Nordosten

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„Du meinst, wieder so ein Ding." Hicks nickte. „Eine goldene Statue vom Roten Tod. Genau die gleiche, die wir auch bei Viggo, den Verbannten, Krogan und bei Drago gefunden haben. Das hat größere Ausmaße angenommen, als ich dachte. Die Drachenkönigin hat den Geist deiner Schwester vergiftet und den des gesamten Dorfes gleich mit." Dagur war erschüttert. All die Jahre war seine Schwester ein Werkzeug der Drachenkönigin gewesen. Die Taten waren ihr vielleicht gar nicht bewusst. Was sie wohl alles als Sklavin ertragen musste? Sofort verflog der Zorn in dem Berserker endgültig und er umarmte seine Schwester.
„Man, bin ich glücklich, dass die Sache doch ein gutes Ende genommen hat. Hicks, ich bin dir sehr dankbar." Er ließ Heidrun los und wandte sich zu seinem besten Freund. „Hicks, Bruder, das muss gefeiert werden!" Aber dem jungen Haddock war nicht danach zu Mute. Er zog ein ernstes Gesicht und dachte nach.
„Hicks, freust du dich etwa gar nicht. Das ist wieder ein empfindlicher Sieg über die Drachenkönigin." – „Ja nur, wer weiß, wie viele Statuen es da draußen noch gibt. Sie manipuliert die Menschen im Archipel und wer weiß, was da draußen noch lauert. Wir müssen ihre Festung bald direkt angreifen. Dann setze ich ihr den Todesstoß." Dagur konnte dem nur zustimmen, aber jetzt gleich ohne Plan die Dracheninsel anzugreifen wäre Selbstmord.
„Hicks. Die Drachenkönigin wirst du schon schnell genug besiegen, aber jetzt solltest du dich entspannen. Wir haben ihr einen empfindlichen Schlag bereitet und sicherlich muss sie sich davon erst mal erholen." – „Du hast ja recht. Aber mit jedem Schlag gegen sie wird sich auch wütender. Bald schon wird sie ihre Drachenarmee entsenden."
Hicks blieb ernst. Er hatte diese Drachenkönigin schon zu lange gewähren lassen. Irgendwann musste dem ein Ende gesetzt werden. Aber Dagur wusste schon, wie er seinen Freund aufmuntern würde. „Dann lass uns wieder zurück zur Drachenklippe fliegen. Oder besser gesagt. Du fliegst Mit Ohnezahn zurück. Ich bleibe noch ein wenig mit Schattenmeister bei Heidrun und helfe ihr, wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Sie wird sicherlich viel durchgemacht haben." – „Gut." Hicks nickte. Vielleicht könnte er mit Loki und seiner Mutter ein besseres Gespräch führen, als ihm jetzt gerade lieb war. Er ahmte den Nachtschattenruf nach, sodass sein Freund Ohnezahn seine Stellung aufgab und herunter ins Dorf geflogen kam.
„Was ist los Hicks? Ihr habe doch die Berserker besiegt?" – „Ja, aber wir beide werden uns jetzt nach Hause begeben. Dagur bleibt noch ein wenig bei seiner Schwester und kommt dann nach." Der Nachtschatten nickte und machte eine einladende Geste auf seinen Rücken. Doch Hicks lehnte es ab. „Nein. Ich kann mich doch verwandeln. Auf dir fliegen muss ich nicht mehr." – „Aber ich bestehe darauf." – „Na gut." Hicks lächelte. Er kannte die Hartnäckigkeit seines Freundes und wenn er darauf bestand, bekam Ohnezahn meistens seinen Willen. In diesem Fall konnte er schmollen, wie ein kleines Kind und einen auf Mimose machen. Hicks alberte dann immer mit ihm herum.
„Na gut, aber nur der eine Flug. Dann wieder jeder extra." Hicks sattelte auf und rastete seine beiden Füße in die Steigbügel ein. „Wir sehen uns dann auf der Drachenklippe, Dagur.", rief er noch, als sich Ohnezahn in die Lüfte erhob und in der Dunkelheit mit Hicks verschwand.
„Das ist der kleine Hicks, der immer so schmächtig war?", fragte Heidrun ihren Bruder. „Jap. Aber so schmächtig ist er nicht mehr, dank meinem Berserkertraining. Aber nun komm. Setzen wir uns und dann erzähle etwas über dich." Dagur begleitete seine Schwester wieder in ihr Haus zurück und wollte alles wisse, was in den letzten 5 Jahren geschehen war.

Wie Wellen türmten sich an der hohen, felsigen Küste auf und sprühten ihr Gischt weit ins Landesinnere. Man konnte den Geruch des Meeres überall vernehmen, wenn man sich Zeit dafür nahm. Aber auf Berk war man anderweitig beschäftigt. Die Suche nach dem Drachennest würde für dieses Jahr fortgesetzt werden. Ein weiterer Trupp kam letzte Woche erfolglos zurück. Sie wurden zwar im neben von einigen Drachen attackiert, kamen jedoch unbeschadet wieder zurück. Nur ein Schiff hatten sie verloren.
Aber Haudrauf konnte sich solche Misserfolge nicht mehr leisten. Die Drachenangriffe wurden von Jahr zu Jahr stärker und keiner hatte eine Lösung für das Problem gefunden. Die besten Drachentöter Berks konnten der ungeheuren Masse an Drachen bald nicht mehr standhalten. Ein großer Feldzug gegen das Drachennest könnte Abhilfe verschaffen.
„Was machst du denn hier. Du solltest die Drachenjäger unten am Hafn begrüß'n!" Grobian war in Haudraufs Haus eingedrungen. Der große Stämmige Wikinger saß am Kaminfeuer und dachte nach. Fast hätte er den Schmied nicht bemerkt.
„Grobian, ich bin jetzt nicht in der Stimmung. Ich weiß, dass sie wieder nichts gefunden haben." Er stocherte mit einem Holzstab in der Glut und versuchte sich abzulenken. „Woher weißt'n das jetzt schon wieder." – „Ach Grobian, es ist doch jedes Mal so. Wir suchen nach dem Nest der Drachen und finden bis auf den Tod nichts. Langsam glaube ich, dass wir es nie finden werden." Der Dorfschmied bemerkte schnell, dass das Oberhaupt eigentlich mit einem völlig anderen Thema beschäftigt war. Seine Gedanken kreisten ganz woanders.
„Es geht wieder um Hicks, was?", kam es vom Schmied, als er sich auf einen Hocker neben Haudrauf setzte. „Ja. Seit 5 Jahren haben wir nix mehr von ihm gehört. Man hört nur hier und da Munkeln, dass sich ein Drachenreiter mit magischen Kräften auf einem Nachtschatten die Dörfer langsam zum Frieden mit den Drachenbekehrt. Angeblich unter dem Schutz der Götter persönlich." Grobian nickte und er wusste, worauf Haudrauf hinaus wollte. „Du hättest ihn lieber nicht verbannen soll'n." – „Grobian, das weiß ich doch, aber wie würde das Dorf reagieren. Seit 300 Jahren sind die Drachen unsere Feinde und jeder hat die Kreaturen als Bestien im Kopf. Hicks hat das Gegenteil bewiesen und wir haben die Chance auf einen möglichen Frieden in den Wind geschossen." Haudrauf seufzte und stocherte weiter im Kamin herum.
„Damit magst du Recht haben, aber selbst wenn wir den Jungen finden würden, käme er sicherlich nich so schnell wieder her. Di weißt doch noch. Astrid hat ihn förmlich mit der Axt davongejagt. Und als zukünftiges Oberhaupt von Berk wäre sie darüber nich sehr begeistert.", gab der Dorfschmied zu Bedenken.
„Grobian, das weiß ich!" Haudraufs Tonfall wurde härter. Er hatte damals Astrid zu seiner Nachfolgerin bestimmt, weil sie das Dorf im Krieg der Drachen gut anführen würde. Die anderen hatten sich nicht bewährt. Jetzt mit einem Friedensangebot nach Hicks zu suchen würde die Glaubwürdigkeit von Haudrauf anzweifeln. Das konnte er so nicht riskieren.
„Dann lass uns erst mal runter gehen und unsere Krieger begrüßen. Astrid möchte dich ebenfalls sehen.", kam der Vorschlag von Grobian, der Haudrauf an die Schulter fasste. „Na gut.", raunte der Anführer Berks in seinen Bart und richtete sich auf.
Als sie durch das Dorf gingen, konnten sie sehen, dass sich viele der Bewohner am Hafen versammelt haben. Trotz des Misserfolges in der Mission wurden die ankommenden wie Helden begrüßt. Die Drachentöter von Berk hatten sich unter Astrids Führung tapfer geschlagen. Viele waren davon überzeugt, dass die junge Hofferson bald schon eine starke Anführern im Krieg gegen die Drachen sein würde.
„Lasst mich durch! Lasst mich durch!" Ich will die Helden von Berk sehen!" Haudrauf drängelte sich durch die Massen, die nur langsam Platz machten. Überall wurde den Drachentötern zugejubelt. Eine interessierte das jedoch nicht. Während sich Rotzbacke und die anderen um Ruhm sonnten, packte Astrid ihre Waffen zusammen und verließ mit einem ernsten Gesichtsausdruck das Schiff. Sie ignorierte die andere, da sie wusste, dass sie in der Mission versagt hatten. Das Drachennest war weiterhin unauffindbar. Eine Schmach, für die die Götter ihr vergeben mussten. Doch plötzlich stand ihr jemand im Weg.
„Haudrauf, ich wollte gerade zu euch." – „Nun bin ich hier, Astrid. Als wie ist es gelaufen." –„Versagt haben wir. Wir haben zwar einige Drachen getötet, doch ging auch ein Schiff verloren und das Drachennest haben wir wieder nicht gefunden." Sie wollte sich an dem Oberhaupt vorbeidrängeln, aber sie wurde festgehalten. „Hauptsache, euch geht es gut. Ich brauche jeden Krieger auf Berk, wenn die Bestien ab Herbst wieder angreifen." Astrid senkte ihren Blick. Sie wusste, dass Haudrauf Recht hatte, aber das Drachennest musste schließlich gefunden werden. Lange würden sie den immer heftiger werdenden Feldzügen nicht mehr standhalten.
„Für eine Mission hätten wir noch Zeit, wenn ihr mir nochmal drei Schiffe gebt.", kam es von Astrid. „Ich werde dir die Schiffe geben, aber dieses Mal werden wir nicht nach Südwesten fahren." Die blonde Wikingerin wusste nicht, was sie damit anfangen sollte. „Und wo dann hin?" – „Nach Nordosten." – „Aber da gibt es keine Drachen, oder?" – „Dort gibt es auch Drachen. Vielleicht haben wir an der falschen Stelle gesucht. Ich befehle, die letzte Mission nach Nordosten zu planen!" Astrid fügte sich der Anweisung. „In 2 Tagen werde ich drei Schiffe bereitstellen." – „Gut Astrid und ich komme mit." Astrid wusste nicht, was sie davon halten sollte. Scheinbar hatte Haudrauf seine ganz eigenen, neuen Pläne, von denen sie noch nichts wusste. Hoffentlich würde sie bald aufgeklärt werden, denn im Nordosten hatten sie bisher noch nie etwas gefunden.

A Viking and his DragonWhere stories live. Discover now