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Entspannt genoss ich die Aussicht, die sich mir bot. Ich hatte mich in der letzten Zeit immer gefragt, wie es wohl auf den Hochhäusern in unserer Stadt aussehen würde. Es ist wahrlich ein schöner Anblick. Ich habe mich in ein Büro Gebäude geschmuggelt und bin mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock gefahren, ehe ich über die Feuerleiter auf das Dach geklettert bin. Dass ich dabei nicht erwischt wurde, bleibt mir immernoch ein Rätsel. Ich ließ meine Beine von dem Dach herunterhängen und obwohl ich nicht weit davon entfernt bin, sieben Stöcke in die tiefe zu stürzen, bin ich Entspannt. Vielleicht weil es hier oben schön ruhig ist, und ich nur den leichten Verkehr von unten höre. Hier oben ist niemand, der etwas von mir Erwartet, der keine Anforderungen auf irgendwas stellt und vor allem ist hier keiner, der mich Verurteilt. Eine leichte Brise wehte durch mein Gesicht und ich schloss meine Augen.

Also. Um das mit mir und Ace auf die Reihe zu kriegen, muss ich Akzeptieren, dass Kyle tot ist. Er wird nicht mehr zurückkommen, egal wie sehr ich es mir Wünsche. Er ist tot. Kyle ist tot. Er wird nicht wieder kommen.

Diese Erkenntnis schlug mich fast genauso hart, wie sein Bild in meinem Kopf, wie er in der Badewanne lag. Ich sah über die Stadt hinweg, die in der Dämmerung beinahe zu Glitzern schien. Kyle ist tot. Es ist okay, wenn ich mein Leben weiterlebe. Wenn ich jemanden Suche, der mich liebt. Mit dem ich Glücklich werden kann. Es ist okay, über ihn hinwegzukommen. Mein Herz hörte ein kleines Stück mehr auf, weh zu tun. Ich schloss meine Augen und spürte wie es Pochte, wie es das Blut durch meine Adern pumpte.

Nun ist die Frage, mit wem will ich glücklich werden? Mit Ace? Ace hat mich Betrogen. Auch wenn ich nur von der Knutscherei in der Bar weiß, woher will ich wissen, ob er nicht noch mehr getan hat. Aber wenn er mehr getan hat, hätte er mir dass dann nicht auch gebeichtet? Oder verschweigt er es? Die andere Frage aber, warum hat er es getan? Und warum kämpft er so stark darum, dass ich ihn nicht verlasse?

Er hat gesagt, er hat Gefühle für mich. Das glaube ich ihm gerne aufs Wort. Aber was wenn nicht? Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche. Ich fischte es raus und sah drauf.

Wo bist du? -Ace

'Warum?' fragte ich dümmlich. Er kam direkt wieder online.

Weil ich gesehen habe, wie du mit Maison in Richtung Stadt gelaufen bist , schrieb er.

'Eifersüchtig? ;)' schrieb ich grinsend.

Wo bist du , wiederholte er seine Frage.

Ich schickte ihm einfach ein Bild von meinen Beinen, wie sie von dem Gebäude herunterhingen. Ich sah eine ganze weile das online Zeichen. Hat er es noch nicht gesehen? Aber die Häkchen sind blau. Dann kam seine Antwort:

WAS ZUM FICK MACHST DU DA OBEN?!

GEH DA SOFORT WIEDER RUNTER!

UND NIMM JA DIE TREPPE DAFÜR!

ALEX!

Ich sah lächelnd auf seine Antworten. Er macht sich gerade wohl höllische Sorgen.

'Chill mal. Ich habe nicht vor zu Springen. Ich genieße die Aussicht' schrieb ich ihm.

Kannst du das nciht wie jeder nirmale mensch auf dem boden machen und nicht auf einem verdammten Hochaus?!

Er schien ziemlich schnell zu schreiben, da in seiner Nachricht ganz schön viele Rechtschreibfehler waren.

'Meine güte Entspann dich mal, ich geh ja wieder runter' schrieb ich dann genervt und steckte mein Handy in meine Hosentasche, dass noch ein paar mal Vibrierte, bis es endlich verstummte. Ich sah noch eine weile über die Dächer der anderen Häuser hinweg, bis ich mich auf den Weg nach unten machte. Ich kletterte wieder unbemerkt durch das Fenster im ersten Stock rein, ehe ich mich auf den Weg aus diesem Gebäude machte. Als ich jedoch aus dem Fahrstuhl trat, rief mich eine Sekretärin zu sich.

"Was machen sie in diesem Gebäude?" fragte sie und zog eine Augenbraue hoch, als wüsste sie, dass ich hier nichts zu suchen hatte. "Ehm. Ich hatte einen Termin" sagte ich zu ihr. "Achja?" fragte sie weiter. "Ja genau. In Raum 126 war das. Ich bin nicht so gut im Namen merken" sagte ich schnell und flüchtete. Ich hörte sie nur noch rufen: "Aber das ist eine Abstellkammer!". Als ich weit genug weg von dem Bürogebäude war, atmete ich erleichtert aus. Hoffentlich belässt diese Tusse es bei der Abstellkammer.

Über ein paar Umwege schaffte ich es, mir meinen Weg nach Hause zu Bahnen. Als ich die Tür aufschloss, rief meine Mutter gleich nach mir. "Alex? Schatz bist du es?" rief sie aus dem Wohnzimmer. "Nein. Ich bin ein Mörder und werde jetzt alle deine Wertsachen klauen!" rief ich augenverdrehend, während ich meine Schuhe auszog und dann zu ihr lief. "Wo warst du?" fragte sie Interessiert und musterte mich. "Ich dachte du kommst von der Schule zurück und fällst dann tot in dein Bett" lächelte sie. "Nein, ich war mit Maison ein Eis essen und habe mich danach auf eine Bank im Park gesetzt, um nachzudenken" erzählte ich ihr und setzte mich neben sie. Sie muss nicht wissen, dass ich mich auf das Dach eines siebenstöckigen Gebäudes gesetzt habe.

"Ich muss dir da noch was sagen" sagte sie und sah mich an. Ich sah abwartend zu ihr. "Ich werde morgen, wenn du in der Schule bist, wegfahren, für zwei Tage" sagte sie. "Warum das?" fragte ich verwirrt. Nicht, dass es mir was ausmachen würde. "Was denkst du, warum du der einzige Mann hier im Haus bist?" fragte sie mich. Ich zuckte unschlüssig mit den Schultern. Das mein Vater bei einem Auslandseinsatz umgekommen ist, als ich gerade mal 2 Jahre alt war, sagte zwar einiges darüber aus, aber auch nicht alles.

"Weißt du Schatz. Ich will hier nicht Männer anschleppen, die du vielleicht nicht magst, oder dich doch an sie Gewöhnst und sie vielleicht sogar als eine Vaterfigur ansiehst, bis ich merke, dass es zwischen uns nicht passt und er wieder gehen muss" erzählte sie. "Ich wollte mir sicher sein, dass es etwas festes ist und auch wirklich hält, bis ich euch beide Vorstelle" sagte sie. "Und das heißt...?" fragte ich weiter. "Er hat mich Eingeladen, ein paar Tage bei ihm zu sein, um zu schauen wie es zwischen uns läuft. Und es ist unter der Woche für ihn am besten" erklärte sie weiter. "Aber wenn du willst, dass ich hier bleibe, dann mache ich das. Ich sage ihm ab und blei-" weiter kam sie nicht, da ich sie relativ schnell wieder Unterbrach. "Mom, hey. Es ist okay, du kannst gehen, ich werde schon überleben. Ich meine, ich bin nicht geistig zurückgeblieben" sagte ich ruhig. Sie lächelte mich Erleichtert an und Umarmte mich dann. "Du bist ein Schatz!" sagte sie dann freudig.

"Also Junger Mann! Keine großen Hauspartys während ich weg bin. Ich will dich nicht als Junkie wieder finden. Das Haus bleibt heil so wie es ist, es kann von mir aus ein bisschen unordentlicher sein, aber sieh das nicht als Einladung, alles Schmutzig zu machen! Und-" ich unterbrach sie erneut. "Mom. Keine Sorge, das Haus wird noch stehen, wenn du zurück kommst. Außerdem schmeiße ich keine Partys, ich gehe auf welche. Als ob ich Lust habe, dann alles wieder sauber zu machen. Und außerdem hast du mich erzogen. Also wirst du doch wohl selbst wissen, wie meine Normen so sind" meinte ich schmunzelnd.

Sie seufzte. "Du hast ja recht". Ich lächelte sie nochmal an und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, ehe ich in mein Zimmer lief und mich aufs Bett fallen ließ.

This love has to End (boyxboy)Where stories live. Discover now