Kapitel 19

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Genau zwei Tage waren vergangen und in dieser Zeit hatte Dyan kein Wort mehr mit mir geredet. Er behandelte mich wie Luft. Ich durfte mich aber nicht beschweren, denn das hatte ich mir selbst angetan und verdiente es. Dieses Verhalten von ihm, was ich nun zu spüren bekam, war der alte Dyan, der sich nie um mich gekümmert hatte und ich ein unwichtiges Mädchen für ihn war. Ehrlich gesagt, hatte es mich früher nie interessiert, denn er war nicht jemand gewesen, der mir wichtig war, aber jetzt war es anders, denn er bedeutete mir etwas.

Von jemanden fernzubleiben, den man liebte, war nicht einfach.

Es war ein unerträglicher Schmerz, wenn er sich in deiner Nähe befand und du nicht zu ihm gehen konntest, wenn er lachte und du weinen könntest. Er versteckte seine Augen vor mir, obwohl es der einzige Ort war, an dem ich mich geborgen fühlte. Das alles war viel schlimmer, als ich dachte und es zerfraß mich innerlich auf, denn es tat so weh. Ich wollte, dass es aufhörte und ich wünschte, dass das alles nur ein schlechter Traum wäre.

Auch, wenn das ganze mich nur noch mehr zerstörte und ich nun ohne ihn weiterleben musste, hatte ich einfach keine andere Wahl, denn nur so konnte ich ihn von mir fernhalten und beschützen.

Luke war ebenso auf mich wütend gewesen und wollte immer wieder mit mir darüber reden, jedoch hatte ich ständig abgelehnt. Aus diesem Grund begann er mich zu ignorieren, aber er hielt es nicht länger als einen Tag aus, was mich schon amüsiert hatte. Über das Thema sprach er schließlich nicht mehr, aber dafür redeten seine Augen und das tat er mit purer Absicht.

Er wollte nicht einsehen, dass es zwischen seinem Cousin und mir nicht funktionieren würde, denn er glaubte mit dem ganzen Herzen daran, dass es ein Wir mit Dyan gab, doch er lag natürlich falsch.

•••

Es war schon wieder Schule und ein weiterer Tag, indem ich mit mir selbst kämpfen musste.

Still saß ich neben Luke und die Stunden im Unterricht vergingen viel zu langsam. Wir sollten alleine die Matheaufgaben lösen, die uns Mrs Anderson aufgegeben hatte, doch ich hatte einfach nicht den Kopf dazu. Außerdem war Mathe nie mein stärkstes Fach gewesen, weshalb ich nur planlos die Zahlen auf meinem Blatt anstarrte.

Ich wurde plötzlich aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte und anschließend eine Lehrerin den Raum betrat. Sie schenkte uns allen ein freundliches Lächeln und ging schließlich auf Mrs Anderson zu. Es war relativ leise, wodurch ich mitbekam, was sie vorne besprachen. Anscheinend musste eine Klasse aufgeteilt werden, da es im Moment keinen Vertretungslehrer gab. Genau vier Schüler sollten die letzten Stunden bei uns verbringen und was für ein Zufall es auch war, hatten wir sogar vier Plätze frei.

Der eine befand sich neben Drake, neben ihm war ein ganzer freier Tisch und vorne war noch einer bei einem Mädchen, dessen Name mir nicht einfiel.

Als Mrs Anderson schließlich kein Problem damit hatte, rief mir die unbekannte Lehrerin nach den Schülern, die die ganze Zeit draußen vor der Tür gewartet hatten. Nacheinander kamen sie herein, doch die ersten zwei Mädchen und den Jungen kannte ich nicht, aber der Letzte von ihnen ließ mein Herz schneller schlagen.

Dyan.

"Die letzten zwei Stunden bleibt ihr bei Mrs Anderson. Ihr wisst, was ihr zutun habt, also seit ihr reichlich beschäftigt", sprach die Lehrerin und nach ihrer Aussage verließ sie uns auch schon wieder.

Die zwei Mädchen setzten sich direkt zu der freien Bank, sodass sie zusammen bleiben konnten. Auch der Junge bewegte sich und ließ sich vorne auf den Stuhl fallen. Das Problem war nun, das es nur noch einen leeren Platz gab und dieser war neben Drake.

Scheiße.

Ich bekam leichte Panik und blickte zu Luke rüber, jedoch konnte ich ihn nicht finden. Verwirrt sah ich mich um bis meine Augen bei Drake's Bank hängen blieben, denn er hatte sich ernsthaft neben ihn gesetzt. Mein Mund öffnete sich ein wenig, denn ich konnte nicht glauben, dass er mir das ernsthaft antat. Aus diesem Grund warf ich ihm einen wütenden Blick zu, den er mit einem Schulterzucken erwiderte und mich auch noch unschuldig anlächelte.

Somit blieb Dyan keine andere Wahl, als neben mir zu sitzen.

Mein Herz hämmerte gegen meine Brust und so langsam war es wirklich schmerzhaft. Meine Augen blieben wie gebannt auf meinem Arbeitsblatt gerichtet, doch trotzdem hörte ich seine Schritte und wie er sich schließlich schweigend neben mich setzte. Ich nahm mein Bleistift in die Hand und konnte nicht verhindern nervös damit zu spielen, denn allein seine Anwesenheit brachte mich aus der Fassung.

Für einen kleinen Augenblick schloss ich die Augen und versuchte mich ein wenig zu entspannen, aber es klappte nicht, weshalb ich sie erneut öffnete und weiterhin mein Blatt anstarrte.

Länger hielt ich es aber nicht aus und ich konnte mich nicht davon abhalten in seine Richtung zu schauen.

Als ob er meinen Blick spüren würde, drehte er sich zu mir um, wobei ich sofort wegsah und den Kopf senkte. Ich traute mich nicht in seine Augen zusehen, denn ich wusste ganz genau, was sie mir ausstrahlen würden und das könnte ich nicht ertragen. Früher hätte es mir nichts ausgemacht, aber jetzt wäre es wie ein Messertisch und das mitten ins Herz.

Das war aber nicht das einzige, was mich so mitnahm, denn heute Morgen waren meine Brüder wieder nach Frankreich geflogen. Am liebsten hätte ich sie nicht gehen lassen, doch ich musste.

Acht Stunden später

Vorsichtig versuchte ich die Augen zu öffnen, aber es war nicht so einfach. Ich hob leicht den Kopf hoch, wobei ich direkt das Gesicht verziehen musste, denn ich hatte unerträgliche Schmerzen. Es fühlte sich so an, als ob man mir mit etwas auf den Hinterkopf geschlagen hätte und wenn ich genauer darüber nachdachte, klang diese Theorie gar nicht so dumm, da ich gerade wortwörtlich litt.

Ein paar Mal musste ich schließlich blinzeln, um endlich die Augen aufzubekommen, doch trotzdem konnte ich nichts außer die Dunkelheit sehen.

Wo war ich?

Nun bemerkte ich auch, dass ich auf einen Stuhl saß, weswegen ich aufstehen wollte. Leider funktionierte es aber nicht, denn ich war gefesselt. Meine Augen weiteten sich automatisch und ich begann mich hektisch auf dem Stuhl zu bewegen, um mich irgendwie zu befreien, doch es brachte nichts. Somit fühlte ich, wie die Panik in mir langsam hochstieg und meine Angst sich genauso hervor zeigte.

Wie war ich hier nur gelandet?

Ich versuchte mich zu erinnern, jedoch bekam ich wegen den Schmerzen schlimme Kopfschmerzen, weshalb ich mich nicht auf das Wesentliche konzentrieren konnte. Meine Erinnerung war wie ausgelöscht und der Gedanke, das wahrscheinlich niemand von meinem verschwinden wusste, machte mich nur noch panischer.

In der Dunkelheit konnte ich rein gar nichts erkennen, worauf ich mich verzweifelt umschaute und am liebsten geschrien hätte. Ich brachte aber keinen einzigen Ton aus meinem Mund raus, denn die Angst hatte die Kontrolle über mich übernommen, sodass ich nun keine Ahnung hatte, wie ich handeln sollte.

Am Ende blieben meine Augen nach vorne gerichtet, denn etwas nahm meine Aufmerksamkeit. Ich legte den Kopf etwas schief und verengte verwirrt die Augenbrauen, denn irgendwas war dort.

Ein kleiner roter Punkt leuchtete.

Im selben Augenblick ging plötzlich ein Licht mit einem lauten Geräusch an, was mich kurz zusammenzucken ließ. Die Helligkeit tat mir in den Augen weh, weswegen ich sie zusammenkniff und immer wieder blinzeln musste.

Als ich mich schließlich an das helle Licht gewöhnte, stellte ich fest, dass nur die Wand vor mir beleuchtet wurde, wo ebenso der rote Punkt sich befand. Ich hatte nun ein genaueres Bild vor mir und als ich erkannte, was vor mir war, riss ich erschrocken die Augen auf. Augenblicklich vergaß ich wie man atmete, denn das war nicht zu fassen. Genau jetzt hätte ich zum Schreien angefangen, jedoch brachte ich vor Schock nichts raus.

Eine Bombe.

Mein LebenWhere stories live. Discover now