Kapitel 20

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Fünf Tage. Fünf Tage in denen sich Nicholas nicht gemeldet und ich ebenfalls nichts getan hatte. Selbst wenn ich jetzt noch etwas machen würde, wäre es zu spät. Nicht, dass es sonst etwas gebracht hätte. Aber nach fünf Tagen, in denen ich nichts unternommen hatte, um mich zu entschuldigen, wieso sollte er mir da noch eine Chance geben?

Es wäre deutlich leichter für uns beide, wenn ich einfach aus seinem Leben verschwinden würde. Es wäre einfacher und weniger schmerzhaft und außerdem gab es so viele Menschen, da könnten wir beide auch ohne Probleme mit jemand anderem zusammen sein.

Bei dem Gedanken, dass Nicholas jemand anderen traf, jemand anderen küsste und mit seinen bunten Augen verliebt ansah, zog sich mein Herz zusammen.

Ich versuchte mir einzureden, dass das vorbeigehen würde. Es war schließlich nur Herzschmerz. Es war vergänglich, ich würde es wie die letzten Male überstehen. Diese Worte sind fast schon ein Mantra für mich geworden. Ein Mantra, das genauso wenig funktionierte wie meine Ablenkungsversuche. Normalerweise reichte es, ein langes Workout zu machen, um meinen Kopf abzuschalten. Dieses Mal nicht. Unter anderen Umständen wäre ich stolz darauf gewesen, wie viel ich die letzten Tage trainiert hatte. Doch diesmal fühlte es sich irgendwie leer und bedeutungslos an.

Ich hoffte, ein bisschen Alkohol und ein heißer Typ würden besser als Ablenkung funktionieren. Als Ike mich auf seine House Party eingeladen hatte, hatte ich definitiv nicht vorgehabt, hinzugehen. Mittlerweile hatte ich meine Meinung geändert. Und bei der Suche nach Ikes Nummer war ich über die von dem heißen Kellner aus dem Café, Dennis, gestolpert. Dem es zum Glück egal gewesen war, dass ich ihn so lange nicht angeschrieben hatte.

Der Abend konnte gar nicht schnell genug kommen. Ich bin mehrfach kurz davor gewesen, den Chat mit Nicholas zu löschen, ein Wunder, dass er mich nicht geblockt hatte, aber ich brachte es nicht übers Herz. Stattdessen erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich mir alte Nachrichten durchlas und sein Profilbild anstarrte. Es war nicht mal ein Bild von ihm, es war ein Foto von Bäumen und Bergen. Mittlerweile hätte ich es bestimmt blind malen können. Ich hatte diese Party dringend nötig.

♪♫♪

Dennis und ich hatten vereinbart, uns direkt bei der Party zu treffen, da er vorher keine Zeit hatte, also fuhr ich alleine hin.

Die Tür unten war offen. Jemand hatte einen schlampig geschriebenen Zettel mit einer vagen Entschuldigung für den Lärm heute drangeklebt. Schon von unten hörte man die Musik, und dass, obwohl mir Ike geschrieben hatte, er würde im vierten Stock wohnen. Also bezweifelte ich, dass die Nachbarn durch so etwas zufrieden gestellt sein würden. Aber das war nicht mein Problem.

Ich musste dreimal klingeln, bis mir Ike die Tür öffnete. „Noaaaaah mein Freund, wie schön dich zu sehen!"

Er zog mich in eine Umarmung, die ich halbherzig erwiderte.

„Wolltest du nicht jemanden mitbringen? Egal, du wirst nicht lange allein sein, ich hab dir jemanden gefunden!"

Bevor ich Einwände erheben konnte, zog er mich in einen anderen Raum, es schien sein Schlafzimmer zu sein. Eine kleine Gruppe saß auf dem Boden, sie spielten Karten.

Ike legte seine Hand auf die Schulter von einem attraktiven Jungen mit dunklen Haaren. „Josh! Das ist Noah, ich hab dir doch von ihm erzählt, er ist auch schwul!"

Einige Augenpaare sahen mich neugierig an, allerdings nicht die von Josh. Der sah wütend zu Ike und schlug dessen Hand weg. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich nicht schwul bin, Ike?!"

Mehr als eine Person schien ein Lachen zu unterdrücken. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Wäre es unhöflich, einfach aus dem Raum zu gehen? Ike hielt meinen Arm immer noch fest. Vorsichtig löste ich mich aus seinem Griff, er schien es nicht mal richtig zu bemerken.

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