Kapitel 11 - Vorbei

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Fr., 04/17/2020, 00:36 AM

Ich saß in Rays Zimmer auf dem Sofa und er reichte mir ein Bier. Keine Ahnung, woher er es hatte und eigentlich hätte ich gerne etwas Stärkeres, auch wenn ich nicht nur minderjährig sondern in der Hinsicht einfach unerfahren war. Trotzdem war der Gedanke, alle Sorgen in Alkohol zu ertränken, gerade sehr ansprechend.

Ray legte mir noch eine Decke um die Schultern und murmelte etwas vom Erste Hilfe Kurs und Schock.

"Ich dachte, die bringen mich um", war das erste, was ich nach ein paar Minuten sagen konnte.

Ray schüttelte den Kopf: "Total gruselig diese Frau. Wie sie dir hinterhergeschlichen ist. Du hast sie nicht mal bemerkt. Ich war kurz davor, die scheiß Polizei zu rufen. Und als du in das Auto gestiegen bist ... fuck, Barry. Ich war besorgt!"

Ich schüttelte mich wie ein nasser Hund: "Ich soll wieder Drogen für sie schmuggeln."

"Und da willigst du ein?", rief er entsetzt.

"Nicht freiwilllig! Sie haben Fotos von mir ... mit den Drogen, am Spülkasten ..."

"Spülkasten?"

Ich nickte langsam: "Ja, der Übergabeort. Dritte Kabine in der Jungstoilette neben der Sporthalle."

Ray schüttelte den Kopf: "Total krank."

Wir schwiegen, ich nippte am Bier und genoss den bitteren Geschmack. Er lenkte mich etwas ab. Brachte meine Gedanken aber auch weg vom geplanten Drogenschmuggel hin zu ... Doug.

"Fuck", ich sprang auf und verschüttete fast das Bier, "Doug! Ich muss ihn anrufen. Vielleicht ist er in Gefahr!"

"Doug?", fragte Ray irritiert und mir fiel ein, dass ich meinem besten Freund noch nicht von Douglas O'Callaghan erzählt hatte. Aber das konnte warten.

Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche, signaliserte Ray, dass ich ihm gleich alles erzählen würde und suchte dann hektisch nach dem Kontakt. Es war zwar halb eins und Doug hatte gesagt, dass er früh schlafengehen wollte, doch ich musste ihn warnen. Ich würde es so lang versuchen, bis er abnahm!

Tatsächlich dauerte es nur drei Pieper, bis sich seine Stimme am anderen Ende meldete.

"Barry?", er klang verwirrt.

"Ich wollte dich nicht wecken, aber ...", ich unterbrach mich. Wo sollte ich nur anfangen?

"Schon gut, ich bin noch wach."

In jedem anderen Moment, hätte ich mir wohl Sorgen um seine Schlafprobleme gemacht, aber gerade drängten sich andere Sorgen in den Vordergrund.

"Ich hatte gerade Besuch", fing ich an.

"Fuck."

"Sie haben uns zusammen gesehen."

Ich bereute die Wortwahl ein wenig und war auf einmal wieder in die Situation in der Küche vor einigen Stunden zurückversetzt. Hitze kroch in meine Wangen, aber das war jetzt egal.

"Ich habe Angst, dass sie dich entführen oder verletzen oder ...", ich brach ab, "Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen, Doug, es tut mir leid!"

Stille, dann: "Ich kann auf mich aufpassen, Barry."

"Ich weiß, ich weiß, aber bitte, nimm das nicht auf die leichte Schulter. Sie sind gefährlich. Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn sie dir etwas antun", bei diesen Worten klebte mein Blick auch an Ray, der mich stumm betrachtete.

Ich war so dumm. So egoistisch. Meine Mum, Ray, Doug ... sie alle waren in Gefahr. Wegen meinen dummen, egoistischen Entscheidungen.

"Barry, beruhige dich", seine Stimme beruhige mich tatsächlich, zumindest ein wenig, "Ich werde auf mich aufpassen. Aber versprich mir, dass du auch auf dich aufpasst, in Ordnung?"

TOUCH (LGBTQ | boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt