#2

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Als ich meine Haustür aufschloss, kam meine Mutter mir gleich entgegen. Scheiße.

"Hey Schatz-... Oh Gott wie siehst du denn aus?! Woher kommt das ganze Blut? Bist du verletzt? Muss ich die Polizei rufen?!" schoss sie gleich darauf los und sah mich total besorgt an.

"Nein Mam. Es ist alles gut dass.... das ist nicht mein Blut" sagte ich leise und schloss die Tür hinter mir.

"W-was? Aber wessen denn dann?" fragte sie geschockt und musterte mich nochmal mit ihren Sorgenvollen Augen.

"K-kkyle" schluchzte ich leise. Sie sah mich mitleidig an und nahm mich in den Arm. Einfach nur so, ohne irgendwas weiteres zu sagen. Wir standen eine ganze weile lang so im Flur.

Langsam löste sie sich wieder von mir. "Wir machen das jetzt so, du gehst erstmal Duschen und ich mache dir einen Tee. Danach reden wir, okay?" meinte sie. Schwach nickte ich und schleifte mich hoch in mein Zimmer.

Wie wunderlich es ist, dass ein Mensch von ein auf die andere Sekunde einfach nicht mehr da ist. Wie er sich einfach auslöscht, ohne dass irgendjemand etwas dagegen unternehmen hätte können.

Ich dachte, ihm ging es wieder besser, seit wir zusammen waren. Dass er diese ganzen dunklen Zeiten hinter sich hatte und er einfach nur bedrückt war, wegen dem plötzlichen Schluss und Lissy. Da habe ich mich wohl gewaltig getäuscht. Und nun habe ich ihn verloren. Für immer.

Ich fing wieder leise an zu schluchzen. Es ist alleine meine Schuld, dass er sich das Leben genommen hat! Meine allein!

Ich stellte den Wasserstrahl der Dusche auf Eiskalt, um meine Gedanken wenigstens wieder ein bisschen zu Ordnen. Es half nicht viel. Ich stand einfach nur stumpf da und starrte die Wand vor mir an. Ich dachte erst garnicht daran, mich umzudrehen. Sonst muss ich meine Badewanne sehen und dass würde ich Mental nicht verkraften. Ich atmete nochmal tief durch und versuchte mir dann, das ganze verschmierte Blut von meinem Körper zu Waschen, dass aber nur langsam verblasste.

Auch als es nicht mehr sichtbar war, versuchte ich es immernoch wegzuwischen. Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, dass das Blut immernoch an mir kleben würde.

Irgendwann konnte ich einigermaßen ohne dieses grässliche Gefühl aus der Dusche steigen, wo ich mich abtrocknete und mir dann gemütliche Sachen anzog. Ich stand vor meinem Fenster und sah raus auf die Straße.

Da lief ein älteres Pärchen spazieren, sie sahen fröhlich aus. Haben sie etwa nicht mitbekommen, was passiert ist? Wie können sie da einfach herumlaufen, als wäre nichts passiert? Wie können alle weitermachen als wäre alles in bester Ordnung?

Für sie ist ja bestimmt auch alles in bester Ordnung. Sie haben nicht jemand verloren der ihnen wichtig war. Was habe ich Kyle nur angetan? Das ist doch alles nur meine Schuld, dass er jetzt nicht mehr da ist! Was bin ich nur für ein grausamer Mensch? Verdiene ich es überhaupt noch, zu leben?

Nur weil ich ihm nicht glauben konnte! Weil ich dachte, ein wenig Abstand nach der ganzen Sache, könnte uns gut tun. Ich habe versucht mir selbst einzureden, dass ich nichts mehr für ihn Empfinde, aber ich konnte ja selbst gerade merken wie schwachsinnig das war. Ich hätte bei ihm bleiben müssen. Ich hätte für ihn da sein müssen. Aber ich war es nicht.

Die Wut in mir auf mich steigerte sich immer mehr, bis ich förmlich blind wurde davon. Ich schmiss alle Sachen von meiner Kommode rechts von mir herunter. Sie flogen scheppernd auf den Boden, wobei ein paar Sachen kaputt gingen, so wie mein Herz es war.

"Alex? Ach Schatz" meine Mutter kam zur Tür herein und nahm mich in den Arm. "Wir bekommen das wieder hin, okay" murmelte sie und strich mir durch die Haare. Ich ergab mich meiner Wut, die sich einfach nur noch in Trauer umwandelte. Ich ließ meinen Tränen freien lauf und klammerte mich an sie, als wäre sie mein letzter Anhaltspunkt, den ich noch habe. Wie soll ich denn jetzt noch weitermachen? Wie soll ich irgendwas machen, ohne immer diesen einen Gedanken in meinem Kopf zu haben? Wie soll ich das Bild von Kyle aus meinem Kopf bekommen, wie er da liegt? Wie soll ich irgendwas in meinem Leben noch machen?

Ich habe einen Menschen auf dem Gewissen. Ich habe Kyle auf dem Gewissen.

This love has to End (boyxboy)Where stories live. Discover now