Kapitel 10 - Beute

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Do, 4/16/2020, 07:49 PM

Meine Mum hatte kenianisch gekocht und es gab eins meiner Lieblingsgerichte: Kokos-Curry mit Reis und Chapati, einer Art Brot. Doug setzte sich neben mich und musterte das Essen für einen Moment, bis er mich verwirrt ansah.

"Ich dachte, du hast noch nie indisches Essen gegessen?"

Meine Mutter lachte: "Das Rezept stammt aus Kenia, aber du hast Recht, es ähnelt indischem Essen wohl."

Dougs Gesicht färbte sich rosa: "Oh .. tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein."

Meine Mutter nahm seinen Teller und schaufelte ihm Essen auf: "Du warst nicht unhöflich. Ich hoffe nur, es schmeckt dir."

Er lächelte erleichtert und nahm den Teller entgegen: "Bestimmt."

Meine Mum tat sich etwas auf und als Doug sofort zu seiner Gabel griff, boxte ich ihm unter dem Tisch in die Seite und schüttelte leicht den Kopf. Er wirkte verwirrt, wartete aber. Als ich mir auch Essen genommen hatte, beteten wir wie üblich. Meine Mum schloss die Augen und ich sah, wie Doug schnell peinlich berührt die Hände faltete. Also stieß ich ihn an und verzog leicht das Gesicht, er grinste, vermutlich erleichtert, dass ich das mit dem Beten auch nicht so ernst nahm.

Als Mum fertig war, begannen wir mit dem Essen. Schon nach dem ersten Bissen wandte sich meine Mum an Doug: "Schmeckt es dir, Liebster?"

Liebster?

Doug nickte, kaute schnell und schluckte: "Sehr gut."

Die nächsten Minuten verstrichen schweigend. Normalerweise würde meine Mum sich nach der Arbeit oder Schule erkundigen, aber ich hatte ja gerade Ferien. Doch sie war es, die schließlich doch wieder das Wort ergriff.

"Nun bin ich aber doch etwas neugierig, Barry hat noch nie von dir erzählt", sagte sie und mein Magen machte einen Hüpfer, "Gehst du mit ihm zur Schule?"

Ich hörte auf zu kauen und sah Doug an, wir tauschten stumm Blicke. Sollten wir von dem Geld erzählen? Mal so eben nebenbei? Und wie erklärte ich, dass wir uns überhaupt kannten? Wir hatten keine gemeinsamen Hobbys, gingen auf unterschiedliche Schulen und wohnten an entgegengesetzten Enden der Stadt.

"Wir haben uns durch einen ganz schön blöden Zufall kennengelernt", schoss es aus mir raus, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben, "Nicht wahr, Doug?"

Hilfesuchend sah ich ihn an, er legte die Gabel zur Seite und sagte gedehnt: "Oh, jaa. Ich ... habe letztens mein Handy verloren und Barry hat es zufällig beim Arbeiten gefunden und zurückgebracht. Ich war ihm sehr dankbar."

"Ja", pflichtete ich bei, "Wir sind irgendwie ins Gespräch gekommen und der Rest hat sich ergeben."

Wir tauschten noch einen Blick. Klang plausibel.

Meine Mum schien jedenfalls zufrieden zu sein: "Ich bin stolz, dass du es zu ihm gebracht hast, Liebling."

Die Gabel voll Curry, die meinen Mund beinahe erreicht hatte, verharrte in der Luft. Mir war übel. Wenn ich etwas nicht verdient hatte, dann waren es diese Worte. Mit verzerrtem Gesicht fand das Essen doch noch seinen Weg in meinen Mund, aber mit war der Appetit vergangen und ich stochterte nur noch lustlos in meinem Curry, während Doug zuschlug, als wenn er seit Tagen nichts gegessen hätte.

Er und meine Mum führten etwas höflichen Smalltalk, während ich nur ab und an Wortfetzen einstreute. Ich fühlte mich elend.

Nach dem Essen stand meine Mum auf: "Ich bin ganz schön erschöpft, kannst du abwaschen?"

Ich nickte: "Sicher."

Sie lächelte Doug noch einmal zu: "Komm gerne wieder vorbei, es war schön, dich kennengelernt zu haben."

TOUCH (LGBTQ | boyxboy)Where stories live. Discover now