Kapitel 8

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Um mich vorm Lernen zu drücken räumte ich mein Zimmer auf, was leider ziemlich schnell ging. Dann machte ich die Küche sauber und versuchte erfolglos jemanden zu finden, der mir beim Lernen helfen könnte, meine Lerngruppe hatte sich immer noch nicht eingekriegt. Dann duschte und rasierte ich mich ausgiebig. Und trotzdem hatte ich, theoretisch, noch genügend Zeit. Verdammt. 

Genervt sah ich auf mein Handy, suchte nach einer weiteren Ausrede. Nicholas hatte mir geschrieben. Er fragte, ob ich Zeit hätte. Dabei hatten wir uns erst gestern im Café gesehen. Naja, ich traf mich mit einigen Leuten mehrfach in der Woche, dass war nicht so ungewöhnlich. Nur lösten die in mir nicht das Gefühl aus, als könnten sie problemlos in mir lesen wie in einem Buch.

Dann wiederrum wollte ich wirklich nicht lernen, und es hatte ja auch Spaß gemacht, mit ihm Zeit zu verbringen. Im Notfall könnte ich ja auch eine Ausrede finden und gehen. Also schrieb ich Ja

Er schrieb. Langsam. Ich begann, meine Haare zu trocknen. Eine neue Nachricht. Ich schmiss das Handtuch über die Duschvorhangstange und griff nach meinem Handy. Ich will zu Ikea um einen Tisch zu kaufen

Ich konnte nicht widerstehen, ihn aufzuziehen: Gehst du dafür nicht in den Wald und fällst dir einen Baum?

Diesmal dauerte es nicht so lange mit der Antwort. Wegen meinen Hemden? Sehr originell

Ich musste lachen. Während ich in mein Zimmer ging, überlegte ich, was ich schreiben könnte. Nicholas kam mir zuvor: meine Axt muss geschärft werden, dafür habe ich gerade keine Zeit

Also ist der Tisch dringend?

Sehr. Meine Schwester hat mir gedroht, weil sie nicht wieder auf dem Sofa essen will. Und sie kommt morgen vorbei

Er schrieb mir, zu welchem Ikea er wollte und ich, wann ich da sein könnte, dann widmete ich mich meinem Kleiderschrank. Wenn ich schon da war, könnte ich mir auch ein paar neue Kleiderbügel kaufen. Und vielleicht neue Gläser, meine Mom hatte wieder ein paar geschrottet. Seit längerem wollte ich außerdem eine Lichterkette, um sie über meine Regenbogenflagge zu hängen. Am besten, ich fragte Mom noch nach Geld.

♪♫♪

Nicholas wartete schon am Eingang auf mich.

Während ich auf ihn zuging, überlegte ich, wie ich ihn begrüßen sollte. Gestern hatten wir uns umarmt. Aber es ist seltsam geworden. Aber nur, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Als ich bei Nicholas angelangt war, entschied ich mich für eine Umarmung, darauf bedacht, es nicht peinlich lang werden zu lassen und ging an ihm vorbei durch die Tür.

Wir gingen die Treppe hoch, Nicholas erzählte, was er sich vorstellte. Seine Wohnung war ziemlich klein, also sollte der Tisch nicht übermäßig groß sein. Aber man sollte zu zweit genug Platz haben, dass es nicht zu beengt werden würde.

„Also eigentlich brauche ich gar keinen Tisch, ich bin bis jetzt auch ohne klargekommen. Meine Schwester ist aber häufiger bei mir und sie beschwert sich jedes Mal. Letztes Mal hatte sie mir damit gedroht, mich beim nächsten Familientreffen neben Marcel zu setzen und das kann ich unter gar keinen Umständen zulassen."

„Wer ist Marcel und warum ist er es wert, einen Tisch zu kaufen, der nicht in deine Wohnung passt?" Die Art, wie Nicholas seinen Namen ausgesprochen hatte, deutete auf ein Drama hin.

„Mein nerviger Cousin. Ich liebe meine Familie, zumindest fast alle. Aber das, was mein Onkel mit seiner Frau produziert hat sollte in die Abgründe der Hölle verbannt werden. Ich weiß nicht, woher er seine Gene hat, aber ganz gewiss nicht von unserer Seite!"

Never enoughWhere stories live. Discover now