Kapitel 5 - Erpressung

2.2K 137 15
                                    

Sonntag, 03/27/2020, 06:42 PM

Als ich die Tür öffnete, strömte mir der Geruch nach Zigaretten und Bier entgegen. Skipper traf mich wie letztes Mal in einer schäbigen Bar in einem Vorort. Und wie letztes Mal wurde ich nicht aufgehalten, obwohl ich nicht nur unter 21 Jahre alt war, sondern eher wie 13 aussah.

Auf der Fahrt hierher hatte ich mir alle Mühe gegeben, meine Gedanken zu ordnen und mir eine Geschichte zurechtzulegen. Ich hatte mir überlegt, was für Fragen mich erwarten würden und meine Angst hinuntergeschluckt.

Doch in dem Moment, in dem ich die Türschwelle übertrat, hatte ich einen Blackout. Alles war weg und ich konzentrierte mich darauf, in der vernebelten und schummerigen Bar meinen Weg zum Hinterzimmer zu finden. Die Bar war nicht groß, nur wenige Stühle standen an der Theke und eine Handvoll Tische war im Raum verstreut. Etwa ein halbes Dutzend Kerle starrten mich an, sie waren gebaut wie Casper und Klein, auch wenn ich Letztere nirgends entdecken konnte. Insgesamt wirkten sie wie eine missgelaunte Bikergang, Lederjacken und Tattoos soweit das Auge reichte. Ich war nicht nur der einzige Minderjährige hier, sondern auch der einzige Schwarze. In jeder anderen Situation wäre ich wohl zusammengeschlagen und aus dem Laden geworfen worden, aber Skipper erwartete mich. Und das wussten alle.

Unschlüssig blieb ich vor der Tür zum Hinterzimmer stehen, klopfte dann zweimal schwach an und trat ein. Der Raum hatte sich nicht verändert. Ein Tisch umringt mit einigen Stühlen, ein Computer, der surrend in der Ecke stand und den Raum schwach beleuchtete. Und Skipper. Außer ihm war Klein anwesend und eine dritte Person saß am Computer, Buzzer. Sein Anblick beruhigte mich etwas, immerhin schien er der Netteste der Gruppe zu sein. Etwas zu klein geraten, so wie ich, aber eher rundlich mit einer Halbglatze und dicken Brillengläsern. Er trug Klamotten, die sicher schon seit Jahrzehnten aus der Mode waren und paffte eine Zigarre.

"Da isser", begrüßte Skipper mich knapp.

Er wirkte nicht wie der typische Gangster, denn er war dünn, dafür allerdings unnatürlich groß. Er trug eine Jeansjacke und unter den langen Ärmeln blitzen gerade noch so bunte Tätowierungen hervor. Tatsächlich war er nicht hässlich mit dunklem, kinnlangen Haar, Dreitagebart und markanten Gesichtszügen, allerdings waren seine Augen düster und blutunterlaufen. 

So wie letztes Mal machte mich sein bloßer Anblick nervös und seine heisere, kratzige Stimme ließ Gänsehaut über meine Arme kriechen.

Ich nickte nur und murmelte: "Da bin ich."

Skipper bot mir einen Stuhl an und ich setzte mich langsam, er ließ sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches nieder. Klein blieb stehen und Buzzer drehte sich mit seinem Stuhl zu uns herum. Er zwinkerte mir kurz zu, aber in seinem Blick lag keine Zuneigung sondern eine unausgesprochene Frage.

"Dein Cousin hat dich nich erreicht?", fragte Skipper.

Meine Gedanken schnellten zu dem Telefongespräch, ich schwieg.

Er fuhr fort: "Denn Albert hat mir gesagt, dass er dir meine Forderungen mitgeteilt hat. Und jetzt musste ich jemanden auf dich ansetzen und Ace losschicken, um dich kleines Würstchen einzusammeln. Das war mir schon fast zu viel Aufwand, zum Teufel nochmal!"

Skipper starrte mich an und ich zwang mich, dem Augenkontakt standzuhalten.

Bevor ich eine Entschuldigung murmeln konnte, fuhr er fort und seine Augen funkelten gefährlich: "Ich will wissen, was passiert is. Von dem Moment an, in dem du in das Haus eingestiegen bist."

Ich hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden im Raum, bis auf das konstante Surren des Computers herrschte Stille. Und ich wusste, dass ich alles erzählen musste. Naja, zumindest grob.

TOUCH (LGBTQ | boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt