Kapitel 2

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„Weißt du, deine schlechte Laune kann einem ganz schön auf die Nerven gehen."

Ich blickte von meinem Handy auf und sah zu meiner Mom. Sie stand mit dem Rücken zu mir und wusch ab. Da sie gestikulierte, flogen Schaumtropfen durch die Luft.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", sagte ich. Das war eine Lüge. Und das wusste sie.

Sie deutete zu dem Geschirrhandtuch, welches an dem Kühlschrank hing und ich legte mein Handy auf die Ablage, bevor ich danach griff.

„Du bist jung, du siehst gut aus, du wirst schon noch jemand neuen finden." Sie gab mir eine Schüssel, die ich abtrocknete und wegstellte.

„Ich weiß."

Sie drehte sich zu mir um und fuchtelte mit einem nassen Messer herum. Ich wischte mir einen Wassertropfen aus dem Gesicht. „Und warum hockst du dann schmollend in der Ecke und trauerst diesem tätowierten Typen nach?"

Ich verdrehte die Augen und nahm ihr das Messer weg. „Ich geh aus, treffe mich mit Leuten und habe mir jetzt auch einen Job gesucht. Also weiß ich nicht, was du von mir erwartest."

„Ich möchte, dass du glücklich bist. Und seine Probleme wegzutrinken zählt für mich nicht. Außerdem sind die Leute mit denen du dich triffst in meinen Augen nicht gerade vertrauenserweckend."

Ich nahm das Glas, welches sie mir reichte. „Ich weiß, dass du nur das Beste für mich willst. Aber mach die Situation nicht schlimmer als sie ist. Ich trink nicht annähernd so viel wie andere meines Alters. Und nicht alle meine Freunde sind wie Henry."

„Was ist denn mit Bo? Der ist doch ein ganz netter."

„Mom. Er ist hetero." Ich musste grinsen, sie mochte Bo schon länger und das war ziemlich offensichtlich.

„Das ist ein dehnbarer Begriff. Und außerdem wollte ich gar nicht darauf hinaus. Diesmal nicht. Ich glaube ja, du könntest jemanden gebrauchen, der bodenständig ist."

Sie machte den Wasserhahn aus und sah mich erwartungsvoll an.

„Man kann nicht sagen, dass mein Ex nicht bodenständig war-"

„Über ihn reden wir nicht mehr."

„Ist mir recht. Aber ich weiß gar nicht, ob ich gerade eine Beziehung will. Oder ob ich jemand 'bodenständigen' will." Ich stellte das letzte Glas weg, bevor ich mich an den Kühlschrank lehnte und auf Moms Antwort wartete.

„Du weißt, ich liebe und respektiere dich und unterstütze dich bei fast allem was du tust. Aber du wirst mir keinen Henry nach Hause bringen." Ihr Blick war sehr ernst. Wenn sie so guckte, bildete sich immer eine kleine Falte zwischen ihren Augenbrauen.

Ich lachte. „Keine Sorge, kein Henry."

„Gut", sie sah mich noch einen Moment lang prüfend an, „sicher, dass du gerade nichts Neues willst? Es ist seltsam, dass du auf niemanden stehst, sonst hast du immer einen Schwarm."

„Ich stehe auf jemanden", sagte ich mit ernster Stimme. Sofort sah ich Neugierde in den Augen meiner Mom glitzern. „Mich."

Augenrollend nahm sie mir das Geschirrhandtuch aus der Hand und schlug mich damit. „Man verarscht seine Mutter nicht!"

„Ich werde es mir für die Zukunft merken, Mutter."

Sie holte nochmal aus, lachend hob ich die Arme hoch. „Frieden!", rief ich.

„Nur, wenn du mich zum Einkaufen begleitest."

Ich seufzte, nickte aber und Mom warf das Geschirrtuch über eine Stuhllehne.

Never enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt