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Der stählerne Ritter

"Du solltest ehrlich darüber nachdenken."

Ich warf Lucy einen Blick über die Schulter zu. "Nein, auf keinen Fall."

"Ist aber besser und oft spaßiger als zu stehlen. Wie oft hat man dich in London erwischt? Ausgepeitscht hat man dich wie oft?"

"Und wie oft dich?"

Sie lächelte schmutzig und überschlug ihre langen schlanken Beine auf der Decke. "Aber ich bekomme zusätzlich dafür."

"Ich werde keine Hure, Lucy. Vielen Dank."

Sie legte sich die Hüftlangen schwarzen Haare über die Schulter und verzog ihren roten Schmollmund. "Schade. So frech wie du aussiehst, würden die ganzen alten Säcke ihre Seele verkaufen, um dich bändigen zu dürfen."

Mir stellte es die Nackenhaare auf. "Wiederlich, Lucy."

Ihre braunen Augen durchborten mich. "Aha, also darf nur Sir Campbell dich bändigen."

Ich stieg in meine Stiefel und legte mir einen Schal um Schulter und Kopf. "Ich weiß nicht was du meinst."

"Natürlich! Deshalb willst du auch keine Hure werden! Du weißt, der stählerne Campbell, würde sich niemals eine Hure holen!"

Ich warf die Tür hinter mir zu ehe ich ihr sagen würde, das ich keine Hure würde, weil ich meine Ehre nicht verkaufen wollte. Das hatte nichts mit diesen verfluchten Campbell zu tun, der mich schon X-mal gehindert hatte, am Weißen Ritter meine Arbeit zu machen.

Leider hatte ich kein Pferd mehr, seit der Diebstahl in London herauskam. Da nahm man mir meinen großen begleiter einfach wieder ab und gab es den Besitzer zurück. So musste ich langsam richtung Burg wandern und so unauffällig wie möglich erscheinen. Es war Vormittag und die Händler mit ihren Karren kamen die Handelsstaße entlang. Ich ergriff den Gurt meines Korbes. Darin hatte ich die letzten verschrumpelten Äpfel als Tarnung, falls der Vermaledeite Campbell wieder meinen Weg kreuzte.

Auf der Burg des weißen Ritter, tummelten sich die Händler. Die Burgherrin, Bea, ließ sich die Dinge zeigen und musterte sie genau. Mir gefiel natürlich der Karren der Schmuck- und Tuchändler.

Es roch nach frischen Brot, denn bald war Mittag. Alle Leute der Burg schwärmten in den Innenhof und erleichterten meine Arbeit.

Ich schnitt Beutel auf, brach Schlösser auf und betrug Leute um meine Äpfel. Ein blondes kleines Mädchen hob einen sündhaft teuren Seidenschal hoch. "Sieh mal, Mutter! Den will ich!"

Die Burgherrin höchstpersönlich nahm das Stoffstück in die Finger. "Seide... ich denke nicht das dass für dich schon was ist."

Das Mädchen bekam zornes rote Bäckchen. "Was soll das heißen?"

Sehr gut. Sollte sie doch einen Wutanfall bekommen. Ablenkung war immer gut. "Helena, du bist ein Kind. Ich kauf dir den."

Das Kind senkte böse den Blick und entdeckte mich neben den Karren hockend. Natürlich ganz empört schüttelte ich den Kopf. Neu Motiviert stampfte, Helena auf. "Den will ich aber nicht!"

"Tja, wenn du so undankbar bist." Die Mutter legte beide Tücher weg.

Und da geschah es endlich. Helenas wutanfall aus der Hölle. Keiner beachtete mich weiter. Also bahnte ich meinen Weg durch den Innenhof. Mein letztes Ziel war der Karren mit Stoffballen von Eldonaro. Auch dort fand ich die Schadulle, knackte das Schloss und schnappte mir die schweren Gold Beutel.

Schon ein wenig besorgt das mein ewiger Verfolger sich heute gar nicht Blicken ließ, schlich ich zum Tor. Währenddessen ging hinter mir das Tor auf und der Burgherr kam heraus. Er knurrte zwei Worte und das Kind wurde schlagartig still. Das hieß schneller werden!

Am halben Weg über den seichten Hügel wurde mir die Last merklich schwer. Ich keuchte etwas...

"Schwer?"

"Meine Güte, Ja..." mir stockte der Atem... da war er.

Mit zusammen gekniffenen Augen sah ich zu ihm auf. Seine schwarzen Haare, diese dunklen braunen Augen und dieses siegessichere Grübchen... Seine Rüstung bestand wie immer aus einen Kettenhemd, hohen Stiefeln und seinen Schwert. Und irgendwo hatte er einen Dolch versteckt. Immer an einer anderen Stelle.

"Du bist ja spät dran!"

Ben verzog keine Miene. "Ich bin genau richtig." Er deutete aufs Tor zurück.

"Glaubst du, ich gehe freiwillig mit?"

"Glaubst du, ich frage dich?"

Ich schnaufte, verflucht damenhaft, und wollte auf dem Absatz kehrt machen, da packte mich sein stählener Griff und zog mich mit sich.

"Lass mich los du... du... mießer Schurke!"

"Das sagt genau die Richtige."

"Du siehst mir schon die ganze Zeit zu, hab ich Recht?" Er lächelte nur mit diesem abartigen Grübchen. Wieder kniff ich die Augen zusammen.

Er zog mich durch die Menge und verteilte meine komplette Beute an die Leute, denen ich sie abgenommen hatte. Ben hatte mich genau beobachtet...

Dann führte er mich weiter zur Burg. "Was... was soll das?" Ich war Jahre nicht mehr in der Burg.

Campbell packte meinen Arm, wirbelte mich herum und verschränkte meine Arme hinter dem Rücken. "Ich nehme dich fest."

"Als ob..."

Plötzlich war sein Kopf neben meinen. "Du bist jetzt meine Gefangene." Damit zog er den Knoten um mein Handgelenk fest und führte mich in die Burg. Seine Worte hallten in meinen Kopf wieder... Seine Stimme war tief und rau. Es hörte sich nicht wie eine Drohung an. Eher wie eine Verheißung.

In der Burg trudelten langsam die Damen aus dem Innenhof ein. Sie zeigten sich gegenseitig ihre Errungenschaften. Als Ben mit mir an ihnen vorbei ging, folgten ihn mehrere Blicke.

Die Kerker des weißen Ritter, waren in lange Tunnel mit vergitterten Nieschen unterteil. In gleichmäßigen abständen hingen Fakeln an den Wänden. Und irgendwo weiter hinten, tropfte etwas. Er führte mich allerdings nicht in eine Zelle.

Durch den Kompletten Gang hindurch, führte er mich in die Wachkammer und verschloss die Tür hinter uns. Die Männer die am Tisch Karten spielten, sahen sich lächelnd an. "War doch klar, das nur Campbell dich schnappen kann."

"Habt Ihr eine Ahnung wie lange wir sie schon suchen!?"

Ich klimmperte mit den Augen. "Ich bin geschmeichelt."

Plötzlich war seine Kopf ganz nah an meinen. "Vorwärts."

Der stählerne RitterWhere stories live. Discover now