Der Holzklau I

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Sie hatten jetzt 2 Tage hinter sich gehabt und noch immer war keine Insel in Sicht gekommen. Hicks gab langsam die Hoffnung auf, dass sie überhaupt noch irgendetwas finden würden. Nicht mal das Schiff eines Fischers hatten sie gesehen, geschweige denn eine annehmbare Landmasse, auf der sie hätten Rast machen können.
Sandbänke und Felsen waren die einzige Möglichkeit gewesen, eine Pause einzulegen. Doch langsam gaben beide die Hoffnung auf, noch irgendetwas zu finden, hatten sie schon den ganzen Raum erkundet, der östlich von ihnen gelegen war.
Nur auf Berk waren sie noch nicht. Die letzte Möglichkeit, etwas zu finden, um den Baumstamm, den sie gefällt hatten, zu zerteilen. Dies war jedoch mit dem Risiko verbunden, von den Bewohnern erwischt zu werden. Und da Astrid sicher schon den anderen von den Ereignissen im Talkessel erzählt und dem entsprechend Maßnahmen getroffen wurden, wäre es ein umso riskanteres Unterfangen, sich aus der Schmiede die nötigen Werkzeuge zu holen. Nicht das sie noch auf eine wütende Astrid gestoßen wären.
„Ohnezahn? Lass uns wieder umkehren und eine Rast einlegen. Wir werden diese Insel wohl nicht mehr finden." Aber sein bester Freund wollte noch nicht aufgeben. Immerhin hatte sich doch nicht geirrt. Irgendwo muss hier einen kleine Insel sein, auf der ein Holzklau sein Dasein fristete. Nur wo?
„Hicks warte bitte noch. Habe Geduld und du wirst sehen, dass es diese Insel gibt. Sie war nicht sehr groß und hatte auch keine hohen Landmarken, die man vom Meer aus hätte sehen können. Sie fällt nicht sofort ins Auge. Selbst für Drachen nicht."
Ohnezahn versuchte seinem Freund Mut zu machen, weiter Ausschau nach der Insel zu halten. Immerhin war der Drache genauso abgeneigt, noch einmal auf Berk zu zurück zu fliegen, um die Werkzeuge zu holen. Aber auch sein Stolz, dass er sich immer alles eingeprägt hatte, spielte eine Rolle. Er wollte einfach nicht zugeben, dass er sich nicht mehr recht an den genauen Weg erinnern konnte. Es war ja viel passiert, nachdem er die Insel gesehen hatte. All die Sachen mit Hicks und der Freundschaft zu ihm.
„Gut Kumpel. Noch eine Stunde, aber wenn wir sie dann nicht gefunden haben, müssen wir doch nach Berk fliegen und etwas aus der Schmiede holen. Es wird gefährlich werden. Aber wir passen schon auf." – „Das will ich hoffen, denn als Trophäe an der Wand von dieser miesen Blondine will ich nicht enden, hast du verstanden?" – „Schon gut Ohnezahn. Das wird nicht passieren. Dafür werde ich schon sorgen."
Hicks klopfte seinem besten Freund behutsam an seine Flanke und hielt weiter Ausschau nach der Insel. Die Sonne schien vom Himmel und alles wirke relativ klar. Eigentlich waren gute Verhältnisse zum Fliegen, aber irgendwie wollte diese Insel nicht auftauchen. Egal wir Hicks sich anstrengte, er konnte sie nicht finden. Und auch Ohnezahn tat sich sehr schwer, am Horizont etwas auszumachen.
Überall nur Wasser und ab und an mal eine kleine Sandbank. Keine Insel, die auf Ohnezahns Beschreibung annähernd passte.
„Ich glaube das bringt nichts mehr. Die Sonne steht schon niedriger und es wird in einigen Stunden dunkel werden. Wollen wir uns nicht eine Gelegenheit zur Übernachtung suchen und uns dann morgen nach Berk begeben?", schlug Hicks vor, der schon vor blauem Meer und Himmle nichts mehr anderes sehen konnte.
„Geduld Hicks. Noch ist die eine Stunde nicht vorbei. Wir werden sie finden. Nur nicht die Hoffnung aufgeben." Hicks nickte nur und trank einen Schluck Wasser aus seinem Trinkbeutel. „Auch etwas?", frug Hicks einen besten Freund und hielt ihm den Trinkbeutel hin. „Nein danke, ich habe keinen Durst.", lehnte der Nachtschatten ab konzentrierte sich lieber darauf, endlich die gesuchte Insel auszumachen.
Dann endlich. Es tauchte eine Landmasse am Horizont auf. Eine Insel, die viel zu versprechen schien.
„Hicks da. Siehst du. Das muss sie sein. Sehr flach und keine Berge. Das ist sie!". Kam es aus Ohnezahn, als Hicks seinen Blick in die ihm vom Drachen gewiesene Richtung richtete. Und tatsächlich. Es tauchte eine Insel auf. Ein kleines Eiland mit einem Wald drauf. Aber ohne Berge. Das musste sie wirklich sein. Ohnezahn hatte sie gefunden.
„Jetzt aber schnell. Dann können wir ein wenig rasten und uns auf die Suche nach dem Holzklau begeben." Hicks spornte seinen besten Freund an, der immer mehr an Geschwindigkeit zunahm und auf den kleinen Punkt am Horizont flog, der mit der Zeit immer größer wurde.

Als sie endlich angekommen waren, stieg Hicks sofort von dem Sattel von Ohnezahn ab und streckte sich erst einmal. Das lange Sitzen war ihm sehr auf den Rücken gegangen. Es fühlte sich an, als ob man ihn an einen steifen Stock gebunden und ihn damit drei Tage herum laufen gelassen.
„Geht es dir gut?", Fragte Ohnezahn seinen Freund, „Ja geht schon wieder. Lass uns lieber gleich suchen gehen. Die Insel ist nicht sehr groß. Da wird ein Holzklau doch schwer zu übersehen sein." Ohnezahn nickte zustimmend. Nach der Suche könnten sie eine Rast einlegen.

Sie waren einige Zeit gegangen, als sie plötzlich etwas knacken hörten. „Psst Ohnezahn. Hast du das gehört?" – „Ja. Da muss irgendetwas sehr großes sein." – „So groß wie ein Holzklau?" – „Gut möglich."
Hicks schlich in die Richtung, von der das Geräusch kam. Er wusste, was ihn erwarten würde. Ein Drache, der um ein vielfaches Größer war, als Ohnezahn, wenn man dem Drachenbuch Glauben schenkte.
Vorsichtig schob er einige Zweige bei Seite. Und tatsächlich. Auf einer kleinen Lichtung in Mitten des Waldes schlief ein gigantischer Drache mit noch größeren Schwingen. Er hatte sicher die Größe von zwei Häusern und machte den Eindruck, als ob man ihm nicht zu nahe kommen sollte.
Hicks hatte schon einige Geschichten über diese Art gehört. Sie sollen schon Wikinger samt Schiffe in zwei Teile Geschnitten haben, bevor überhaupt jemand gemerkt hatte, dass etwas passiert war. Immerhin konnte dieses Tier mit seinen Flügeln die dicksten Bäume durchschneiden. So sah die Lichtung auch aus. Überall abgeschnittene Bäume und Baumstümpfe. Als ob man sie mit einem scharfen Schwert abgetrennt hatte sahen die Schnitte aus.
„Hicks pass bloß auf. Nicht das der aggressiv ist. Man weiß nie, wie die reagieren.", flüsterte Ohnezahn ihm zu. Hicks gab nur ein kleines Nicken von sich, als er durch die Büsche näher an den Drachen heran schritt. Er musste zum Kopf dieses gigantischen Wesens, um ihn zähmen zu können. Nur so wäre es möglich, das Vertrauen des Drachen zu gewinnen und eine friedsame Begegnung zu ermöglichen.
Hicks konnte es kaum glauben. Mit seiner braunen Beschuppung verschmolz der Drache regelrecht mit den Baumstämmen, die um ihn herum lagen. Er konnte sich sehr gut tarnen. Das erklärte auch, warum im Drachenbuch stand, dass sie in Wäldern manchmal wie aus dem Nichts aufgetaucht waren. Es war auch gut möglich, dass Hicks und Ohnezahn schon mehrere Male in ihm vorbei gelaufen sind. Hätte Hicks ihn nicht gehört, hätten sie ihn wohl gar nicht so schnell gefunden.
„Pass bloß auf Hicks.", kam es von Ohnezahn etwas lauter. Der Nachtschatten machte sich sehr große Sorgen um seinen Freund. Der Holzklau musste sich nur einmal im Schlaf auf eine andere Seite drehen und Hicks wäre unter ihm zu Mus geworden.
Der junge Wikinger machte nur eine Bewegung mit der Handfläche nach unten, um Ohnezahn zu zeigen, dass er leiser sein sollte. Hicks wollte nichts provozieren und warten, bis er vorne am Kopf des mächtigen Drachen war. Es dauerte wirklich lange, bis Hicks es endlich geschafft hatte, zum Haupt dieses Wesens zu kommen.
Er konnte seinen tiefen Atem hören, als er an den Nüstern vorbei kam. Wie ein Rauschen von Wind durch Blätter sog der Drache mal Luft nach innen und pustete sie wieder nach außen. Jetzt galt es den Holzklau auf schonende Art und Weise zu wecken. Hicks wollte nichts provozieren. Irgendwie musste man den Drachen doch wach machen können, ohne ihn gleich zu provozieren.
Dann kam es, wie es kommen musste. Hicks trat unvorsichtig auf einen Zweig, der ziemlich laut knackte. Ohnezahn wollte schon zur Hilfe kommen, als er sah, wie der riesige Drache sich anfing, zu bewegen, aber Hicks gab wieder das beruhigende Handsignal. Er schien alles unter Kontrolle zu haben. Vorerst.
Der Holzklau öffnete seine Augen und war verwundert, was er Sah. Hicks schlug indes das Herz bis zum Halse.
„Was macht ein kleines Menschlein hier auf dieser Insel. Habt ihr mich nicht schon genug gejagt?", erklang auf einmal eine tiefe Stimme. Hicks musste schlucken, denn auf einmal erhob sich der große Drache und funkelte den jungen Wikinger aggressiv an...

A Viking and his DragonDonde viven las historias. Descúbrelo ahora