C H A P T E R 1 4

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Die Arbeit im Gemeindehaus macht mir von Mal zu Mal mehr Spaß, was vielleicht auch daran liegt, dass die anderen gemerkt haben, dass ich gar nicht so schlimm bin. Ja, am Anfang habe ich diese Arbeit nur gemacht, um alle von mir zu überzeugen, doch jetzt tue ich es, weil es mir Spaß macht. So habe ich eine Aufgabe und sitze nicht nur den ganzen Tag rum. Ich kann mit meiner Arbeit hier, den Menschen in Greenwell ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Denn wenn die Musik schlecht ist, dann ist alles schlecht. Außerdem muss ich noch tanzen. Das wiederum wäre egal, ob ich es mache oder nicht. Aber nun habe ich Abigail zugestimmt und ich will sie nicht enttäuschen. Sie macht so viel für das Gründerfest, arbeitet überall mit, wo Hilfe benötigt wird und dann muss sie auch noch über alles den Überblick bewahren. Ich habe großen Respekt vor ihr. Sie ist eine wirklich starke Frau und irgendwie bewundere ich sie sogar. So eine Arbeit in seiner Freizeit zu erledigen, dann noch einen gut bezahlten Job zu haben und dabei so gut auszusehen.

"Erde an Holly.", dringt die Stimme von Harley an mein Ohr. Verwirrt blinzel ich ein paar mal und schaue anschließend zu meinem guten Freund, dessen Gesicht ein amüsiertes Grinsen trägt.

"Was?", frag ich verwirrt nach und verstaue meine Unterlagen in einer Mappe.

"Ich wollte wissen, ob du heute Abend mit zu Tyler kommst.", sagt er und räumt selbst seinen Papierkram zusammen. Erstaunlich wie viel Anträge und Genehmigungen man einholen muss, um die gewünschte Musik beim Gründerfest spielen zu dürfen. Die Liste mit den Songs haben wir heute fertig gestellt, die Band ist fleißig am Proben und einen DJ haben wir auch gefunden. Eigentlich dürfte nichts mehr schief gehen.

"Äh, ja klar komme ich.", antworte ich und erhebe mich von meinen Platz. "Also dann, bis heute Abend." Mit einem letzten Lächeln und einer kurzen Umarmung, verschwinde ich aus dem Gemeindehaus und gehe nach Hause zu meinem Dad, um das Abendessen vorzubereiten. Er hat mir in den letzten Tagen gezeigt wie man kocht. In New York haben wir immer Essen bestellt oder sind in ein Restaurant gegangen. Gekocht habe ich noch nie. Aber jetzt kann ich Rühreier und Spaghetti machen. Für mehr hat es einfach nicht gereicht. Aber mein Dad wird die Hoffnung nicht aufgeben, hat er gesagt. Es ist schön mit ihm Zeit zu verbringen, denn in all den Jahren, war mir nie wirklich bewusst, dass wir eigentlich Fremde sind. Das hat mich traurig gemacht, also möchte ich mehr Zeit mit ihm verbringen und ihn besser kennen lernen, denn schließlich ist er mein Dad.

Heute hat mir Dad gezeigt, wie man Pizza selber macht und dazu haben wir nur Zutaten aus unserem Garten, hinter dem Haus, verwendet. Na ja, die Salami war gekauft, aber das muss keiner wissen. Und diese Pizza war die beste Pizza, die ich gegessen habe. Man hat richtig gemerkt, dass keine Chemie und all das ganze Zeug enthalten war. Jetzt bin ich mit vollem Bauch auf dem Weg zu Tyler. Umgezogen habe ich mich nicht noch mal, was ich sonst immer tue, wenn ich Abends wohin gehe. Aber eine Jeans und ein weißes Top passen perfekt zu einem Abend unter Freunden. Als ich die Straße zu Tylers Haus entlang laufe, sehe ich schon von weitem Max Pick-up in die Einfahrt fahren. Seit Dienstag, als ich ihn aus meinem Zimmer geschmissen habe, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Und ich weiß auch, dass ich mir gestern erst geschworen habe, diese Nacht einfach zu vergessen, doch jetzt kann ich an nichts anderes mehr denken. Blöde Gedanken, verschwindet aus meinem Kopf! Als ich an Tylers Haus ankomme, begegne ich Max, der auf mich wartet.

"Hey.", sagt er und schaut mich mit einem ernsten Blick an.

"Hey.", antworte ich und zwinge mir ein schwaches Lächeln auf die Lippen.

"Wollen wir gehen?", fragt Max und deutet mit einem Nicken auf das Haus. Ich setze mich in Bewegung und folge Max, der um das Haus geht, damit wir den Garten erreichen. Dort sitzen auch schon die anderen um eine Feuerschale und unterhalten sich. Es muss schön sein, so etwas jeden Abend haben zu können. Wenn der Himmel dunkelblau ist, kurz davor steht schwarz zu werden und die Grillen zirpen. Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus. Es ist etwas, dass ich den letzten Tagen öfters gespürt habe, doch noch nie so intensiv. Man kann es nicht vergleichen mit anderen Gefühlen. Es fühlt sich wie Heimat an, als wäre ich endlich angekommen, doch das wiederum verwirrt mich.

"Da seid ihr ja endlich. Kommt, schnappt euch ein Bier und setzt euch.", unterbricht Lucy meine Gedanken und strahlt mich mit ihrem warmen Lächeln an. Sie sitzt auf Tylers Schoß und unterhält sich mit Harley über irgendein Mädchen. Und Tyler schaut Lucy verliebt an. Er muss sie wirklich Lieben, denn so einen Blick kann man nicht aufsetzen, er kommt von Herzen und passiert einfach. Ich wünsche mir, dass mich auch jemanden irgendwann so anschaut. Joshua hat mich noch nie so angesehen.
Nun sitzen wir hier draußen in Tylers Garten und genießen den milden Abend. Es ist wirklich angenehm draußen zu sein, um eine Feuerschale zu sitzen und mit ein paar Freunden ein Bier zu teilen. Aus den Gesprächen der anderen halte ich mich raus, genauso wie Max. Heute scheint wohl nicht unser Tag zu sein. Mein Blick wandert zu Harley, der sich mit Tyler unterhält. Und Lucy, die immer noch auf dem Schoß ihres Freundes sitzt, lässt abwechselnd ihren Blick zwischen mir und Max schweifen. Doch das beunruhigt mich. Sie scheint irgendwas zu ahnen, das verrät mir ihr nachdenklicher Blick. Und Lucy war schon immer schlau. Panik überkommt mich, dass sie es heraus finden könnt. Im selben Moment, als es bei Lucy klick zu machen scheint, reiße ich meine Augen auf und schüttel wild mit dem Kopf. “Nein!“, flüstere ich leise und panisch, so das es nur Lucy hört.

“Das ist nicht war?“, ruft sie fassungslos aus und klatscht sich gleichzeitig grinsend in die Hände. Tyler und Harley unterbrechen ihr Gespräch und schauen Lucy verwirrt an und auch Max erhebt seinen Blick. Ich schlage mir derweil verzweifelnd die flache Hand auf die Stirn. “Ihr habt miteinander geschlafen?“ Super Lucy, ich würde es noch lauter sagen. Meine Freunde in New York haben es noch nicht mitbekommen. Aber da hilft jetzt nur eins. Leugnen!

“Nein, haben wir nicht.“, streite ich viel zu schnell und mit zu hoher Stimme ab.

“Oh, und ob ihr das habt. Deswegen seid ihr die ganze Zeit über auch so still. Ich habe mich schon gewundert, aber das erklärt so einiges.“

“Wir haben nicht miteinander geschlafen!“, versuche ich mich zu verteidigen, scheitere aber kläglich. “Sag doch auch mal was dazu.“, wende ich mich nun an Max, der das ganze still beobachtet hat.

“Was soll ich denn sagen? Soll ich meine Freunde anlügen?“, fragt er mich wütend und stellt sein Bier aus der Hand. Na toll, jetzt hat leugnen auch keinen Sinn mehr.

“Wir hatten eine Abmachung. Wir wollten diese Nacht vergessen.“, antworte ich ebenfalls wütend.

Du wolltest diese Nacht vergessen und das gibt dir noch lange nicht das Recht zu verlangen, dass ich meine Freunde anlüge.“, sagt er und schaut mich mit ernster Mine an.

Ich forme meine Augen zu Schlitzen, aus der Hoffnung es würde etwas bringen, wenn ich Max so wütend anschaue. Aber es bringt nichts. “Na schön, ich gehe.“, sage ich schließlich und springe auf. Das alles wird mir zu viel. Gerade als ich dabei war es wirklich zu vergessen, passiert so etwas. “Holly, warte!“, höre ich Tyler noch rufen, doch ich bin schon verschwunden und laufe die Straße entlang. Warum enden unsere Treffen immer in einem Streit?

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