16 Wunschdenken

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Felina wartete. Gleich würde er aufmachen.

Der Mann neben ihr wurde etwas nervöser. Er zupfte an seinem Anzug, der ganz schwarz war. Felina sah zu ihm auf, er war groß und hatte riesige Ohren, die von seinem runden Kopf abstanden wie Flügel.

Für Felina war er auch ein Engel.

Er hatte ihre Mission so einfach gemacht. Unten vor dem Hotel hatte er sie angesprochen und gefragt, ob sie Felina wäre. Ob sie mitkommen möchte, weil ihre Vater auf sie warten würde.

Deswegen stand sie jetzt ganz oben im Hotelflur vor der Tür, die jeden Moment geöffnet werden würde. Der Mann hatte bereits zweimal geklopft und es dauerte, aber dann ging sie auf und da stand er vor ihr.

Papa.

Dunkel gekleidet, und barfuß. Sie starrte auf seine nackten Füße und wagte es im ersten Moment gar nicht, den Blick von seinen Zehen loszureißen.

„Was zum ... ", sagte er. Stoppte. Seine Stimme. Unverkennbar.

Felina sah auf und grinste ihn an.

Bloß wirkte er gar nicht glücklich. Sein Gesicht hatte an jeglicher Farbe verloren und seine Lippen presste er stumm aufeinander. Die Augen waren leicht rot unterlaufen, glasig und gruselig, wie sie so regungslos Fee fixierten und nicht mehr losließen.

„Sir", sagte der Mann neben Felina und sprach etwas auf Englisch. Papa antwortete auf derselben Sprache und böse schossen die Worte aus seinem Mund. Papa war wütend.

Felina zuckte vor Schreck zusammen. Er hatte sie weder erwartet noch wollte er sie überhaupt hier haben und sie sollte auch nicht hier sein. Verschreckt hielt sie sich ganz still.

Der Mann neben ihr hob zum Abschied die Hand, schenkte Felina ein aufmunterndes Nicken und ging. Papa trat aus dem Türrahmen, schrie ihm hinterher. „Hey!"

Aber der Mann ging einfach weiter zum Fahrstuhl ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen. Erst aus dem Aufzug heraus grinste er und winkte. Niemand folgte ihm. Papa stand angewurzelt im Flur.

Felina wagte es nicht sich zu rühren. Irgendetwas lief hier gerade gar nicht so, wie es ausgemacht war. Sie wollte nicht Schuld sein.

Schüchtern sah sie zu ihrem Papa auf. Er ignorierte sie, fixierte nur aufgebracht den Fahrstuhl, der schon lange auf dem Weg nach unten war. Seine Kiefern hatte er aufeinander gepresst genau wie Rico es machte, wenn er sauer war und gleichzeitig nachdenken wollte.

Nur waren Ricos Augen nie so rot unterlaufen. Es gruselte Felina, und sie hatte davon schon gehört. Sie fragte trotzdem, einfach, um nur irgendetwas zu sagen: „Bist du high?"

~ ~ ~

Fill knirschte mit den Zähnen. „Ja. Und du solltest nicht hier sein."

„Stimmt." Sie sprach es ganz leise aus, als hätte sie Angst. Vor ihm? Davor, gleich gehen zu müssen? Was Anbetracht der Situation wahrscheinlich das beste war?

Sein Kopf schwirrte bei dem Versuch, die beste Vorgehensweise zu finden. Immer wieder drängte sich ein Gedanke vor alle anderen.

Da war sie. Felina.

Er blinzelte und löste sich aus seinem Erstarren. Vor ihm stand ein kleines Mädchen. Seine Tochter.

Dunkelbraune Haare umgaben ihr kindliches Gesicht, glatt waren sie, ein wenig zerzaust. Zwei Muttermale prangten auf ihrer Wange, eines davon direkt neben ihren Grübchen.

Sie beobachtete ihn mit ihren großen, braunen Augen wie eine kleine Raubkatze. Er stockte. Sie war Viktoria so ähnlich.

„Felina, richtig?", sagte er dann. Mit ihr zu sprechen, kam ihm surreal vor. Es fühlte sich an, als würde er sich selbst im Fernsehen beobachten.

Wie Glaspapier im Scheinwerferlicht ✔Where stories live. Discover now