Verwunderung

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„Loki!?" Hicks war fassungslos, als der Name aus dem Mund jener Person viel, die ganz in Ruhe auf einem Felsen saß und ihn mit einem Lächeln anschaute. „Ganz recht. Ich bin Loki....der Loki. Bruder des Thor." Mit diesen Worten erhob er sich von seiner Sitzgelegenheit, trat etwas mehr in den Schein des Feuers und musterte den jungen Wikinger mit einem neugierigen Blick.
Hicks war die Sache sehr unangenehm. Er hatte immer an die Götter geglaubt und wusste deswegen um ihre Macht. Ein Wikinger wie er es war, hätte niemals gegen ihn standhalten können. Und auch sein Drache würde es nicht schaffen, etwas gegen einen Gott auszurichten.
„W...was willst du von mir?", fragte Hicks mit einem leichten Stottern. Immerhin hatte er wohl eines der mächtigsten Wesen vor sich gehabt.
Doch der Mann, den Hicks auf ca. 35 Jahre schätzte schaute, schlich um den Wikinger und seinen Drachen herum und beäugte beide gründlich.
„Ist schon erstaunlich, dass ein Sterblicher es tatsächlich geschafft hat, den unheiligen Spross aus Blitz und Tod zu bändigen. Und dann noch so ein wunderschönes Exemplar. Ist wirklich bemerkenswert." Er schien Hicks im ersten Moment nicht weiter zu beachten. Loki schaute sich allein das gesamte Bild an, das sich ihm bot. So etwas hatte er wirklich noch nie gesehen. Ein Wikinger, der auf einen Drachen ritt. Obwohl er Hicks schon eine ganze Weile beobachtet hatte.
„Loki...was willst du nun von mir?" Hicks fragte erneut, ließ seinen Ton aber nicht zu fordernd herüberkommen. Schließlich wollte er den Gott nicht verärgern, wenn er es denn war.
Der Mann in den grünen Gewändern drehte sich um und schaute den fünfzehnjährigen Haddock an. „Was ich von dir will. Eigentlich nichts. Ich wollte euch einen kleinen Besuch abstatten und sehen, wie sich der Drachenreiter so macht."
Hicks hob verwirrt eine Augenbraue an. Das war also der Grund, warum Loki hierher kam? Er wollte sich ihn und Ohnezahn anschauen? Das konnte doch nicht der wahre Grund sein.
„Ist das wahr? Bist du auch wirklich Loki?", hinterfragte Hicks schließlich. Er konnte es immer noch nicht wahr haben, dass es sich hier tatsächlich um einen Gott handeln konnte.
Doch der Mann schaute ihn mit einem schiefen Blick an und erwiderte: „Du zweifelst an mir? Ich werde es dir zeigen." Mit diesen Worten verschwand der Mann urplötzlich von dem Fleck, wo er zuletzt stand. Hicks erschrak. Das konnte wirklich kein menschliches Wesen sein. Wikinger lösten sich nicht einfach in Luft auf.
Damit nicht genug. Nur wenige Sekunden später tauchte die Gestalt wieder an einer anderen Stelle auf. Genau hinter Hicks und Ohnezahn, auf einem Felsen stehend, rief er zu den beiden: „Zufrieden? Ich könnte dich auch noch in einen Artgenossen von deinem Freund verwandeln, oder umgekehrt, wenn es dir noch nicht reicht."
Die beiden drehten sich schlagartig um. Ohnezahn knurrte. Er konnte es nicht leiden, wenn man ihn auf so perfide Weise wortwörtlich in den Rücken fällt. Dieser Mann hatte wirklich etwas Unheimliches an sich, was er nicht erklären konnte. Selbst der mächtige Nachtschatten schien einen kleinen Hauch der Angst zu verspüren.

Hicks reichte es. Er wollte jetzt nicht noch erleben, wie es wäre, in einen Drachen verwandelt zu werden. Ein Beweis reichte völlig, um zu beweisen, dass es sich hier um Loki handelte.
„Es...es reicht mir. Ich glaube, dass du Loki bist.", kam es leicht zögerlich aus dem Mund des jungen Wikingers heraus, als er verwundert den Mann in grünen Gewändern anstarrte.
Loki lächelte zufrieden. Er setzte eine freundlichere Mimik auf und setzte sein hämisches Grinsen ab. „Gut. Denn ich will ja schließlich noch ein wenig mit dir reden." – „Mit mir reden?!" Jetzt blieb Hicks der Mund offen stehen. Eine Gottheit wollte wirklich mit ihm reden? Dem Schwächling des ganzen Dorfes Berk, der sonst nie etwas zustande gebracht hatte?
„Ja ich will genau mit dir reden. Wenn du willst. Du hast Asgard mit deinen Taten nämlich ziemlich aufgemischt." Mit diesen Worten schritt er von seiner erhöhten Position herunter und nährte sich Hicks langsam. Dabei schwankte sein Blick zu Ohnezahn, der immer noch drohend seine Zähne zeugte und zischte.
„Bitte, ich will euch gar nichts tun. Und deinem Menschenfreund auch nicht. Ich will nur mit euch in Ruhe reden. Wenn es dich stört, dann schweige doch." Das verwirrte den Nachtschatten ein wenig. Dieser Mann schien eine Kraft zu besitzen, die über alles hinausging, was sich der Drache hätte vorstellen können und doch wollte er nur reden? Lag es an dem, was auf Berk im Talkessel geschah? Ohnezahn wusste es nicht. Aber für den Moment, schien diese Gottheit wirklich freundlich zu wirken. Er setzte seinen drohenden Blick ab und schritt ein wenig bei Seite. Schließlich wollte er nur Hicks beschützen.

Der junge Wikinger indes hatte scharf den Weg des Gottes beobachtet. Er setzte sich an eine Stelle, nahe am Feuer und deutete darauf hin, dass er sich zum ihm setzen sollte. „Komm schon her. Dir wird doch noch kalt da im Schatten. Ich will nur mit dir reden. Wenn ich was mit anstellen würde wollen, hätte ich es schon längst getan."
Mit einem freundlich einladenden Blick schaute der Hicks an und signalisierte ihm, dass es wirklich nichts zu befürchten gab.
Hicks überlegte es sich kurz. Sollte er wirklich sich zu einem Gott setzen? Aber da kam in ihm der Gedanke auf, dass es nichts bringen würde. Vor einer allmächtigen Gottheit kann man nicht flüchten oder sich seiner Forderung verweigern.
So schritt er an die Stelle am Feuer und setzte sich neben den Mann, der ihn immer noch freundlich anlächelte. „Na siehst du. Es passiert schon nichts." Dann wandte er seinen Blick zu Ohnezahn. „Komm doch auch her. Dir wird auch nichts passieren." Dann auf einmal ein Schnauben von dem Drachen. Loki war verwundert und rollte einmal mit den Augen. „Na schön. Dann eben nicht. Wenn du sagst, dass du da bleiben willst. Musst du eben deine Lauscher weiter aufspannen."

Jetzt war Hicks verwundert. „Ha...hast du gerade mit meinem Drachen gesprochen?" Loki nickte. „Natürlich kann ich das. Ich bin schließlich der Schutzherr der Drachen. Die Drachensprache zu verstehen ist da ein Muss." Mit einem leichten Lächeln und einem Augenzwinkern blickte er den jungen Haddock an, der die Augen aufriss und seinen Mund vor Staunen gar nicht mehr zubekam.
„Na komm. Mach den Mund zu, sonst kommen noch die Fliegen rein." Hicks riss sich zusammen und versucht einige neue Worte heraus zu bekommen. „Aber ich dachte immer...oder mein Volk, dass du Böse wärst und nur Unheil bringst..."
Jetzt setzte Loki ein gekränktes Gesicht auf. Er mochte es gar nicht, so bezeichnet zu werden: „Jetzt höre mal Zu! Ich mag zwar manche Sachen verbockt haben und ich bin nicht immer der Sohn gewesen, den sich Thor gewünscht hat, aber ich bin NICHT böse. Ich habe die Aufgabe, die Drachen vor den wilden Wikingerhorden zu schützen und ihnen zu helfen. Ich habe mich genauso diesen Wesen verschrieben, wie du. Ich bin nicht BÖSE!" – „Tschuldigung.", kam es kleinlaut von Hicks, der schon den Zorn des Gottes fürchtete.
Doch Loki seufzte nur einmal und ließ seine Schultern sinken. „Wie hättest du es auch anders wissen können. Wenn dein Volk von Berk dir eingetrichtert hat, dass ich böse bin, dann trifft dich keine Schuld." – „Also bist du mir nicht böse?" – „Nein. Wie kann ich einem Menschen böse, sein der sich so für die Drachen eingesetzt hat." Mit diesen Worten wuschelte er durch Hicks lange Haare, was der Wikinger ein wenig komisch fand. Doch als er sah, wie Loki wieder ein freundliches Gesicht aufgesetzt hatte, begriff er endgültig: Er wollte nichts Böses von ihm.

„Also. Über was wolltest du mit mir reden?", fragte Hicks schließlich. „Nun ich habe dich beobachtet. Eine ganze Zeit schon. Du warst nie der richtige Wikinger, das habe ich gleich bemerkt und...nun ja...als du dann die Freundschaft mit den Drachen geschlossen hattest, kamen mir fast die Freudentränen. Du musst wissen, schon ein Wikinger auf den Seiten der Drachen und der Frieden zwischen den beiden Spezies rückt näher."
Loki pausierte und Hicks begriff. „Und weil du der Schutzherr der Drachen bist und ich sozusagen mich für diese Wesen einsetze, wolltest du mit mir reden." – „Genau. Und nicht nur deswegen. Du bist eine Person, die nicht mit roher Gewalt handelt, sondern mit Verstand. Und das ist eine Gebe, die nur wenige eures Volkes besitzen." – „D...danke."
Hicks stotterte leicht. Doch nicht nur, weil er gerade von einem Gott gelobt worden war, sondern weil die Nacht immer kälter zu werden schien. Das entging auch Loki nicht, der darauf schnell handeltet. „Hier das wird dich wärmen." Er löste seinen Grünen Umhang und legte ihn über Hicks, der ihn nur verwundert anschaute: „Brauchst du ihn etwa nicht?" –„Nein. Ich bin ein Wesen, das nicht so schnell friert."

Einige Zeit verging. Das Feuer loderte etwas schwächer. Ohnezahn hatte sich mittlerweile überwunden, an die beiden heran zu treten. Gegenüber von ihnen beobachtete er das weitere Gespräch.
„Nun Hicks. Ich bin wirklich beeindruckt von dir. Du wirst noch ein mächtiger Drachenreiter werden. Und ich werde dir hier und da auch mal unter die Hand greifen." – „Danke.", kam es nur aus dem jungen Wikinger raus, der immer noch nicht glauben konnte, was gerade passierte.
„Ich werde mich erst einmal von dir verabschieden Hicks. Man wird sich wieder sehen...ach ja, bevor ich es vergesse. Ich habe noch etwas für dich."
Damit ergriff er sein Zepter, dass er neben sich liegen hatte und stupste mit der Spitze an Hicks Brust. Völlig verwundert schaute er Loki an.
„Was...?" – „Ich habe dir die Gabe des Drachenherzen verliehen. Sie wird es dir ein wenig leichter machen, mit Drachen klarzukommen. Aber bedenke: Benutze sie weise und mit Verstand, denn man kann das Drachenherz auch als Waffe einsetzen.", mahnte Loki ihn, als er aufstand.
Hicks schaute ihn immer noch mit einem wunderlichen Blick an: „Und wie merke ich das Drachenherz? Ich spüre gar nichts." Doch da setzte der Gott ein Lächeln auf und sagte: „Was das Drachenherz alles kann, musst du schon selbst herausfinden. Das wird ein Spaß. Das sage ich dir. Aber nun muss ich wirklich los..." – „Halt dein Umhang!" – „Ach behalte ihn. Er soll dir Glück bringen."
Und mit diesen Worten löste sich Loki in Luft auf und blieb verschwunden.

Als er weck war, trotte Ohnezahn wieder zu seinem besten Freund und fing an zu schnurren. Es schien doch keine Gefahr von diesem Mann auszugehen.
Hicks kuschelte sich an Ohnezahns Flanke und in den warmen Umhang. Er war wirklich weich und seidig. Ein Stoff, den er nicht kannte. Und vor Allem. Es war Lokis Umhang.

Lange dachte er nicht mehr nach. Diese vielen Erlebnisse des Tages hatten ihren Tribut gefordert. Hicks fiel schließlich in einen tiefen, festen Schlaf...

A Viking and his DragonDove le storie prendono vita. Scoprilo ora