Kapitel 14

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Die kalte Nachtluft ließ mich frösteln und vertrieb das letzte bisschen Betrunkenheit. Müde schlang ich meine Arme um mich, wartete darauf, dass Nicholas den richtigen Schlüssel fand. Mein Blick schweifte ziellos umher, betrachtete die Bäume und den Pfad, auf dem wir hergefahren waren. Erst jetzt wurde mir richtig bewusst, dass wir im Wald waren. Eine Hütte im Wald, passend zu Nicholas' Flanellhemden. Normalerweise hätte ich jetzt gelacht, aber meine Energie reichte nur für ein Lächeln.

Nicholas schloss die Tür auf und ließ mir den Vortritt. „Keine Sorge, ich habe nicht vor dich umzubringen. Die Hütte meines Onkels ist nur näher gewesen als meine Wohnung."

Kurz war ich versucht, auf seinen Kommentar einzugehen, aber ich war nicht in der Stimmung, also ließ ich es und nickte nur.

In der Hütte war es kaum wärmer als draußen. Nicholas murmelte etwas von Wolldecken, während wir unsere Schuhe auszogen. Ich bat ihn außerdem um ein neues T-Shirt. Meines war zwar nicht vollgekotzt, aber es roch eigenartig. Und es erinnerte mich an den Perversling aus dem Club.

Nicholas deutete auf ein Ledersofa. „Setz dich, ich hole kurz die Sachen."

Auf dem Sofa sitzend, meine Beine angezogen, sah ich mich um. Die schummrige Glühbirne spendete nicht viel Licht, aber es reichte, um die spärliche Einrichtung zu erkennen. Vor dem Sofa stand ein Kamin, neben mir stand ein kleiner Beistelltisch, etwas weiter rechts war eine Küchenzeile mit Tisch und Stühlen. Ich sah zwei Türen, die Eingangstür nicht mitgezählt. Das wars. Viel mehr hätte hier aber auch nicht reingepasst. Wäre es nicht so furchtbar kalt, wäre es bestimmt gemütlich.

Nicholas kam wieder, mit einem Stapel Decken, einem T-Shirt und einer Zahnbürste. „Das Bett ist bezogen, du kannst also jederzeit schlafen gehen."

Er gab mir die Zahnbürste, den Rest legte er neben mir ab. „Das Bad ist da hinten." Sein Blick fiel auf meine Hand. „Da haben wir auch Verbandszeug."

Während ich meine Zähne putzte, säuberte Nicholas meine Wunde und verband sie. Fasziniert beobachtete ich ihn dabei. Er war sehr vorsichtig, berührte die Wunde so wenig wie möglich und machte alles so schnell wie möglich. Es wirkte routiniert.

„Machst du das häufiger?", fragte ich nuschelnd.

Er riss das Ende des Mullverbandes ein, wickelte die eine Seite um mein Handgelenk und machte einen Doppelknoten. „Manchmal. Wenn sich eine meiner Schwestern verletzt, verarzte ich sie normalerweise."

Nicholas räumte die Verbandssachen zurück, nachdem er sich vergewissert hatte, dass mein Verband weder zu eng noch zu locker saß.

Ich spülte meinen Mund aus und legte die Zahnbürste auf den Beckenrand. Kritisch betrachtete ich mein Spiegelbild. Mit meiner rechten Hand fuhr ich durch meine zerzausten Haare, unglücklich zupfte ich an einer meiner Locken. Ich hasste meine Locken.

Nicholas räusperte sich. Verwirrt sah ich zu ihm. Oh, ja. Das Bad war so klein, dass er nicht an mir vorbeikam, um aus der Tür zu gehen. Also gab ich meinen kläglichen Frisierversuch auf und ging zurück ins Wohnzimmer.

Die Temperatur war nur minimalst angestiegen, ich bekam eine Gänsehaut, als ich mein dreckiges Shirt auszog. Sollte ich es über die Sofalehne hängen? Oder einfach auf den Boden schmeißen? Ich hängte es über die Sofalehne.

„Wo schläfst du eigentlich?" Ich griff nach dem frischen Shirt, sah zu Nicholas. Der betont woanders hinsah. War er rot? Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ich würde seine Antwort noch abwarten, bevor ich mich anzog.

„Auf der Couch." Seine Augen sahen kurz zu mir, doch sofort glitten sie wieder zu der Wand. „Du solltest dich anziehen, es ist kalt."

Den Moment rauszögernd zog ich mir das T-Shirt über den Kopf. Es war mir um einiges zu groß. Und... „Es riecht nach dir."

Never enoughWhere stories live. Discover now