weiß genau, was mich verwirrt. Er weiß, dass ich wissen möchte, was sein Blick zu bedeuten hat. Doch statt zu antworten, zuckt er mit den Schultern und geht wieder aus dem Raum. Und mit ihm verschwindet auch das kribbelnde Gefühl in meinem Bauch. Seit Joshua da ist, habe ich nicht mehr viel mit ihm erzählt. Das ist sehr schade, denn ich vermisse unsere Gespräche. Aber nicht nur unsere Gespräche, sondern auch seine Anwesenheit. Ich starre noch eine Weile auf den Fleck, wo Max gestanden hat, bis mich plötzlich etwas an der Hand berührt. Ich schaue auf diese und erkenne Joshuas Hand, die meine umschließt.

“Es tut mir leid, Holly.“, flüstert Joshua ganz nah an mein Ohr. “Ich möchte mich nicht mit dir streiten. Greenwell gehört zu dir, das sollte ich akzeptieren.“

Ich drehe mich zu ihm um und verschränke meine Arme hinter seinem Nacken. Gleichzeitig legt er seine Hände um meine Taille. “Mir tut es auch leid. Ich hätte nicht sofort ausrasten sollen.“ Ein Blick in seine Augen, die früher so viel Wärme ausgestrahlt haben, verrät mir, dass es ihm nicht so leid tut, wie er es vorgibt. Aber er lässt mir nicht genügend Zeit, um seinen Blick noch länger zu deuten, denn er legt sogleich seine Lippen auf meine. Auch wenn ich jeden seiner Küsse genieße, sind sie anders. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt, aber seine Küsse haben sich verändert. Vielleicht aber, habe auch ich mich geändert.

Zwischen Joshua und Holly kriselt es ja ganz schön. Gibt es jemand der trotzdem #TeamJolly ist oder seid ihr eher #TeamMally?

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