1~ That's Aurelia

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Kennt ihr die Sorte von Mädchen, die immer in der letzten Reihe sitzen um nicht aufzufallen, immer leise sind, alles über sich hingehen lassen, nicht die Meinung sagen? Genau die Sorte Mädchen ist Aurelia Sánche. Sie kann schlagfertig sein, hätte immer einen Spruch auf Lager, ist eigentlich frech, vorlaut und verrückt, nur zeigt sie es nicht. Lieber beschäftigt sie sich damit in Gedanken die Menschen zu verfluchen und sich ihr eigenes Bild von ihnen zu machen. Einfach durch das beobachten. Immerhin nimmt sie auch keiner so richtig war, weshalb ihr das ganz gut gelingt. Und da ihre Freundin Quinn, die sie kennt seid Lia den ersten Schultag in der 10. Klasse hatte, auch noch DAS beliebteste Mädchen des Colleges ist, ist das unauffällig sein noch einfacher. Quinn kann man ganz leicht beschreiben. Groß, schlank, perfektes blondes Haar und tolle grüne Augen. Die meisten Jungs beachten Lia nur, wenn sie die Nummer von Quinn wollen. Doch das stört sie nicht im geringsten. Sie möchte einfach ihr Fotografie-Studium beenden um irgendwann mal eine gefragte Fotografin zu werden. So viel Zeit hat sie dieses Studium gekostet. Das will sie nicht wegen eines blöden Kerls aufs Spiel setzen. Und da Quinn und sie sowieso so verschieden wie Feuer und Wasser sind, ist es auch nicht sonderlich schwer sich aus ihrem Leben weitestgehend rauszuhalten. Klar liebt sie Quinn, doch sie ist eben nun mal keines der sexy, sportlichen, auf jeder Party zu findenden Mädchen. Im Gegenteil. Sie gehört zu der nerdigen, zurückhaltenden, schüchternsten Sorte, die nicht nein sagen können, jedem im Bus den Platz frei machen und einfach am liebsten nur alleine sein wollen. Man sollte aber eines über Aurelia wissen: Wenn sie sauer ist, sollte man sich nicht mit ihr anlegen. Ist sie nervös, redet sie und kann nicht mehr aufhören. Und wenn man auch nur ein falsches Wort über die Menschen sagt, die sie liebt, sollte man sich wünschen nicht zu leben. Früher waren Quinn und Aurelia wie Pech und Schwefel. Machten alles zusammen und erzählten sich alles. Quinn brachte Lia die Sprache bei und half ihr sich ansatzweise einzufinden. Doch mit den Jahren lebten sie sich auseinander. Dennoch sind sie befreundet, obwohl Aurelia sie manchmal für ihr Verhalten umbringen könnte. ,,Lia gib mal den Nagellack." mit einer Hand greift sie nach dem pinken Nagellack und wirft ihn ihr rüber. Geschickt fängt sie ihn auf. Jedes Mal stellt sie sich die Frage, wieso Quinn denn so auf pink fixiert ist. Ihrer Meinung nach, ist pink ja nicht mal eine Farbe. Während Aurelia, auch Lia genannt, sich um eine Hausarbeit kümmert um ihr Studium mit der bestmöglichen Note zu beenden, kümmert sich Quinn, wie es immer ist, um ihr Aussehen. Quinn studiert eigentlich auch nur um die Zeit zu vertreiben. Um wenigstens etwas in ihrem Lebenslauf stehen zu haben, was sich auch lohnt zu lesen. Nötig hat sie es nicht. Durch das vererbte Geld ihres Großvaters, was ungefähr 5 Millionen Dollar waren, und sie nebenbei auch noch als Model tätig ist, müsste sie nie wieder arbeiten. Doch wenn sie ein A- Promi werden will, muss sie nicht nur hübsch sondern auch was im Köpfchen haben. Immer wieder musste Aurelia Quinn überreden das Studium nicht abzubrechen. Bekommt sie einmal die Aussage, sie würde es sowieso nicht schaffen ihren Abschluss zu bekommen, will sie hinschmeißen. Wozu sollte ich überhaupt mir den Stress machen? Ich bin Millionärin und Model. Ich brauche das nicht! So oft hat sie diesen Satz sich schon anhören müssen. Doch durch das Argument, es wäre doch viel schöner wenn man schlau und schön ist und nicht immer in der Zeitung lesen muss, wie dumm man doch wäre. Hinterher kommt Quinn dann wieder runter und versucht so gut es geht nicht überall durchzufallen. Hauptsächlich liegt es auch daran, dann Aurelia viele ihrer Hausaufgaben macht. Schule ist eines der Dinge, die sie wirklich gut kann. Und da Quinn sowieso ihre einzige Freundin ist und Lia nicht nein sagen kann, hat sie viel Freizeit. ,,Mein Dad und Monika kommen gleich aus Spanien wieder. Und in einer Woche kommen meine Großeltern aus Spanien hier her." kommt es leise von mir während ich noch einen Satz aufschreibe. So vertieft wie Aurelia in ihre Hausaufgaben ist, merkt sie gar nicht wie Quinn die Augen verdreht. Deutliches Desinteresse macht sich bemerkbar. ,,Aha. Cool. Sag mal... Deine Mom..." wütend verkrampfen sich Lias Finger um ihren Stift. ,,Sie ist nicht meine Mom. Sie ist 24 Jahre alt. Sie könnte meine Schwester sein." gibt sie genervt von sich. So oft hat sie Quinn schon erklären müssen, dass sie es hasst, wenn man Monika als ihre Mom bezeichnet. ,,Mein Gott dann halt Monika. Hat sie eigentlich ein paar Freundinnen, die man meinem Dad vorstellen könnte?" kaum fassbar schüttelt sie den Kopf. ,,Ja, aber ich werde sie nicht fragen. Kannst es ja selber tun." ihre Stimme ist hörbar gereizt. ,,Du brauchst ja nicht gleich so biestig werden. Mein Dad ist einfach so angespannt in letzter Zeit und mit meiner Mom läuft glaube ich nichts mehr im Bett. Er muss sich einfach mal locker machen und ich dache der Junge Hüpfer von deinem Dad hätte ein bisschen was zur Auswahl." Lias Meinung nach, führt diese Konversation zu nichts, weshalb sie sich nicht weiter damit befassen wollte. Sie verstand Leute wie Monika nicht. Nicht mal ansatzweise. Sie meint, dass sie nur auf das Geld aus sind. Keine liebe, keine Treue. Nur gierig nach Vermögen, ansehen, schicken Kleidern und überteuertem essen in hochwertigen Restaurants. Doch ihnen ging es nicht immer so gut. Im Gegenteil. Lias Dad musste schwer und hart arbeiten um sich all das ermöglichen zu können. Es war eine harte Zeit für die beiden. Lia's Eltern haben sie bekommen, da war ihre Mom 15 und ihr Dad 16. Sie haben bei den Eltern von ihrem Dad Roberto gewohnt, doch als Lia 9 war, ist ihre Mutter abgehauen. Hat sich in jemanden verliebt der mehr Geld hatte. Dementsprechend wurde sie von ihrem Dad und allen anderen aus ihrer Familie großgezogen, was manchmal sehr chaotisch war. Vor allem wenn man wenig Geld hatte und sich durch das Leben kämpfen musste. ,,Du Lia... Du magst es zwar nicht, aber ich gehe demnächst zu einem Spiel mit Sasha und meine Mom lässt mich nur gehen, wenn du auch mitkommst." erneut ignoriert sie Quinn. Sie hasst es Zeit mit Sasha und Quinn zu verbringen. Sie ist zwar ein Riesen Football Fan, doch nicht wenn Sasha und Quinn dabei sind. Dann könnte sie sich umbringen. Denn immer ansehen zu müssen, wie sie sich die Zungen in den Hals zu stecken, macht sie noch wahnsinnig. Außerdem versteht Quinn nicht mal ansatzweise von Football. ,,Lia, ich weiß, dass du mich gehört hast. Bitte komm mit. Vielleicht findest du bei dem Spiel dann ja auch so einen wie Sasha." angeekelt verzieht sie das Gesicht. Niemals würde sie sich so einen wie Sasha wünschen. Nicht mal, wenn er der letzte Mann auf dem Planeten wäre. ,,Ich will gar keinen wie Sasha. Der Typ Arschloch ist nicht ganz so mein Fall. Leute wie er, behandeln Mädchen wie dich wie Dreck. Verbieten euch alles, machen aber selber die größte Scheiße, schlafen in der Gegend herum, aber machen vor euch dann einen auf treuen, ekelhaft romantischen, perfekten Freund. Aber ihr seid einfach zu naiv um es hinter eurer rosaroten Brille zu sehen. Also nein. Ich komme nicht mit." geschockt über sich selbst, dass sie so viel am Stück geredet hat, sitze sie einen kurzen Moment einfach nur da. Beginne hinterher aber wieder mit dem Schreiben. Doch diese Direktheit ist typisch. Wenn sie schon was zu sagen hat, dann immer das was sie dazu denkt. Alles schön zu reden macht auch keinen Sinn, wenn es gelogen wäre. Die Wahrheit währt schließlich am längsten. ,,Ach bitte Lia. Bitte, bitte, bitte. Wir haben Backstage VIP Karten! Dass kannst du dir doch nicht entgehen lassen einen von deinen geliebten Steelers live zu sehen... " scharf zieht sie die Luft ein. Quinn weiß genau wie man Aurelia dazu bringen kann, mitzumachen. Und recht hat sie auch. Nie könnte sie sich das verzeihen die Karten abzulehnen. Dann muss sie Sahsa eben für die paar Stunden aushalten. ,,Du bist gut... Schön ich komme mit. Aber nur unter einer Bedingung." mit glänzenden Augen sieht sie Lia an. ,,Alles! Sag mir nur was!" ,,Ich will nicht, dass du und Sasha euch die ganze Zeit an den Lippen hängt." schnell nickt sie und fällt glücklich wieder ins Bett zurück. Quinns Eltern sind wirklich sehr nett. Ihr Vater ist einer der top Wissenschaftlern und ihre Mutter eine Starköchin. Sie hat eine eigene Fernsehshow und drei Kochbücher geschrieben. Und da die Mutter von Quinn genau so viel Vertrauen in Sasha hat wie Aurelia, darf Quinn nur zu bestimmten Veranstaltungen wenn Lia dabei ist. ,,Aurelia Liebes wir sind zu Hause!" pfeift eine Stimme durch das Haus. Genervt verdreht Aurelia die Augen. Sie kennt schon genau den Ablauf. In dreißig Sekunden schwingt die Tür auf, sie fragt was Aurelia so treibt und beschäftigt sich den Rest der Zeit mit Quinn. Und schon geschieht es. Die Tür geht auf und Monika kommt herein. Mit diesen viel zu blond gefärbten Haare, den gemachten Brüsten, gespritzten Lippen, fett abgesaugtem Bauch und Oberschenkel und einer Beinverlängerung sieht sie aus wie Barbie. Und wie Lia Barbie verabscheut. Schon immer fand sie alles zu perfekt in den Filmen mit einem ständigem happy end. Nur gibt es in den meisten Fällen keins. ,,Na was machst du so?" ,,Hausaufgaben." knappe Antworten. Ihre Stärke. Ohne ihr weiter Beachtung zu schenken geht Monika auf Quinn zu und sie unterhalten sich. Das ist ihr Stichwort um aus dem Zimmer zu verschwinden, in dem sie gerade sowieso nicht erwünscht ist, und runter in die Küche zu gehen um dort ihren Dad anzutreffen. Seine Nase steckt in der Zeitung und seine Stirn ist in Falten gelegt. Entweder er studiert gerade die Aktien oder die Dallas Cowboys haben ein Spiel verloren. ,,Hallo Dad." leichtfüßig geht sie auf ihn zu und drückt ihm ein küss auf den Kopf, ehe sie sich einen Kaffee macht. Ohne von der Zeitung aufzusehen grummelt er einfach nur. Oh je... Das kann ja nur eins bedeuten. ,,Haben die Dallas Cowboys wieder verloren?" Herzzerreißend sieht er zu ihr auf. ,,Ja leider..." sie muss sich sichtlich zusammenreißen um nicht zu lachen. ,,Und gegen wen?" sein Blick wird noch trauriger als vorher, also kann sie sich es schon denken. ,,Pittsburgh Steelers..." und sofort beginnt sie zu Lächeln. Eigentlich tut ihr Vater ihr immer sehr leid wenn seine Lieblingsmannschaft verliert, doch sie hatte sich nicht um sonst für die Steelers entschieden. ,,Ich habe schon immer gesagt, dass die Steelers besser sind. Sie stehen nicht um sonst auf Platz Nummer eins." genervt verdreht er die Augen. Er hasst es, wenn sie es ihm immer wieder unter die Nase reibt. Doch genießt er es mit ihr zu diskutieren und die Spiele mit ihr anzusehen. Niemals würde er es ihr sagen, doch findet er es sehr gut, dass sie praktisch unter Männern aufgewachsen ist. Dadurch ist sie nicht eines dieser Typischen Mädchen geworden. Nicht so wie Quinn. Auch wenn sich das Lia manchmal wünscht. Einfach mal so zu sein, wie alle anderen. ,,Du immer mit deinen Steelers. Ich muss zugeben, dass sie gut sind, doch die Dallas sind besser." zu dumm, dass er es selber nicht glaubt. Mit Kaffee bewaffnet setzt sie sich ihm gegenüber, und schaut in seine braun-grünen Augen, die sie definitiv von ihm hat. Die selben großen braunen Augen, mit den langen gebogenen Wimpern, die jedes mal die Gläser ihrer Brille streifen wenn sie blinzelt. ,,Und deswegen haben sie auch verloren ja?" er versucht etwas zur Verteidigung zu sagen, doch in seinen Augen sieht man, dass er weiß wie recht sie hat. Geschlagen legt er die Zeitung weg und lächelt sie an. ,,Ich soll dich von deinen Abuelos grüßen. Sie freuen sich schon sehr auf dich." ,,Geschickt das Thema gewechselt Papá. Ich freue mich auch. Dann ist Monika wenigstens für die ganze Zeit nur da, wenn sie schlafen oder sich neu schminken muss." nur zu ihrer Familie und bei ihrem Ehrenamtlichem Job kann sie offen und ehrlich sprechen. Immerhin hat sie 16 Jahre ihres Lebens auf engstem Raum in Extremadura mit ihren Großeltern, ihrem Vater, zwei Onkel, drei Cousins einer Tante und eine Zeit lang noch mit ihrer Mutter gelebt und arbeitet seid Jahren in der Suppenküche. Niemand kennt sie so gut wie ihre Familie. Die Obdachlosen in der Suppenküche und ihre Familie sind die einzigen, die sie nicht verurteilen würden. Denn sie sind ebenfalls ganz unten oder gewesen, so wie sie es selber einmal war. Es war für sie das schwerste von Spanien nach Pittsburgh zu ziehen und alles und jeden zurück zu lassen. Doch wollte Roberto ihr eine vernünftige Zukunft bieten. Und das konnte er nicht in einer Stadt, wo man nichts machen konnte, außer Hausfrau zu werden oder Weidetiere zu züchten inklusive sie zu schlachten und das Fleisch zu verkaufen. Das wollte er ihr nicht antun. Solange sprach sie davon, irgendwann mal die schönsten Momente aufzufangen. Das wollte er ihr geben. Ihre träume erfüllen. Dafür rackerte er sich mit drei Jobs ab, bis er sich hochgearbeitet hat und ihr das College finanzieren konnte. Und durch ein perfekten Abschluss, wollte sie ihm beweisen, dass nichts davon um sonst war. Soviel verdankt sie ihrem Dad. Und sie will ihn nicht enttäuschen. ,,Ach Lia. Sie gibt sich doch mühe..." um nicht wieder mit ihrem Vater streiten zu müssen, was sie jedes mal tun wenn es um Monika geht, wechselt sie das Thema. Lieber fragt sie ihn, was die beiden in Spanien gemacht haben.

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