#28 It's too cold outside

1.2K 156 152
                                    

"Haben Sie je etwas begangen, für dass Sie Ihre gerechte Strafe noch nicht bekommen haben?"
"Wissen Sie, was ich an Ihnen so interessant finde? Normalerweise stelle ich hier die Fragen."
"Ich rede nicht gerne über mich selbst, deswegen war ich auch nicht von einer Therapie überzeugt."
"Aber Sie haben sich trotzdem für eine entschieden, weshalb?"
"Ich habe keine Lust, mich umzubringen. Das würde irgendwie meinem Ruf schaden, oder nicht? Ich will es nicht als schwach bezeichnen, denn ich kannte mal eine Person, die es tun wollte, ich aber nicht als schwach ansehe. Ich bin einfach nicht der Typ dafür, wissen Sie? Durch Leid still und heimlich dahin vegetieren und zwischendurch ein paar Menschen verärgern, mit der furchtbaren Person, die ich bin, der Typ bin ich."
"Das hat nicht ganz meine Frage beantwortet."
"An meine haben sie ja nicht mal einen Gedanken verschwendet."

___________________________

Pov Jimin

Früher hatte ich immer gedacht, Autoren würden in ihren Geschichten übertreiben, eine Szene bis zum Erbrechen in ihre Details zerlegen, damit alles schöner wirkte. Aber ich realisierte, dass das, was Autoren in mehreren Absätzen beschrieben, in Wirklichkeit in ein paar Sekunden passierte, wenn ich ihm gegenüber lag und sich unsere Blicke trafen. Die Farbe seiner Augen, die so viel mehr ausstrahlte, als ein einfaches, warmes Braun. Man sagte, das Auge sei das Fenster zur Seele und irgendwo machte es Sinn. Unsere Seele saß hinter glasigen Mauern und beobachtete die Außenwelt, das, was wir Leben nannten. Komisch, wenn man darüber nachdachte, dass ich in diesem Moment seine Seele betrachtete und nicht nur einen schwarzen Kreis umrundet von einem weiteren, farbigen Kreis. Noch seltsamer, dass ich dies ebenfalls mein Zuhause nannte. Ihn generell. Seine Arme bildeten ein süßes Gefängnis um meine zerbrechliche Figur und nie wollte ich irgendwo auf Ewigkeit so gefangen sein. Ich fühlte mich am sichersten, wenn er mich bei sich hielt. Ich offenbarte ihm so viele Arten und Weisen mich zu brechen, auszunehmen und zu zerstören, alles gehalten von den hauchdünnen Fäden des Vertrauens.

Wie war es überhaupt so weit gekommen? Wann war ich gefallen und warum hatte ich es nicht gemerkt? Wie war es passiert, dass sich ein Engel in den Fängen des Teufels wohler fühlte, als im paradiesischen Himmel? Wie konnte er sich in den Teufel verguckt haben? Wie waren sie, zwei Welten, die das Wort Gegensatz definierten, in Kontakt getreten und kollidiert?

Früher hatte ich mich immer gefragt, warum der Teufel mich bei sich in der Hölle gefangen hielt, dort, wo ich Tag für Tag den Qualen seines eigenen Leides ausgesetzt war. Heute, wo ich wusste, dass er mich geliebt hatte, fragte ich mich, warum er mich freigelassen hatte. Ich würde ihn wohl immer in Frage stellen.

"Ich therapiere dich zwar noch nicht lange, aber so still warst du bisher noch nie."

Der Therapeut zog mich an die Oberfläche, als wäre ich ein Karpfen, der aus dem Teich seiner Gedanken gefischt wurde. Er hatte recht, ich war recht nachdenklich heute. Meine Gedanken drehten sich hauptsächlich um einen älteren Mann, der mich vor drei Jahren verlassen hatte und ich konnte sie nicht stoppen, sie kamen und gingen wann immer sie wollten.

"Haben sie schon mal jemanden geheilt?", fragte ich, Herrn Park forsch betrachtend. Der Therapeut schaute mich an, als würde ich ihm weiß machen wollen, dir Erde wäre eine Scheibe, bis er begriff. "Ich bin nicht in der Lage Menschen zu heilen, ich bin höchstens da um ihnen zu helfen."
"Aber ich möchte, dass er geheilt wird." murmelte ich bedauernd und schlang meine Arme um meine eigenen Beine.
"Über wen redest du, Jimin?", fragte er, als wäre es ihm nicht schon mehr als bewusst. "Yoongi." Ich antwortete ihm trotzdem in unter einer Sekunde. "Ich weiß ja nicht, ob er immer noch mit sich selbst kämpft und ob es überhaupt wahr ist, dass er das tut, aber ich hoffe, dass er sich Hilfe sucht und dass er geheilt wird. Ich will, dass er gesund ist."
"Woher weißt du, dass er auch diesen Kampf führt?"
"Es ist ein Krieg", korrigierte ich ihn. "Hoseok hat es mir gesagt."
"Und das ist...?"
"Ein alter Freund." Ich war noch nicht bereit dazu, ihm von der Sache zu erzählen, die vor drei Jahren passiert war. Es war derselbe Monat, im November fühlte sich das Erlebnis immer so nah an. Generell setzte mir die Kälte des eintretenden Winters mehr zu, als sie sollte. Sie umhüllte mich, wie ein Netz, gespinnt aus all den schmerzvollen Ereignissen aus der kalten Jahreszeit und würde ich über die Vergewaltigung sprechen, würde es sich zuziehen und mir die Luft abdrehen, während ich mich in den Strängen verhedderte.

「 devil 」 - yoonminWhere stories live. Discover now