35 Chelsea Hamilton

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Wenn Fill sich vorstellte, dass das alles gerade einfach nicht passiert war, würden seine Kopfschmerzen dann nachlassen? Würde er dann einfach aufwachen, mit einer attraktiven Frau neben sich im Bett? Könnte er sein ganz normales Leben zurückhaben wie es gewesen war, bevor er nach Deutschland zurückgekehrt war?

Stattdessen aber stand vor ihm Chelsea und grinste ihn selbstgefällig an. Die dagegen war tatsächlich ein Stück aus seinem alten Leben. Sie war seine aktuellste Ex, er hatte vor etwa zwei Monaten Schluss gemacht, und trotzdem stand sie hier vor ihm.

„Warum hast du mir nicht erzählt, dass du eine Tochter hast?", wollte sie wissen.

Fill zuckte nur mit den Schultern in der Hoffnung, dass sie sich in Luft auflöste, wenn er sie einfach nur lang genug ignorierte.

Er hatte keine Kraft mehr. Das war alles zu viel, sein Kopf war überlastet und sein Körper lag energielos auf dem Sofa. Im besten Fall würde Joe jetzt alles regeln.

Statt dass er jedoch Chelsea rauswarf, tauchte Lars auf. „Die Polizei ist alarmiert und unterwegs. Die haben gesagt, wir sollen die Halle abriegeln, damit die Täter nicht abhauen können, aber die stehen da draußen kurz vor einer Massenpanik. Das können wir nicht riskieren, darum sind die Türen offen."

Dann fiel sein Blick kurz auf Chelsea. „Was macht die denn hier?"

„Weiß auch nicht", murmelte Fill.

Lars schlug vor: „Rauswerfen?"

„Hey!" Chelsea schnappte aufgebracht nach Luft. „Was geht denn mit euch ab? Ich wollte nur Fill besuchen!"

„Du hasst Fill", stellte Lars mit nüchternem Ton fest. „Also, warum bist du wirklich hier?"

„Ich hasse ihn gar nicht!"

„Ähm, ich zitiere: 'die schlimmste Zeit meines Lebens habe ich ihm zu verdanken', dein Twitteraccount."

„Aww, Lars Sheeran folgt mir auf Twitter?" Chelsea gluckste gespielt süß, ehe sie mit einem Schlag wieder ernst wurde: „Das nennt sich den Medienrummel ausnutzen, weißt du?"

Lars schüttelte nur fassungslos den Kopf und wandte sich ab, worauf Chelsea wieder zu Fill hinübersah. „Eine Tochter ist etwas, was man nicht unbedingt verschweigen sollte, aber weißt du was, egal!"

Ihre Stimme war wieder schnaufend geworden und ihre Nasenflügel flatterten leicht. Fill beobachtete sie einen Moment, um sicher zu gehen, dass er sich nicht täuschte. „Du hasst mich ja doch."

„Natürlich, du Arsch!"

„Hä?", kam es von Lars.

„Als seine Freundin hatte ich noch viel mehr Schlagzeilen! Aber nein, der werte Herr macht einfach vor laufender Kamera Schluss. Weißt du, was das für eine beschissene Aktion war?"

„Sorry."

Fill bereute das Ende ihrer Beziehung nicht, selbst wenn er es freundlicher hätte beenden können. An dem Abend war er high gewesen und hatte erfahren, dass Chelsea noch ein paar andere Liebhaber beglückte. Das hatte er immerhin nicht der Presse verraten.

Chelsea dagegen war mit ihrem Ärger noch nicht fertig, sondern begann wie ein kleines Kind zu äffen. „Oh ja, ein kleines Sorry und alles ist supi? Was für ein Scheiß! Wie bei der mysteriösen Person von vorhin auf der Bühne. Entschuldigen ist scheiße, wenn alles davor auch scheiße war!"

Okay. Fill schloss die Augen und holte tief Luft. Wenn er sie ignorierte, sie einfach nicht da war, dann machte ihm das auch alles gar nichts aus, oder?

Nur schwang sie einfach wieder ihre Handtasche und schlug ihn damit gegen die Schulter. „Hey, ich rede mit dir!"

„Autsch."

„Guillermo hatte Recht, sobald man dich mal besser kennt, bist du echt ein riesiges Arschloch."

„Was?" Fill sprang erschrocken auf, um sich bedrohlich vor sie zu stellen. „Du hast mit Guillermo gesprochen?"

„Guillermo?", warf Joe verwirrt ein, der auch noch da war. „Der?"

„Keine Ahnung!" Fill war laut geworden. Aufgebracht fuhr er sich durch die Haare und wandte sich ab. Sein Hemd klebte an seinem verschwitzten Körper und fühlte sich eklig an.

Chelsea antwortete mit einem süffisantem Lächeln. „Klar. Wir sind doch alle Freunde."

Fill schnaubte. Er hasste diese verfluchten 'Freundschaften'. Als ob tatsächlich irgendwer mit diesem Mistkerl befreundet wäre!

„Was hat er gesagt? Warum bist du wirklich hier?"

Chelsea verdrehte die Augen. „Oh, Mann. Ich hab nichts mit dieser Entführungssache zu tun, okay?"

„Aber du weißt was!" Er packte sie grob an den Oberarmen.

„Nein, weiß ich nicht." Sie versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, was ihr nicht gelang. Seine Finger bohrten sich in ihre Arme und ließen sie nicht wieder los, ehe sie mit der ganzen Wahrheit rausrückte.

Niemand im Raum schien Fill aufhalten zu wollen, stattdessen kam Lars sogar näher, um ihr noch mehr Angst zu machen.

„Erzähl schon!", zischte Fill.

„Gott, ich war in der Nähe, okay? Europa ist klein und ich hatte ein Fotoshooting in Paris. Guillermo hat mir für dein Konzert ein Ticket besorgt, das ist alles! Ich hatte auf ein paar Schlagzeilen gehofft, wenn ich hier aufkreuze, allerdings schätze ich, das dort kein Platz mehr für mich ist. Stattdessen nur deine niedliche Tochter, überall in den Zeitungen."

Mit einem Ruck ließ Fill Chelsea los, worauf sie nach hinten stolperte und sich ihren linken Arm rieb. „Aua."

„Wann hat Guillermo dir 'ne Karte besorgt?", hakte Lars nach, während Fill sie nur weiter fixierte, als sei sie der größte Abschaum.

War sie auch, seiner Meinung nach. Sie hatte ihn betrogen und war nur auf Schlagzeilen aus, wahrscheinlich schon seitdem sie sich kennen gelernt hatten. Fill hatte ihre wilde Art erfrischend gefunden und sie kannte sich mit Kamasutra aus. Mehr positive Dinge über sie fielen ihm nicht mehr ein.

„Gestern. War ja auch nur spontan in Europa." Sie zog einen Schmollmund und präsentierte dabei ihre dicken Lippen.

Lars runzelte die Stirn und drehte sich zu Fill um. Er wollte etwas sagen, wurde aber unterbrochen, als jemand an der Tür klopfte. Es war die Polizei.

Wie Glaspapier im Scheinwerferlicht ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt