44~ Affäre

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Nervös sitzt sie im Taxi, welches sie zu ihrem Dorf bringen soll. ,,¿A dónde debería ir?" Wo soll es hingehen? ein älterer Mann Mitte fünfzig schaut Aurelia erwartungsvoll an. Er erwartet, dass er gleich in das Villenviertel fahren muss, so wie ihr Begleiter ausschaut. Doch als sie ihm ihr Dorf nennt, schüttelt er mit dem Kopf. ,,No, de ninguna manera." Nein, auf keinen Fall. Lia sieht ihn warnend an. ,,¡Solo queremos ir al borde del pueblo! Ir ahora!" Wir wollen doch nur zum Dorf Rand. Los jetzt! Ihre Stimme ist dunkel und dominant, wie Kyle sie noch nie erlebt hatte. Sie hatte ihm gesagt, dass er nicht reden soll. Hier in der Gegend verabscheut man Touristen. Und er ist ein vollblütiger Amerikaner. ,,Wo ist das Problem?" leise flüstert er zu ihr rüber. ,,Er will uns nicht bis in mein Viertel bringen. Aber er hat keine Wahl." Aurelia ist sein Ehering durchaus aufgefallen, das Foto von seiner Frau und seinen Kindern am Rückspiegel auch. Doch der rote String der im Seitenfach in der Tür liegt, ist eindeutig nicht von seiner Frau. Der gehört einem von Carlos früheren Mädchen. Sie bekamen immer solch teure Unterwäsche. ,,Ahora llévanos allí, o tu esposa se entera de tu aventura." der Blick von dem Taxifahrer ist wütend, seine Augen sind Schlitze. Der kleine Oberlippenbart zuckt leicht. Dann setzt sich das Auto in Gang. ,,Was hast du ihm gesagt?" Kyle ist ziemlich überrascht von ihrem schroffen und giftigen Ton gerade. ,,Das ich seiner Frau erzähle, er hätte eine Affäre wenn er uns nicht an den Dorf Rand bringt." Kyles Augen weiten sich. ,,Lia..." ,,Um hier weiter zu kommen, muss man eben unschöne Wege gehen. Glaub mir, dass war noch harmlos." sie will ja nicht so sein, wie sie jetzt ist. Doch mit ihrer ruhigen und sonst so lieben Art wird man hier nur verarscht und hintergangen. Man muss einfach kalt sein, damit man nicht beginnt den falschen Leuten in die Arme zu laufen. Außerdem macht Kyles aussehen die Sache noch schwieriger. Die Leute erkennen sofort sein teures Hemd, die Markenschuhe und die auffallende Rolex. Hier erkennt man sofort wenn jemand Geld hat, da es in dem Viertel sonst niemand hat. Die Gefahr, dass man sie hier überfällt ist einfach zu groß. ,,Zieh deine Uhr aus, pack sie in meinen Rucksack." ohne wiederrede tut er was sie sagt.

,,Estamos aqui." der Taxifahrer nennt die Summe die sie zahlen sollen und wartet ungeduldig auf deren verschwinden. Das letzte Mal als er hier war, wurde die Scheibe an der Beifahrer Tür eingeschlagen. Das kann er nicht noch einmal gebrauchen. ,,Komm." Lia gab dem Mann noch ein großzügiges Trinkgeld bevor sie aussteigen. So schnell es geht fährt er weg, lässt die beiden vor einer dunklen Gasse stehen. Es ist dummerweise ist es schön abends, die Sonne verabschiedet sich getade hier in Spanien, der Zeitunterschied macht Kyle etwas zu schaffen. ,,Wir müssen noch ein gutes Stück gehen, also sollten wir uns ran halten, bevor es komplett dunkel ist." sie zieht ihren Koffer hinter sich her, Kyle hinter ihr her. Er schaut sich die alten Holzhäuser an, die kaputten Straßen und die verschiedenen Menschen an. Das letzte Mal als er so eine Umgebung gesehen hatte, war er mit seinen Freunden versehentlich falsch gefahren. Und nicht Mal die sah so aus wie hier. Hier war sie aufgewachsen, hatte ihre Kindheit verbracht. ,,Wenn es dunkel wird und bei Nacht sieht alles schlimmer aus als es ist, mach dir jetzt kein Kopf..." versucht sie ihn zu beruhigen, doch weiß sie selber, dass es eben nicht so ist. Tags sowohl nachts ist es furchtbar. ,,Ich mache mir keinen Kopf. Ich frage mich nur, wie man hier aufwachsen kann." ein flüchtiges lächeln überzieht ihre Lippen. ,,Indem man sich in den schönen, geheimen Plätzen des Dorfes aufhält. Es gibt hier einen Platz, mitten im Wald, den niemand kennt. Ich habe ihn gefunden da war ich acht Jahre alt. Und wenn mir alles zu viel wurde, bin ich nach dort geflüchtet. Man sollte sich aber nicht alleine auf den Weg zu dem Platz machen, denn wenn man sich nicht auskennt, kommt man schwer wieder zurück hier her. Ich zeige dir morgen alles. Dann siehst du auch wie schön es sein kann. Doch lass dich davon nicht irritieren. Diese Plätze haben auch eine Geschichte."

,,Papá?" Lia schwingt die kleine Tür von dem etwas verfallenen Haus auf. Sie sind gerade dabei es zu renovieren, doch geht es nur schläppend voran. Eine weitere kleine Tür, die kaum merkbar ist, öffnet sich. Roberto kommt heraus, sein Blick ist verwundert über Kyles Anwesenheit. ,,Kyle? Was machen Sie denn hier?" sie reichen sich die Hände. ,,Er wollte mit. Wie geht es denn Abuela?" leicht schüttelt Roberto mit dem Kopf. ,,Momentan geht es ihr wirklich schlecht, aber es soll wohl besser werden. Das sagt jedenfalls der Arzt." ,,Ich gehe zu ihr." und schon verschwindet sie hinter der selben Tür von der Roberto gekommen war. ,,Hija warte!" ein kleiner dunkelhaariges Kopf schaut wieder aus der Tür, als sie die Stimme ihres Vaters hörte. ,,Deine Cousine ist da." -Oh nein...- genervt stöhnt sie auf. ,,¡Este día está mejorando!" über ihren kleinen Wutausbruch schmunzelt Kyle. Sie ist einfach so süß wenn sie sich aufregt. ,,Lia und ihre Cousine Gina können sich nicht ausstehen. Gina ist einfach... Naja, so wie Quinn eben." erklärt Roberto seinem Gegenüber. ,,Komm, setzen wir uns." gemeinsam setzen sie sich auf die Couch. Jetzt hat Roberto die Gelegenheit mit ihm alleine zu reden, ohne das Lia ihn mit vernichtenden blicken anschaut. ,,Danke, dass du mit Lia hergekommen bist. Die Zeit hier war nicht leicht für sie." verstehend nickt Kyle. So wie es hier ausschaut, kann er es sich vorstellen. Außerdem ist hier der Ort, an dem sie ihren Körper an fremde Männer verkaufte. ,,Ich weiß... Sie hat mir bisschen was erzählt." ihr größtes und tiefstes Geheimnis. ,,Ich weiß, dass sie für Carlos gearbeitet hat." irritiert schaut Kyle zu Roberto. Hatte Lia nicht gesagt, dass es keiner wüsste? ,,Ich verstehe nicht." Roberts Lippen ziert ein leichtes lächeln, sein Blick liegt auf seinen gefalteten Händen. ,,Das ist die einzige Möglichkeit gewesen, um die Schulden meines Bruders zu begleichen. Ich habe nie was gesagt, denn ich wollte zu dem Zeitpunkt nur, dass meine Familie schuldenfrei war. Mir war egal was sie auf sich genommen hatte. Ich war egoistischen und dachte nur daran wie ich meinem Bruder helfen konnte. Meine Tochter habe ich komplett außer acht gelassen. Das bereue ich zu tiefst." Kyle ist etwas irritiert. Wieso erzählt er ihm das? ,,Sie hat sich alleine dafür entschlossen für ihn zu arbeiten. Sie hätte es auch getan, wenn Sie das nicht gewollt hätten. Sie tut eben einfach alles für die Menschen die sie liebt." und dafür bewundert er sie wirklich, vom tiefstem Herzen. Kyle ist sich nicht sicher, ob Roberto weiß was genau sie für Carlos getan hatte, doch kann er das schlechte Gewissen von Roberto verstehen. Auch Kyle schleppt sich mit Schuldgefühlen herum. Zum einen wegen Lia und der Wette, zum zweiten wegen seines Bruders. Nur wegen ihm ist er zu den Drogen gekommen, nur wegen ihm hat er Giselle kennengelernt. ,,Papá? Voy de compras." Roberto nickt einfach nur und geht dann wieder zu seiner Mutter. Kyle sieht Lia abwartend an. ,,Kommst du jetzt?" ihre Ungeduld ist deutlich zu hören. ,,Wohin denn?" erst als sie Kyles fragenden Blick sieht, fällt ihr ein, dass er ja kein Spanisch versteht. Ihr süßes lachen füllt den Raum. ,,Schuldige... Ich wollte einkaufen gehen. Kommst du mit?" ,,Um diese Uhrzeit?" die kleine digitale Uhr auf dem Kamin zeigt schon späten Abend an. Lia geht auf Kyle zu und drückt ihm ein Kuss auf die Wange. ,,Du bist so süß, wenn du keine Kontrolle hast..." ja, Kyle fühlt sich eindeutig überfordert mit der Situation. Er hat keine Ahnung was er zu tun hat, verliert die Kontrolle über die jetzige Situation. Und er hasst es die Kontrolle zu verlieren.

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