Segel gehisst

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Die Segel waren gehisst und die Schiffe verließen den Hafen von Berk. Einige Wikinger hatten sich für die Mission gemeldet, doch viele waren des Kampfes Müde und wollten lieber Frauen und Kinder zu Hause verteidigen, wenn die Drachen wieder angreifen würden. Haudrauf hatte statt drei nur zwei Schiffe voll bekommen. Aber wer sollte es den anderen Wikingern verübeln. Haudrauf selber wusste nicht mehr, wie lange er in diesem Krieg noch die Stellung halten könnte.
Astrid hingegen war fest entschlossen. Was sie auch suchten, vielleicht würde es sie weiterbringen und die Drachen vernichten. Die Entscheidung nach Nordosten und nicht nach Südwesten zu fahren, kam ihr immer noch etwas merkwürdig vor. Vielleicht würde Haudrauf aber bald mit seinem Plan herausrücken. Immerhin ist Grobian auch mitgekommen. Als hätte er seine Schmiede mit an Bord genommen strotzte der Laderaum vor Waffen. Katapulte wurden an Bord geholt und fast alle Armbrüste Berks waren hier verstaut. Einige Stimmen im Ort wurden schon laut und beklagten sich, dass keine Waffen mehr für den Kampf da sein würden. Grobian beruhigte sie, indem er ihnen ein verstecktes Lager mit weiteren zeigte. Das ließ die Gemüter auf Berk erheitern, während sie weg waren, aber nur wohin?
„So langsam solltest du mal rausrücke, wo wir überhaupt hinfahren. Im Nordosten gibt es nur die Berserkerinsel und verlassende Welten. Da gibt's höchstens noch ein paar Drachen, die wir nie gesehen haben und wer weiß, ob unsere Waffen denen standhalten können." Der Schmied begab sich an die Reling des Schiffes, wo sich sein alter Freund positioniert hatte und Richtung Norden schaute. Haudrauf war völlig in Gedanken und fast erschrak er, als der blondbärtige Mann neben ihm zu reden anfing. „Grobian, erschreck mich doch nicht so!", kam es vom Oberhaupt des Dorfes. „Tut mir leid, aber mal ehrlich. Du solltest der Mannschaft schon sagen, wohin es gehen soll. Immerhin haben wir so selten diese Richtung eingeschlagen. Was schwebt dir vor, dort zu finden?" Haudrauf wusste, dass er es zumindest Grobian nicht lange verheimlichen konnte. Er musste ihm seinen Plan verraten, sonst würde der Schmied ihm nicht mehr von der Pelle rücken.
„Also gut. Ich versuche, Hicks zu finden." – „Was? Du hast ihn doch verbannt!" – „Verdammt nochmal, leiser Grobian. Oder willst du, dass das ganze Schiff es gleich mithört. Die sollen es erfahren, wenn es so weit ist." – „Tut mir leid." Der Schmied fasste sich kurz wieder und fragte noch einmal leiser nach: „Du willst also Hicks finden? Du weißt ja gar nicht, ob er noch im Archipel ist. Vielleicht ist er schon am anderen Ende der Welt." Die Zweifel von Grobian waren begründet, denn Hicks war mittlerweile 5 Jahre weg und man hatte nie wieder etwas von ihm gehört. Naja, fast nichts.
„Du kennst doch die Geschichten, die einige Händler erzählen, wenn sie nach Berk kommen. Ein junger Wikinger reitet auf einem Nachtschatten oder verwandelt sich aus einem Nachtschatten...wie auch immer. Er bringt den Menschen Frieden mit den Drachen und der krieg ist bei denen vorüber. Das kann nur Hicks sein. Wenn er wirklich einen Weg gefunden hat, Frieden mit diesen Wesen zu schließen, dann muss ich das ergreifen. Das Dorf wird diesen Krieg verlieren, wenn ich nicht das richtige unternehme. Ein Oberhaupt beschützt die seinen." Grobian gefiel, was Haudrauf da gesagt hatte, aber einen Haken gab es noch.
„Du weißt schon, dass du ihn damals verbannt hast." – „Ja aber Berk ist bald am Horizont verschwunden und wir sind auf hoher See. Hier gelten eigene Gesetz also ist meine Verbannung diesbezüglich hinfällig." – „Ach so ist das. Und du vermutest ihn im Nordosten, weil?", kam die Frage von Grobian zurück? „Weil dort die meisten Sichtungen von ihm waren, angeblich soll er irgendwo auf einer geheimen Insel leben, die auf keiner Karte verzeichnet ist." – „Ach so ist das. Du weißt schon, dass, wenn das die anderen erfahren, denken, du würdest wahnsinnig werden. Besonders Astrid. Die hat doch nix anderes im Kopf, als Drachen zu töten." – „Das weiß ich, Grobian. Und deswegen müssen wir es auch für uns behalten. Astrid mag zwar eine Kriegerin sein, über die man Legenden erzählen würde. Aber den Krieg, den wir erlebt haben, sollen die nicht erleben. Es soll endlich Frieden geben." Mit diesen Worten wandte sich Haudrauf wieder raus aufs Meer, die untergehende Sonne in seinem Rücken. 300 Jahre waren viel zu lang und der Krieg mit den Drachen würde auf lange Sicht Berks Untergang bedeuten. Ein Oberhaupt beschützt die Seinen. Diesen Spruch hatten schon seine Vorväter geprägt. Wie man ihn auslegt, hatte bisher jedes Oberhaupt alleine bestimmt. Nun war es an der Zeit gewesen, ihn neu auszulegen. Wenn der Frieden mit den Drachen das ist, was getan werden musste, um Berk zu schützen, dann würde er dies auf sich nehmen. Auch wenn ihn das Dorf dafür hassen würde.

„Was glaubst du, wohin Haudrauf und segeln lässt?" Fischbein trat an Astrid heran. Sie hatte das Kommando über das zweite Schiff bekommen und stand am Steuer den Blick entschlossen nach vorne gerichtet. Sie wusste selber nicht, was das Oberhaupt von Berk vor hatte, doch sie war sich sicher, dass es zur Lösung in diesem Krieg beitragen würde.
„Ich weiß es nicht. Haudrauf wird es schon verraten, wenn die Zeit reif ist.", antwortete sie trocken und verbrachte lieber die Zeit damit, den Kurs zu halten. Sie mochte es nicht, wenn man sie störte. Fischbein war da schon das angenehmere Übel. Rotzbacke stellte ihr schon zwei Jahre hinterher, in der Hoffnung, der Gatte des neuen Oberhauptes zu werden. Sein Vater stiftete ihn zusätzlich dazu an, da ein Jorgenson immer eine besondere Stellung im Dorf haben musste. Die Zwillinge waren mit sich und ihren Streichen beschäftigt. Die brauchte Astrid gar nicht weiter zu beachten. Auch wenn es um das Töten von Drachen ging, stellten sich die beiden Thorstons nicht gerade wie Profis an. Sie hatten bisher wenig Glück gehabt, wenn es um das Drachentöten ging. Bei den Angriffen auf das Dorf beobachteten sie lieber die Zerstörung, als mit zu helfen, die Häuser zu löschen.
„Ich meine ja nur. Vielleicht sollten wir wenigstens eine Vermutung anstellen?" – „Fischbein. Ich stelle keine Vermutungen an. Wir sind hier um Drachen zu töten und den Krieg unserer Vorväter weiter zu führen. Haudrauf wird wissen, was er tun wird." Fast schon aggressiv wandte sich Astrid vom Steuer des Schiffes ab und schaute den Ingermann mit einem tötenden Blick an. Der gewichtige Junge sagte am besten nichts mehr, denn er wollte nicht unbedingt Bekanntschaft mit Astrids Axt schließen. Die Bedenken oder besser die Gedanken, die er zu dieser Mission hatte musste raus.
„Ich...ich meine doch nur. Wenn wir nicht zum Drachennest fahren, wo dann hin?" – „Sicher zu den Berserkern. Man hat gehört, dass sie ihre Flotte stark vergrößert haben. Sicherlich will Haudrauf sich mit ihnen verbünden und gemeinsam das Drachennest angreifen.", kam es von Astrid. „Jetzt stellst du doch Vermutungen auf.", gab Fischbein zurück.
Er hatte sie tatsächlich überlistet. Das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen: „Wenn du nur halb so gut im Kampf wärst, wie in deiner Redekunst, würdest du uns einen großen Gefallen tun und das Dorf schützen! Also gut. Sag es. Was denkst du, will Haudrauf hier?" – „Hicks."
Sie musste sich wohl verhört haben: „Was in Odins Namen?" – „Hicks." Es kam fast noch kleinlauter als beim ersten Mal aus dem Mund des jungen Ingermanns und er versuchte schon, in Deckung zu gehen, denn gleich würde ein Vulkan ausbrechen.
„Wie kannst du es wagen, den Namen dieses Verräters in den Mund zu nehmen! Hicks hat sich auf die Seite des Feindes geschlagen. Er führt den krieg auf der Seite der Drachen weiter und wir müssen dafür bluten. Warum sollte Haudrauf einen wie den suchen?" Fischbein ließ seinen Kopf hinter einem Fass hervor luken. „Vielleicht, weil er weiß, wie man mit Drachen umgeht und man einen Frieden mit ihnen aushandeln kann?" – „Rede keinen Yakmist, Fischbein! Drachen sind seelenlose Bestien, die nur töten wollen. Lass den Unsinn!" Astrid wollte nicht ihre gesamte Kraft für Fischbein vergeuden. Es gab Wichtigeres zu tun, als sich um den Ingermann zu kümmern.
„Na gut, wenn du meinst? Vielleicht fahren wir auch zu den Berserkern. Oder zu Hicks. Deine Aussagen sind ja auch nur Vermutungen und eigentlich vermutest du ja nicht." Fischbein machte sich schnell unter Deck. Nicht, dass noch eine Axt geflogen käme, denn wenn er etwas wollte, dann lieber von einem Drachen, als von Astrid in Stücke gehackt zu werden.
Astrid dachte noch eine Weile über Fischbeins Aussagen nach. Es könnte was dran sein, aber warum mit diesem Verräter zusammenarbeiten? Wollte Haudrauf etwa auch Frieden? Immerhin sollte sie und die andere Jugend von Berk den krieg weiterführen und gegen die Drachen kämpfen. Das haben sie schon über 300 Jahre getan. Was sollte werden? Sie hatte auch einige Geschichten über diesen Reiter eines Nachtschattens gehört, der über magische Kräfte verfügen soll. Richtig konnte sie das nicht glauben, denn die Händler übertrieben mit jedem Becher Met mehr und schmückten ihre Geschichten mit Ideen aus, die selbst die Götter nicht glauben würden. Die junge Hofferson war skeptisch, aber wenn das Oberhaupt etwas befehlen würde, dann gehorchte sie auch. Sie würde schon sehen, wohin die Reise ginge.

Unter Deck hatte sich Fischbein zu den anderen gesellt. Rotzbacke hatte sich in eine Ecke gelegt, die er mit einem Yakfell ausgepolstert hatte. Die Zwillinge hatten sich aus den Fässern jeweils eine Waffe genommen und kämpften zum Spaß miteinander. Eigentlich wollten sie sich nur die größtmöglichen Schmerzen zufügen. Ein Ritual, was Fischbein verwunderte und anwiderte.
„Und, was hast du mit meiner hübschen besprochen, Fischbein?" Rotzbacke winkte ihn zu sich herüber. Der Jorgenson dachte immer noch, dass er bei der jungen Hofferson eine Chance hatte, obwohl sie ihm schon dreimal das Handgelenk gebrochen hallte, als seine Hände dahin wanderten, wo sie nicht hingehörten.
„Ich habe über das Ziel unserer Mission nachgedacht." – „Na los, spuck es aus!", forderte Rotzbacke ihn auf. „Ich glaube, dass Haudrauf auf der Suche nach Hicks ist, um den krieg endgültig zu beenden." Zwar hielt Rotzbacke auch nicht sehr viel von dem Plan, aber im Gegensatz zu Astrid verspürte er nicht den Drang, irgendwelche Waffen auf ihn zu schleudern.
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass so einer wie Hicks und helfen wird, falls er überhaupt noch lebt. Der Kerl hat doch nicht den Mut und die Kraft eines Wikingers, wie mir, um sich gegen Drachen zu behaupten. Also bitte." Rotzbacke tat Fischbeins Vermutung als nichtig ab und schaute lieber den beiden Zwillingen zu, wie sich gegenseitig den Kopf einschlugen. Doch die hatten Fischbein ebenso zugehört.
„Aber wenn der wirklich magische Kräfte hat, wäre das Cool. Was man da für Zerstörung anrichten könnte." – „Ja genau, Bruderherz." Beide stießen mit ihren Helmen zusammen und kämpften weiter. Fischbein war sich sicher, dass er hier nicht auf die gewünschte Resonanz traf, die er erhoffte.

A Viking and his DragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt