Kapitel 4

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Hallo ihr Lieben,

ich dachte mir, dass ich euch heute noch mit einem neuen Kapitel »überrasche«. Mein Tag ist ab dem Nachmittag ziemlich verplant, aber es hat gerade noch so gepasst. Ich wünsche euch ein schönes Osterfest mit traumhaftem Wetter und hoffe, ihr könnt die Zeit mit euren Liebsten genießen. Habt es fein!

Auf dem Weg nach Hause kreisten meine Gedanken ununterbrochen um Frau Vogel. »Ist alles in Ordnung bei dir? Du bist so still«, stellte meine Mama leicht argwöhnisch fest. »Ja«, brachte ich nur hervor. Ich hatte keine Lust auf eine Unterhaltung, denn in mir war ein großes Durcheinander, das ich erst einmal wieder sortieren musste. Ich sollte innerlich aufräumen, aber es sah aus wie sau. Ich verstand das alles nicht. Wie konnte ein mir fremder Mensch eine so heftige Anziehungskraft auf mich ausüben? Ich kannte sie gerade einmal zwei Tage. Das war doch völlig absurd. Schon alleine, dass ich mir darüber Gedanken machte, war verrückt. Ich wusste auch nicht, mit wem ich darüber sprechen sollte. Mit Sophia ganz bestimmt nicht. Die würde nur falsche Schlüsse ziehen und sich fragen, warum ich an ihre geheime Liebe dachte. Nein, ich musste es mit mir selbst klären. Oder noch besser: Ich musste einfach normal mit ihr umgehen. So wie mit jeder anderen Lehrerin auch. Damit hatte ich doch sonst keine Probleme.

Aber was für Schlüsse sollte sie eigentlich ziehen? Frauen waren für mich nie ein Thema gewesen. Ich musste sie einfach nur sehr sympathisch finden. Und gutaussehend, fügten meine Gedanken automatisch hinzu und ich schüttelte genervt den Kopf. Aber wenn ich ehrlich war, wusste ich gar nicht, ob ich Frauen komplett ausschließen konnte. Bisher gab es noch keinen einzigen Mann, der mich umgehauen hatte. Aber eine Frau eben auch nicht. Ich war verwirrt. Aber selbst, wenn ich Frauen ebenfalls mochte, dann doch ganz bestimmt nicht Frau Vogel. Es wäre aussichtslos, denn sie hatte kein Interesse an mir. Ich war zu jung für sie, sie hatte ihre Familie und uns verband nichts. Vielleicht schon, aber das konnte ich nicht wissen, denn ich kannte sie kaum oder eher gar nicht. Außerdem war da noch Sophia, die sich von ihr den Kopf verdrehen ließ. Ich musste sofort damit aufhören, das würde sonst kein gutes Ende nehmen, dachte ich. »Bist du dir sicher?«, hakte meine Mama nach und setzte gerade den Blinker. »Ja, es war nur ein langer Tag. Ich muss mich erst an die ganzen neuen Eindrücke gewöhnen.« Sie nickte und fuhr konzentriert weiter.

Kurze Zeit später parkten wir und trugen den Einkauf in das Haus. Meine Stimmung war etwas zwischen »Himmelhoch jauchzend« und »am liebsten im Erdboden versinken«. Es wechselte von Minute zu Minute und das machte mich völlig verrückt. Warum nur zerbrach ich mir schon wieder den Kopf und erschuf Probleme, die gar nicht existierten? Warum machte ich es mir immer unnötig schwer? Warum konnte ich die Dinge nicht so nehmen, wie sie kamen? Nachdem der Einkauf ausgeräumt war, ging ich nach oben in mein Zimmer. Meine Mama wollte Abendbrot vorbereiten, aber mir war schon wieder der Appetit vergangen. Doch trotzdem sagte ich nichts. Ich hatte keine Lust auf weitere Nachfragen. Ich ließ mich auf das Bett fallen und schloss die Augen. Sofort war die Begegnung am Pfandautomaten wieder präsent. Schnell schlug ich die Augen auf und seufzte. Was wusste ich schon über Frau Vogel? Ihren Vornamen, ihr Alter, ihren Familienstand. Mehr nicht. Ich wusste nicht, was sie gern tat, was für ein Auto sie fuhr, was sie am liebsten aß. Es war alles so absurd.

»Lisa, kommst du runter?«, rief mein Papa von unten und ich schleppte mich in die Küche. »Du siehst etwas blass aus«, stellte meine Mama besorgt fest, aber ich winkte ab. »Ist in der Schule wirklich alles in Ordnung?«, fragte sie zögerlich nach und ich wollte am liebsten laut auflachen. »Ja, es ist alles gut«, antwortete ich, um sie zu besänftigen. Damit log ich sie nicht einmal an. Aber ich konnte ihr nicht sagen, dass meine Lehrerin für innere Unruhe in mir sorgte und mich beschäftigte. »Vielleicht solltest du trotzdem lieber zu Hause bleiben morgen«, schlug sie vor und ich verschluckte mich vor Schreck fast. »Nein, ich möchte zur Schule. Ich bin einfach nur etwas erledigt.« Damit war das Thema beendet, obwohl ich ganz genau wusste, dass meine Mama sich noch den ganzen Abend den Kopf darüber zerbrechen und mein merkwürdiges Verhalten mit meinem Papa auswerten würde. Wahrscheinlich hatte ich das sogar von ihr übernommen.

Mitten ins Herz || txsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz